Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Der "Silver-Bug" als neue Spezies

13.11.2006  |  Prof. Dr. Hans J. Bocker
Die Diktatur des Monetariats’

Lebte Goethe noch, ließe er Gretchen frustriert deklamieren: "Am Silber hängt, nach Silber drängt, doch alles, ach wir Armen!" Und der der große Karl Marx aus Trier würde der erstaunten Finanzszene zurufen: "Silver-Bugs der Welt, vereinigt Euch!" - wenn er die jüngsten Entwicklungen am Silbermarkt erleben dürfte.

Immerhin hat sich der Preis (als ein sehr bescheidener Anfang kommender Mega-Events) in wenigen Jahren verdreifacht. Zum einen hätte der Bärtige sofort erkannt, dass sich der Gattung der bereits wohlbekannten "Gold Bugs" nunmehr eine neue Spezies, die sog. "Silver-Bugs" (wenngleich in noch sehr bescheidenen Anzahlen) hinzugesellt hat. Und schnell von Begriff, wie er nun einmal war, hätte er sicherlich sein Basiswerk in "Edelmetallisches Manifest" umbenannt und auch dessen bekannte Einleitung in visionärer Hinblick auf die Zukunft leicht umformuliert: ‚Ein Gespenst geht um in Europa, das Gespenst rasant steigender Gold- und Silberpreise. Es lehrt die Herrschenden, die zitternd auf den Thronen der Papiergeld-Imperien sitzen, das Fürchten. Doch trotz immer schneller rotierenden Gelddruckmaschinen, verkündige ich euch von der kommunistischen Kanzel herab, dass ihre Zeit bald abläuft. In der ‚faulenden Endphase’ wird die Klasse der Gold- und Silver-Bugs die Herrschaft übernehmen, die Klasse der Papierkapitalisten stürzen und die ‚Diktatur des Monetariats’ der Edelmetalle errichten…’

Diesmal könnte der große Meister ausnahmsweise sogar einmal recht behalten, denn die schlussendliche Rückkehr zu einer gesunden inflationsfreien und absolut stabilen Währung ist nur eine Frage der Zeit, vielleicht nur eine von wenigen Jahren. Selbst die immer wieder laut angedachte Transition zum "Euro-Dollar" - also der Vereinigung eines kränkelnden (Euro) und eines schwer-kranken (Dollar) Papiergeldsystems - wird daran auf längere Sicht nichts ändern.

Die Rückkehr der monetären Funktionen von Gold (für große Transaktionen) und Silber (das Gold des kleinen Mannes im Tagesbedarf) wird, in welcher Form auch immer, unvermeidlich sein. Jahrtausende hindurch haben beide Metalle diese Funktion getreulich erfüllt. Doch seit 1971, als Nixon die letzten Fäden einer Verbindung zum Gold durchschnitt, herrschen in absoluter Weise lediglich durch vage Versprechen bankrotter Staaten und durch lauwarme Frühlingsluft "gedeckte" bunt bedruckte Papierzettelchen auf denen "Dollar", "Euro", "Rubel", "Krone", "Yen" oder andere phantastische Namen neben den Kopfbildern toter Männer stehen. Dieses einmalige gigantische Experiment unglaublicher Tragweite, dessen sich die Bevölkerung überhaupt nicht bewusst ist, wird das traurige Schicksal aller Währungen erleiden. Sie alle, ohne jede Ausnahme, fielen auf Null und gingen unter (schon in China vor über 3000 Jahren), sofern - wie in neueren Zeiten - das umlaufende Papier nicht durch Gold oder Silber (oder beides) gedeckt war, oder wenn - wie in alten Zeiten - die Metalle selbst im papierfreien Wertekreislauf zirkulierten. Die Silver-Bugs schmunzeln bereits.

Diese erzwungene Entlassung vom Krankenbett der Finanzsysteme und bald schon von der Intensivstation der Welt-Leitwährung in die gesunde Natur dürfte - selbst im Falle einer kommenden "Währungsreform" (ein eleganteres Wort für Totalenteignung der mit Papiergeld versehenen Bevölkerung) - unvermeidlich sein. Volk, Wähler und Wirtschaft werden mit Sicherheit die Rückkehr zu "etwas solidem, wertbeständigem und nicht beliebig vermehrbarem" erzwingen. Die gegenwärtigen Papiergeldsysteme sind einfach zu krank. Wenn allein das globale Derivate-Volumen mittlerweile die 400 Billionen-Grenze überschritten hat (dem gesamten BIP der USA von etwa 38 Jahren entsprechend) und wenn sich eines Tages dieses Finanzvolumen in absurder Weise auf eine Quadrillion Dollar - allein in diesem einem Sektor - aufblähen sollte - zeigt dies, wie weit sich die sog. Finanzmärkte von der Realwirtschaft entfernten und zum reinen Kasino-Betrieb entarteten, von der Gefahr eines Totalzusammenbruchs des globalen Finanzsystems ganz zu schweigen. Und was "gesund" ist, immer war und sein wird, sind nun einmal Sachwerte und dort insbesondere das Geschwisterpaar Gold und Silber, deren innerer Wert noch nie in der Geschichte auf Null fiel. Im Gegenteil, sie gewannen in "schwierigen Zeiten" stets an Kaufkraft - ein Rettungsanker für kluge vorausschauende Investoren, die von der Geschichte gelernt haben. Wenn Aktien- und Bondmärkte unter schweren Beschuss geraten, wird Silber besonders interessant und Barren wie Münzen werden schnell zu "Geld". Die Silver-Bugs haben Zukunft und lieben die kommende Diktatur des Monetariats nicht umsonst.


