Drei Schwarze Schwäne
10.08.2017 | John Mauldin
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Lassen Sie mich also eine unerfreuliche Vorhersage treffen: Ich denke, dass die Trump-Fed - und da er im Laufe des nächstes Jahres mindestens sechs Notenbanker ernennen kann, wird es seine Fed sein - erneut den Pfad der massiven quantitativen Lockerungen beschreiten und vielleicht sogar Negativzinsen einführen wird, falls die nächste Rezession beginnt. Das Bedürfnis "irgendetwas zu unternehmen" oder zumindest zu zeigen, dass man es versucht, wird einfach zu stark sein.Der zweite Schwarze Schwan: Der EZB geht die Munition aus
Letzte Woche war in den Nachrichten zu hören, dass die griechische Regierung zum ersten Mal seit drei Jahren neue Anleihen herausgeben wird. "Anleihen herausgeben" ist die höfliche Art zu sagen "mehr Geld leihen" - und zahlreiche Anleiheinvestoren glauben, dass Griechenland dafür noch nicht bereit ist. Ihre Meinung hat allerdings weniger Gewicht als die des EZB-Chefs Mario Draghi. Draghi arbeitet hart daran, alle möglichen europäischen Schuldpapiere außer den griechischen aufzukaufen. Die Staatsanleihen Griechenlands mit in die Assetkäufe der EZB aufzunehmen, wäre für das Land sicherlich sehr hilfreich.
Im Verhältnis zur Größe der Wirtschaft der Eurozone waren Draghis Finanzimpulse viel aggressiver als die QE-Maßnahmen der Fed. Die EZB hat die Zinsen noch tiefer gedrückt (bis auf unter 0%), und nicht nur Staats-, sondern auch Unternehmensanleihen gekauft. Wenn die EZB einem der führenden Unternehmen der Eurozone bislang noch kein Geld geliehen hat bzw. wenn sie noch keine Anleihen des Unternehmens gekauft hat, dann ist das nur eine Frage der Zeit. Kleinere Firmen sind von diesen Krediten jedoch ausgeschlossen.
Interventionen dieser Art enden selten gut, doch zugegebenermaßen funktionieren sie in Europa besser als gewöhnlich. Die Wirtschaft des Kontinents erholt sich zumindest oberflächlich und die zahlreichen populistischen Bewegungen sowie die diversen Bankenkrisen verschwinden aus dem Sichtfeld. Doch sind diese Gefahren wirklich gebannt oder nur vorübergehen verdrängt? Die Verhandlungen über den Brexit könnten künftig wieder Sand ins Getriebe bringen.
Trotz der jüngsten Vorhersagen der Beobachter der EZB und der starken Aufwärtsbewegung des Euros gegenüber dem Dollar am Freitag glaubt Anatole Kaletsky von Gavekal, dass Draghi noch weit davon entfernt ist, den Kurs zu ändern. Er erwartet, dass die ersten Schritte in Richtung einer geldpolitischen Straffung frühestens 2018 unternommen werden und geht davon aus, dass die Anleihekäufe (wenn auch in einem geringeren Umfang) sowie die Nullzinspolitik anschließend noch für lange Zeit fortgesetzt werden. Er sieht jedoch auch Risiken. In einem aktuellen Bericht erklärt Anatole:
"Zum einen leitete die Fed das Ende ihres QE-Programms zu einem Zeitpunkt ein, als Europa und Japan die monetären Impulse ausweiteten. Doch wenn die EZB beginnt, ihre Geldpolitik zu straffen, wird es keine andere bedeutende Zentralbank geben, die gerade eine massive Erhöhung ihrer Bilanz vorbereitet. Es könnte sich also herausstellen, dass die wirtschaftliche Erholung nach der Krise und die Wertsteigerungen der verschiedensten Assets allein auf den in immer höheren Dosen verabreichten monetären Impulsen basierten. Wenn dem so ist, dann lagen die Unheilspropheten nur insofern falsch, als sie die Bedeutung der Bilanzsumme der Fed im Vergleich zu den Bilanzen der EZB und der Bank of Japan überschätzten.
Das ist ein ernstzunehmendes Risiko und eine analytische Zukunftsvorhersage, zu der man unterschiedliche Meinungen haben kann - im Gegensatz zu den oben gemachten faktischen Beobachtungen bezüglich des Verhaltens der EZB, der deutsch-französischen Annäherung und der historischen Erfahrungen mit dem Ende der quantitativen Lockerungen in den USA.
Zum anderen ist es wahrscheinlich, dass der Euro gegenüber dem Dollar weiter steigt, sobald die EZB beginnt, ihre Anleihekäufe zurückzufahren, und die Politik der Negativzinsen beendet. An einem gewissen Punkt wird der stärkere Euro jedoch ein Hindernis für weitere Kursgewinne der europäischen Aktienindices darstellen, die von den großen Exportunternehmen dominiert werden."
Anatole spricht einen wichtigen Punkt an: Als die Fed das Ende von QE und nun die geldpolitische Straffung einleitete, drehten die EZB und die Bank of Japan gleichzeitig die Geldhähne auf. Liquidität war daher weltweit weiterhin reichlich vorhanden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Fed diesen Gefallen erwidert. Draghi und später Kuroda werden ihre Geldpolitik ohne Unterstützung der US-Notenbank normalisieren müssen - und das wird womöglich nicht so gut funktionieren.
Der dritte Schwarze Schwan: Schuldenkrise in China
China scheint unaufhaltsam zu sein. Das Wirtschaftswachstum hat sich auf eine Rate von 6,9% verlangsamt, zumindest offiziellen Angaben zufolge. Diese Zahlen sind wahrscheinlich geschönt, aber der Boom ist noch nicht zu Ende. Realistische Schätzungen von gut informierten Beobachtern gehen von einem Wachstum von 4-5% aus, was angesichts der Größe des Landes ziemlich beachtlich ist.
Das Problem besteht darin, dass dieses Wachstum durch Neuverschuldung erzeugt wird. Ambrose Evans-Pritchard hat in seiner Kolumne vom 17. Juli im Telegraph eine Reihe schockierender Zahlen angeführt. Ein Bericht der Chinesischen Volksbank hat gezeigt, dass bilanzexterne Kreditvergaben viel höher und weiter verbreitet sind als zunächst angenommen, und zudem auch in rasantem Tempo zunehmen. (Interessanterweise haben die Chinesen all diese Informationen öffentlich gemacht und Präsident Xi selbst hat die Herausgabe überwacht.)