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Schöne Neue Märkte: Warum die Gefahr eines katastrophalen Crashs steigt

06.09.2017  |  Chris Martenson
- Seite 3 -
Warum ist das überhaupt von Bedeutung?

Vielleicht denken Sie jetzt, "Na und?" Vielleicht sind Sie kein Trader und glauben, dass das Wie, Wann und Warum der Algos an den Schönen Neuen Märkten für Sie keine Rolle spielt. Aber das tut es. Ich werde erklären, warum.

Der Flash-Crash im Mai 2010 gab uns einen ersten Hinweis, aber die Mini-Flash-Crashs, die wir fast jeden Tag an allen möglichen Märkten - vom kleinsten bis bis zum US-Treasury-Markt - beobachten können, zeigen uns, dass die computergesteuerten Algorithmen ihren Handel eines Tages alle gleichzeitig einstellen könnten, weil etwas geschieht, dass außerhalb ihres einprogrammierten operativen Bereichs liegt.

Flash-Crashs sind praktisch allgegenwärtig. Zu den größeren zählten beispielsweise der Einbruch des Dow Jones um mehr als 1.000 Punkte am 6. Mai 2010, der Flash-Crash der US-Staatsanleihen am 15. Oktober 2014, der ETF-Crash am 24. August 2015 und der Dollar-Flash-Crash am letzten Handelstag des Jahres 2016.

Bei einzelnen Aktien und Rohstoffkontrakten gab es zudem zahllose kleinere Flash-Crashs. Die großen zeigen uns jedoch, dass kein Markt sicher ist. Wenn sämtliche Aktienindices, ETFs, Anleihen und selbst der Dollar plötzlich crashen können, wissen wir, dass es keinen sicheren Ort gibt. Alles befindet sich in der Kontrolle der Computer.

Schon seit Langem gibt es eine Diskussion zwischen Dave Fairtex, mir und anderen Marktbeobachtern darüber, ob Märkte, die so groß sind wie die eben genannten, von den Regierungen/Zentralbanken überhaupt manipuliert werden können, um Kursrückgänge zu beenden, zu begrenzen oder sogar umzukehren. Ich war schon immer der Ansicht, dass das möglich ist, denn es sollte es Kinderspiel sein, die Algos dazu zu bringen, in die eine statt in die andere Richtung zu handeln, indem man ganz einfach zur richtigen Zeit und am richtigen Ort eine vergleichsweise kleine Kapitalmenge injiziert.

Ich würde beispielsweise liebend gern wissen, warum es bei der CME Group ein Anreizprogramm für Zentralbanken gibt. An den Handelsplätzen dieses Börsenbetreibers werden nämlich genau die stark gehebelten Finanzprodukte elektronisch gehandelt, die für Marktmanipulationen am besten geeignet wären. Allein durch die Existenz dieses Programms wissen wir, dass die Zentralbanken auf den Plattformen der CME äußerst aktiv als Trader tätig sind. Wenn dem nicht so wäre, gebe es für kein Anreizprogramm, dass ihnen hohe, volumenbasierte Rabatte auf die Handelsgebühren bietet.

Nicht eine einzige Zentralbank gibt irgendwo in ihren Finanzberichten und Offenlegungen an, der stolze Inhaber eines Handelskontos bei der CME zu sein. Die Details dieser Situation bleiben also weiter im Dunkeln. Doch in den letzten Jahren hat sich jeder beginnende Abwärtstrend an den Märkten durch mysteriöse Kapitalspritzen, die die HFT-Algos dazu brachten dem neuen Trend zu folgen, zuverlässig wieder umgekehrt. Meist geschah das mitten in der Nacht an den Futures-Märkten. Neugierige Beobachter würden gern wissen, was da los ist.

Doch zurück zum Thema. Dave hatte kürzlich die Gelegenheit, mit einem superintelligenten Entwickler und Betreiber von Algorithmen für den Hochfrequenzhandel zu sprechen, der ihm bestätigte, dass die Algos leichte Ziele für derartige Manipulationen wären, falls sich die Zentralbanken zu einer solchen Strategie entschließen sollten.

"Ich ging also am Nachmittag zu meinem Treffen mit dem HFT-Trading-Guru, aber die meisten meiner Fragen habe ich vergessen - es gab zu viel Cider. An eine kann ich mich jedoch ganz deutlich erinnern, und die wurde auch beantwortet. Ich fragte ihn: 'Glauben Sie, dass jemand den Markt manipulieren könnte, indem er herausfindet, welche Auslöser bei den Algos zu einem bestimmten Verhalten führen und dann so handelt, dass genau diese Auslöser betätigt werden?' Die kurze Antwort: Ja." (Quelle)

Solche Manipulationen sind also durchaus möglich. Und weil sie möglich sind, weil es anscheinend keine Konsequenzen hat, dabei erwischt zu werden, weil sich die Fed vehement gegen jede Form einer Buchprüfung wehrt, weil die CME Group ein spezielles Anreizprogramm für Zentralbanken hat und weil sich die "Märkte" bei Abwärtsbewegungen auf mysteriöse Weise, zu seltsamen Zeiten durch eine plötzliche Flut an Käufen an den Terminmärkten selbst korrigieren, denkt mein innerer Anwalt, dass er diesen Fall vor einer vernünftigen Jury gewinnen könnte.

Die große Frage ist natürlich, was geschehen würde, falls (oder eher wenn) die Dinge außer Kontrolle geraten und die Algos nicht zurück an den Markt gelockt werden können, weil die Parameter aufgrund eines unvorhergesehenen Ereignisses einfach zu weit abgewichen sind. Die Antwort ist wahrscheinlich: ein ziemlich schwerwiegender "Zwischenfall" an den Märkten.

Dave schreibt weiterhin:

"Vor zwei Wochen besuchte ich die Präsentation eines Doktors der Physik über eine Technik des selbstständigen maschinellen Lernens, die als 'bestärkendes Lernen' bezeichnet wird. Der Vortragsredner hatte zuvor bei JP Morgan und anderen Unternehmen an HFT-Anwendungen gearbeitet. Er hatte nun sein eigenen Start-Up gegründet und war (mehr oder weniger) dabei, Leute zu rekrutieren, die sich mit künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen auskennen.

Während des Vortrags bekam ich den Eindruck, dass es anfänglich eine große Bewegung hin zum maschinellen Lernen gab, um damit Profite abzugrasen, aber dass der Markt dahingehend mittlerweile sehr effizient geworden ist und es deshalb schwierig ist, mit dieser Strategie heute noch erfolgreich zu sein. Außerdem erklärte der Redner, dass es da draußen an den Märkten Bots gibt, die versuchen, Ihre Bots zu finden und über den Tisch zu ziehen. Feindliche Maschinen, sozusagen.

Eine interessante Frage kam aus dem Publikum: 'Wie trainieren Sie Ihre Bots für Probleme oder außergewöhnliche Marktbedingungen?' Aus seiner Antwort war herauszuhören, dass er jahrelang Computer für Marktmacher programmiert hatte: 'Die bei Weitem meiste Zeit über ist die Marktlage normal und dafür trainieren wir die Bots.' Wenn es heikel wird, werden die Algos einfach abgeschaltet. Ich hatte das auch vorher schon gehört, aber es war interessant, es noch einmal direkt von der Quelle bestätigt zu bekommen.



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