Das E-Auto-Zeitalter
31.10.2017 | Prof. Dr. Hans J. Bocker
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Mit etwa 270 Milliarden $ in freien Reserven plus unbegrenztem Kredit, plus jährlich 50 Milliarden $ an freiem Cashflow hinzugefügt, plus Millionen vor-trainierter konditionierter potentieller Stammkunden als Marktbasis bereits vorhanden, erscheint ein solcher aberwitziger Spagat denkbar. Allerdings ohne teure Auto-Vertretungen und -Werkstätten, oder -Händler, was die Stückpreise senkte. Eine vernünftige Karosse, was die Stückpreise weiter absenkte, dichte Türen und großer Kofferraum, dürften die Apple- oder Tesla-Ingenieure auch ohne einschlägige Erfahrung im KFZ-Bereich schon zusammenkriegen. Drei erhebliche Hürden verbleiben allerdings noch, bis zum großen Siegeszug mit Tesla-Fanfarenzügen hinter wehenden E-Bannern:
a) Der hohe Preis. Doch bei nur 8 beweglichen Teilen, einem sonstigen extrem einfachen Aufbau und der enormen Konkurrenz der Billig-Fertigungsländer im Produktionsbereich gäbe es Abhilfe. Die ersten Computer waren einst fast unbezahlbar, ein ähnlicher Preisrutsch ist in diesem neuen Transportbereich ebenfalls eingebaut.
b) Das Tankstellennetz wäre eine viel größere Herausforderung, aber längerfristig sicher machbar. Schlimmer jedoch:
c) Die einigermaßen weitreichende Batterie als größte Hürde bleibt vorerst hässlich im Raum stehen. Hier fehlt der Durchbruch. Man kann auch bei einer Langstreckenfahrt nicht 3 bis 7 Stunden mit dem Aufladen verbringen, so viele Pinkelpausen, Zigarettenschachteln, Colaflaschen und Handytelefonate gibts gar nicht.
Fazit: Erfinder vor, noch ein Tor! Doch andererseits: Teure Werkstatt weg, unnötiger Dreck! Falls denn das E-Auto überhaupt kommt?
Jedenfalls dürfte der große Rudolf Diesel im Ärmelkanal wegen des immer schriller anschwellenden Kampfgebrülls "Diesel weg!" noch schneller rotieren als zuvor. Einst wurde nicht minder schrill gegen das "Ozonloch" und den "sauren Regen" gewettert. Was ist übrigens aus diesem legendären Ozonloch und dem so entsetzlich sauren Regen geworden? Droht dem Noxewahn das gleiche Schicksal mit hokus pokus verschwindikus? Gegen Ozonloch und Klimagase ist derzeit offiziell nichts einzuwenden, aber gegen die Stickoxide, kurz die "Noxe", schon. Und zwar sehr viel.
Deren Messwerte liegen viel zu hoch, hört man gebetsmühlenartig aus grün verrauchten Kehlen, also drohen Fahrverbote für Diesel, vorerst in Städten, später generell landesweit. Wie einfach sind doch die Logik-Ketten für schlichte Gehirne mit superprimitiven Zusammenhängen wie teuflischer Diesel weg, giftige Noxe weg, widerliche Reizfigur Trump weg, scheußlicher Putin weg, himmlische Grüne an die Weltregierung. Pforten des ewigen Paradieses öffnen sich, vielleicht etwas quietschend – aber sie öffnen sich hoffentlich (laut verkündeten Berliner Zeitplan in 80 Jahren) doch noch.
Typische Annonce in der tiefgrünen Monatsrundschau, oder in der roten Sektion des grünlichen Monatsalmanachs für Schrebergärtner:
Suche: Tesla Luxusausführung, biete die altbewährten drei Krisenmetalle im Tausch
Knappe praktische Anweisung für Unentschlossene für das E-Auto-Zeitalter: Kaufen Sie viel, viel Silber! Und ausreichend Blei (in präzise vorgezogenen 9-Millimeter-Stangen). Sie werden alles dringend brauchen! a) zur Fortbewegung, b) zum Einkaufen, c) zum Überleben!
Bitte wundern Sie sich nicht, wenn Sie auf Sportveranstaltungen oder im Werbe-TV im Hintergrund schon bald viel chinesische Werbung hören, am Schluss mit den einprägsamen Schlagerreimen wie: "China vor, noch ein E-Mobil-Tor"!
Denn die Zukunft der E-Mobilität wird in der Tat in China entschieden. Dort hat man mit fast 900 000 E-Autos die größte E-Flotte der Welt in Betrieb. Schon 2016 produzierte man im Land über ein Viertel aller E-Zellen der Welt. Tesla verkaufte in China bisher 7600 Fahrzeuge und die Tochter Tesla-China gab der US-Mutter einen kleinen Kredit über 1,8 Milliarden $, den man zuhause wegen der schwer ramponierten Bilanz dringend brauchte (die Verlustkette reißt nicht ab, ein Neueinstieg ist nicht eben billig: ein Tesla kostet ca. 35 000 $ als Neukauf und damit deutlich mehr als ein chinesisches Fahrrad).
Als Gegenleistung erhielt die Pekinger Tochtergesellschaft 5 % des Tesla-Aktienpaketes. Man erwartet in den Jahren 2016 und 2017 eine Verdoppelung des E-Mobil-Anteils in der gesamten KFZ-Flotte Chinas. Mit seiner niedrigen Autodichte von 24 pro 10 000 Einwohnern ist der Nachholbedarf für Neu-E i n-steiger also sehr hoch. Das gleiche gilt für Indien und Brasilien.
In den westlichen Ländern aber stehen viele Um-steiger auf den Wartelisten. In China beläuft sich der Motorisierungsgrad im kommenden Jahr auf etwa 30 von 1000 Einwohnern, in Indien auf 14, in Europa auf 530, in Nordamerika auf 803 (dort hat fast jeder Bürger ein Auto). Hätte jeder Chinese, Pakistaner, Mongole, Indonesier und Inder ein normales Auto mit Verbrennungsmotor, wie derzeit in der westlichen Welt, was natürlich im Osten als wünschenswerte Dichte angestrebt wird, dann würde der morgendliche Arbeitsstart oder Schulbeginn nach dem Drehen von 3 oder 4 Milliarden Zündschlüsseln die gesamte östliche Erdhalbkugel schwarz und grau-gelblich färben.