Ein 27-fach verstärkter Hoffnungsschimmer

Was spricht nun dafür, dass sich diese etwas gewagte Prognose erfüllen wird? Der Argumente sind viele und wir beschränken uns hier zum einen auf 27 von ihnen und zum anderen auf Silber und seinen Markt, da sich dort die Chancen für Gewinne noch aussichtsreicher präsentieren als im Goldmarkt.
  • 1.) Es ist nicht einmal nötig, dass sich Silber wieder zur "monetären Währung" aufschwingt, die Preise werden auch ohne eine solche Entwicklung aufgrund reiner Marktkräfte stark anziehen, da das Angebot mit der Nachfrage schon seit über 17 Jahren nicht mithalten kann. Das jährliche Defizit von 100 bis 150 Mio. Unzen wurde bisher durch Regierungen und Forward-Verkäufer bzw. Hedger abgedeckt. 2005 beliefen sich die durch diese Gruppe offiziell auf den Markt geworfenen Mengen auf 82,1 Mio. Unzen (Silver-Institute), wobei laut Siebholz nur etwa jede 2. Mine Angaben über Forward-Verkäufe macht. Man kann also davon ausgehen, dass 2005 insgesamt noch etwa 100 Mio. Unzen auf den Preis drückten. Doch diese preisdämpfenden Quellen versiegen langsam. Auch zieht der Bedarf weiter an: Dem World Silver Survey 2006 zufolge nahm das industrielle Kaufvolumen in den letzten zehn Jahren um 37,5% auf 409,3 Mio. Unzen zu, während die fotographische Nachfrage von 210 auf 165 Mio. Unzen zurückging. Dafür stieg diese für Münzen und Medaillen um satte 61,1% auf 41 Mio. Unzen und Netto Investitionen erwachten mit einem Sprung von Null (ab 2000) auf 48 Mio. Unzen (2005) zum Leben. Die Photo-Verluste wurden also überkompensiert. 2006 und 07 dürften weitere Steigerungen - auch im Welt-Gesamtbedarf (zuletzt 911 Mio. Unzen im Jahr) folgen. Der Zuwachs bei den Lieferungen aus Minenproduktion im vergangenen Jahrzehnt um 30,7% auf 641,6 Mio. Unzen und das Anwachsen der Silberschrott-Mengen von 158 auf 187 Mio. Unzen wird sich relativ zum Bedarfswachstum verlangsamen, da - wie beim Öl - die großen und "billigen" reinen Silber-Lager bereits gefunden und abgebaut wurden. Nicht nur das, auch die sich ständig verschärfenden Umweltgesetze wirken sich dämpfend (Menge) und verteuernd (Preis) auf das Angebot aus. Weltweit mehren sich Proteste, Streiks mit strengeren Auflagen im Gefolge. Dies gilt insbesondere für den Goldabbau nach Katastrophen, Giftmüllskandalen und Wasserverseuchungen, sogar in Schwellenländern und der dritten Welt (Rumänien, Peru, Chile, Mexiko, China, Indien). Auch der Silbersektor kann sich diesem Trend nicht entziehen.

  • 2.) Ein Einbruch der Weltkonjunktur, von den USA ausgehend (Platzen der Immobilienblase als Initialzünder) ist in absehbarer Zeit möglich. Dem könnte ein Rückgang der Basis-Metallproduktion folgen, was wiederum die Produktion von etwa 75% der Jahresweltförderung an Silber betrifft, denn die Ertragspolitik der Basismetallminen ist nicht auf deren Nebenprodukt Silber ausgerichtet. Die Silberproduktion präsentiert sich also als hochgradig unelastisch, denn Kupfer-, Blei- und Zinkminen können ihre Produktion nur wegen eines Nebenprodukts unmöglich hochfahren. Die daraus resultierende Verknappung von Silber wird für Preissteigerungen auch in der Krise sorgen, zumindest einen Preisverfall verhindern.

  • 3.) Die Anzahl der "Silver-Bugs" ist noch winzig. Es besteht also ein gewaltiger Nachholbedarf. In Deutschland besitzt nur etwa 0,5-0,7% der Bevölkerung Silber in marktfähigen Mengen. In der Schweiz halten dagegen bereits über 10% der Investorengemeinschaft das weiße Metall. Die Massen kennen Silber nur von den Messergriffen in Omas Besteckkasten her. Diese Prozentzahlen werden in der Endphase des Untergangs der aufgeblasenen Papierwelt gewaltig steigen mit entsprechenden Auswirkungen auf die Silberpreise.

  • 4.) Wegen der gegenüber Gold relativ geringen Preise pro Gewichtseinheit wird sich der "kleine Mann" bald am Markt "en masse" engagieren, wenn er begreift, dass sich hier ein Inter-City Zug Richtung Silber-City in Bewegung gesetzt hat. Dieser Heuschreckeneffekt ist beim Gold deutlich geringer. Gold ist pro Einheit einfach zu teuer für die Mehrzahl der Sekretärinnen, Putzdamen, Parkplatzwächter, Angestellten, Beamten, Sozialempfänger, Studenten, Arbeitslosen, Asylanten, Verkäufer, Bauern, Soldaten oder Rentner. Steht Gold demnächst bei 1000 und Silber bei 20 $ pro Unze, wird sich der kleine Mann, angelockt von rasant steigenden Preisen, eher 5 Unzen Silber als 5 Unzen Gold leisten. Die Masse kauft nie bei niedrigen Preisen. Das unlängst erreichte 23-Jahres-Hoch für Silber hat diese Anreizschwelle noch nicht erreicht. Vielleicht sind hierfür Silberpreise von 40-60 $ pro Unze oder mehr nötig? Gleich wie hoch, Schwelle und Massenkäufe rücken unaufhaltsam näher.





Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"