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Greg Weldon: Gold gleicht einer Sprungfeder - neue Allzeithochs möglich

23.08.2017  |  Mike Gleason
Mike Gleason: Heute habe ich das Vergnügen, Greg Weldon, den Präsident und CEO von Weldon Financial zum Interview begrüßen zu dürfen. Greg verfügt über mehr als 30 Jahre Berufserfahrung im Bereich Marktforschung und Trading und hat sich auf die Metall- und Rohstoffmärkte spezialisiert.

Im Jahr 2006 schrieb er sogar ein Buch mit dem Titel "Gold Trading Boot Camp", in dem er den Zusammenbruch des US-Kreditmarktes korrekt vorhersagte und den Lesern zum Kauf von Gold riet - zu einer Zeit, als das Edelmetall lediglich 550 $ je Unze kostete. Darüber hinaus ist Greg ein gefragter Vortragsredner auf Finanzkonferenzen und ist regelmäßig in verschiedenen Finanzsendungen zu Gast. Greg, schön, dass Sie heute bei uns sind. Wie geht es Ihnen?


Greg Weldon: Sehr gut, Mike. Danke für die Einladung.


Mike Gleason: Greg, bevor wir speziell auf die Edelmetalle zu sprechen kommen, sagen Sie uns doch zunächst, wie Sie die Lage am US-Aktienmarkt und in der US-Wirtschaft einschätzen und welchen Eindruck Sie von der geopolitischen Situation haben. Offensichtlich ist die Stimmung an den Börsen noch immer überschwänglich, ungeachtet allen Gegenwinds und aller Schwarzen Schwäne, die wie Geier über unseren Köpfen kreisen. Es geht weiter bergauf und der Dow Jones eilt von Rekord zu Rekord. Was glauben Sie, wie lange das noch so weitergehen kann?

Greg Weldon: Wenn wir ein paar Stunden Zeit hätten, würde ich gern auf all diese Themen eingehen, denn im Moment gibt es wirklich viele interessante Entwicklungen. Meiner Meinung nach ist es auf jeden Fall gerechtfertigt, dass Sie den Aktienmarkt ins Zentrum der Aufmerksamkeit rücken, denn dieser ist in meinen Augen derzeit eine Art potentielle Landmine. Aus Sicht der Makroökonomie ist festzustellen, dass offenbar ein Widerspruch zwischen den Fundamentaldaten und den Erwartungen besteht. Mit Blick auf die jüngsten Unternehmensgewinne kann man natürlich immer einzelne Unternehmen und Branchen herauspicken. Man findet immer einen Sektor, in dem es gerade gute Kaufgelegenheiten gibt.

Das ist schön und gut. Aber hinsichtlich der größeren, makroökonomischen Ebene fällt auf, dass die US-Notenbank Federal Reserve eine viel straffere Geldpolitik angekündigt hatte, als sie seit 2014 tatsächlich umgesetzt hat, als sie aufhörte US-Staatsanleihen zu kaufen und Schulden zu monetarisieren. Die Notenbanker hatten in ihren Prognosen, den sogenannten "Dot Plots", wiederholt deutlichere Zinsanhebungen vorhergesagt als sie später durchführten und ich denke, das gerät nun endlich ins Blickfeld der Märkte. Mit dieser Strategie können sie nur eine gewisse Zeit lang durchkommen, bevor der Dollar reagiert.

Die US-Währung hat bereits nachgegeben und es ist interessant, dass wir daraufhin nicht die typische Reaktion erlebt haben, die man von den Rohstoffen erwartet hätte. Den Aktienmärkten hat es mit Sicherheit nicht geschadet, aber die hatten ja selbst unter dem starken Dollar nicht gelitten, vom dem eigentlich ein eher dämpfender Einfluss auf die Börsenkurse zu erwarten gewesen wäre.

All das hängt miteinander zusammen. Ein weiterer Punkt ist, dass die Erwartungen auf der Tatsache beruhen, dass die Rally im November ihren Anfang nahm. Ihr Beginn lässt sich sogar exakt auf den 9. November datieren. Das Problem ist leicht zu erkennen: Die Märkte gingen davon aus, dass die USA noch gegen Ende dieses Jahres, vielleicht im vierten Quartal, ein Wirtschaftswachstum von drei oder vier Prozent erreichen würden. Wenn nicht, dann zumindest im nächsten Jahr, als Folge einer erwarteten Wirtschaftspolitik, deren Umsetzung heute in weite Ferne gerückt ist.

Es spielt noch ein dritter Punkt eine Rolle, und dieser ist durchaus beunruhigend. Werfen wir einen Blick auf die Technologie-Aktien im Höhenflug. Ich will hier nicht die ganze Branche, einzelne Unternehmen oder einzelne Konzernchefs schlechtmachen. Ich will nur hervorheben, dass es eine Handvoll Aktien gibt, die sich unter allen Arten von Investoren außerordentlicher Beliebtheit erfreuen und ein sehr hohes Preisniveau erreicht haben, z. B. Amazon und Google. Die Anteile dieser Unternehmen werden zu tausend Dollar je Aktie gehandelt. Man kann also eventuell argumentieren, dass alle, die diese Aktien besitzen wollen, sie bereits gekauft haben.

Unter diesem Aspekt könnte jede Entwicklung an der Peripherie der Märkte eine unkontrollierte Dynamik auslösen. Nordkorea fällt beispielsweise in diese Kategorie, aber die Liste der möglichen Auslöser ist lang. In letzter Zeit hat das Handelsvolumen abgenommen, denke ich. Zwar sind zahlreiche Anleger in die erwähnten Aktien investiert, aber wenn es zu einem Abverkauf kommt, selbst wenn es sich dabei nur um Gewinnmitnahmen handelt, könnten die Verkäufe auf ein Käufervakuum treffen. Was als ganz normale Gewinnmitnahme beginnt, könnte sich vor diesem Hintergrund zu einer viel größeren Sache entwickeln. Mit Blick auf die US-Aktienmärkte ist das momentan meine größte Sorge.


Mike Gleason: Wie Sie schon angedeutet haben, zeigt der Dollar mittlerweile Anzeichen von Schwäche. Für Gold und Silber ist das meist ein unterstützender Preisfaktor. Rechnen Sie mit einem Anstieg der Inflation in naher Zukunft, falls der Dollar weiter nachgibt?

Greg Weldon: Nein, keineswegs. Tatsächlich haben wir die Inflation - und ich spare mit jetzt mal eine falsche Bescheidenheit - sehr gut vorhergesagt. Das war auch gar nicht so schwierig. Die Inflationsrate stand im Zusammenhang mit den Energiepreisen und im Februar zeichnete sich das Hoch bereits ab, denn in letzten zwölf bzw. 24 Monaten hatte es große Bewegungen im Energiesektor gegeben, die genau das anzeigten, was wir erwartet hatten: ein Hoch der Inflationsrate in den USA und auch auf globaler Ebene im Februar. Seitdem ist die Inflation wieder rückläufig, da der starke, positive Einfluss des Energiesektors im Vergleich zum Vorjahr nun aus der Gleichung herausfällt.

Wenn man den Rohstoffsektor betrachtet, erkennt man, dass die Energierohstoffe ihren Kurseinbruch in gewisser Weise fortsetzen. Es gab ein perfektes Fibonacci-Retracement, je nachdem welchen Kontrakt man beobachtet. Wir beobachten die Dezember-Futures. Der Ölpreis stieg noch einmal auf über 50 $, direkt bis zum 200-tägigen Durchschnitt, und brach dann wieder ein, wie in einem Lehrbuchbeispiel.


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