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Der "Silver-Bug" als neue Spezies

13.11.2006  |  Prof. Dr. Hans J. Bocker
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  • 17.) Die weltweite Einführung von Just-in-Time (JIT) hat die Lagerhaltungen drastisch reduziert und somit verbilligt. Damit aber wuchs die Anfälligkeit der Produktionssysteme gegen Lieferstörungen und scharfe Preissteigerungen dramatisch an. Dies gilt für alle lagerbaren Artikel, Teile oder Rohstoffe, auch für Silber. Somit aber steigen die Chancen für Panikkäufe. Die winzigen gehaltenen Vorräte reichen nur für Tage oder gar Stunden. Die neuen Empfindlichkeiten aber sprechen für Preissteigerungen durch Panik-Eindeckungskäufe. Der Palladiumpreis wurde beispielsweise von rund 90 auf 1.100 $ hinauf getrieben, vor allem wegen der Panikkäufe von Ford, aus Angst, dass die gesamte Produktion wegen Knappheiten zum Stillstand käme.

  • 18.) Viele Investoren scheuen die mit hohen Werten verbundenen hohen Gewichte und die damit verknüpften Transport- und Lagerprobleme. Zum Preis von 12 $ pro Unze kostet ein Kilo etwa 386 $ und damit eine Tonne 386.000 $. Wer also 2,7 Mio. $ in physisches Silber investieren möchte, könnte praktischerweise und diebessicher (Bande müsste mit schweren Hebezeugen anrücken) sieben Ein-Tonnen-Barren unter dem Bett, auf dem Dachboden, im Büro, im Hühnerstall, in der Garage oder der Sauna lagern, wovor sich viele scheuen. Dieses Problem lösen Banken oder Lagergesellschaften bzw. ETFs (mit preisstützender Wirkung, da geplante Käufe jetzt nicht mehr scheitern), die jedoch Seriennummer der Barren bekannt geben sollten und außerdem Lager- und Versicherungskosten erheben müssen. Tun sie dies nicht, besteht der Silber-"Hort" wahrscheinlich nur auf dem Papier und im Ernstfalle könnte die Einforderung leer ausgehen, da der angebliche "Lagerhalter" erst selbst am Markt kaufen muss und nach hohen Preissteigerungen nicht mehr über die hierzu notwendigen Mittel verfügt. Wer physisches Silber kauft, sollte möglichst auch über physisches Silber direkt (zuhause) oder indirekt (Fremd- oder Mietlager nachweislich) verfügen können. Silver-Bugs: Vorsicht!

  • 19.) Die früher von den Regierungen gehorteten Milliarden an Unzen Silber (die USA 3 und weltweit 10) sind, wie erwähnt, industriell schlicht verbraucht worden und damit "weg". Im Gegensatz zu Gold, was mit etwa 150 000 Tonnen insgesamt nicht "weg" ist, herrscht systemische Silberknappheit. Mit etwa 150 Mio. Unzen an Vorräten wurde der weltweit niedrigste Silberbestand der letzten 700 oder 800 Jahre erreicht. Mehr noch, der globale Jahresbedarf beläuft sich auf über 900 Mio. und das defizitäre Angebot auf etwa 800 Mio. Unzen. Daher muss jetzt die US Münzanstalt Metall für ihre Silber Eagles (Absatzrenner) am freien Markt kaufen. Die Chinesen haben inzwischen ihre preisdrückenden Massenverkäufe fast eingestellt und verbrauchen ihre Vorräte weitgehend selbst. Was weltweit kumulativ in über 6.000 Jahren an Silber angehäuft wurde ist in wenigen Jahrzehnten regelrecht verbraten worden. Der niedrigste Vorratsstand aller Zeiten trifft genau auf die größte Nachfrage aller Zeiten in den Bereichen Industrie, Licht-, Strom- und Wärmeübertragung, Medizin, Schmuck, Geräte, Elektronik, Rüstung oder Münzprägung. Nach Preisverfall sieht das nicht gerade aus.

  • 20.) Theodore Butler kalkulierte 2001 die Gold-Silber-Relation wie folgt: "Um die Vorräte beider Metalle in Perspektive zu setzen, bedenke man, dass eine Goldpreissteigerung von nur einem einzigen Dollar den Wert des Weltgoldes um mehr verändert, als die gesamten Silbervorräte der Welt wert sind. Ein Dollar mehr für die Gold-Unze bedeutet für das Weltgold eín Plus von 1,6 Mrd. $, während das gesamte Weltsilber nur 1,4 Mrd. $ an Wert auf die Wage bringt." Zugegeben, der Goldpreis hat sich seither - grob gesprochen - verdreifacht, aber der Silberpreis ebenfalls, so dass sich an den ursprünglichen Relationen nur wenig ändert, zumal seitdem vier weitere Jahresproduktionen von Gold (zusammen fast 10 000 Tonnen) hinzugekommen sind, Silber sich aber verknappt hat. Dies macht den Silbermarkt einzigartig und weist in die Richtung höherer Preise. Die Silver-Bugs rüsten bereits zur Gartenparty.

  • 21.) Ein finanzmächtiger Einzelinvestor, wie Buffet, Soros, Tata oder Gates kann mit einem Großkauf den Silberpreis massiv in die Höhe treiben. Buffet tat dies tatsächlich vor einigen Jahren mit einem (vorübergehenden) Preisschub auf etwa 7 $ je Unze. In den Märkten für Gold, Immobilien, Aktien oder Bonds wäre dies nicht möglich. Es gibt einfach zu viel davon. Auch diese extreme Marktenge für Silber spricht für steigende Preise. Geht eine Regierung oder ein Finanzelephant in den Silbermarkt, reagiert der Preis heftig. Auch wären geplante Aufstockungen in Asien den Silver-Bugs höchst willkommen.

  • 22.) In der Geschichte wurde in zyklischen Wellenbewegungen der Preis des alten Hochs immer wieder erreicht und dann um ein vielfaches übertroffen. Der alte Höchststand von 52 $ pro Unze (1980) entspräche nach Kaufkraft einem Preis von etwa 140 heutigen Dollars. Sobald sich das Gesetz des Zyklus wieder durchsetzt, gibt es für den Silberpreis kein Halten mehr. Die Silver-Bugs feiern das Gesetz des Zyklus gebührend.

  • 23.) Die rapide steigenden Energiepreise verlangen möglichst verlustfreie Übertragung von beispielsweise Elektrizität. Widerstands-Verluste können hier bis zu 30% betragen. Wird den Leitungsmetallen Silber hinzugefügt und werden die Kontakte versilbert, fallen die Verluste auf vielleicht 5-10%. Sie schrumpfen gar auf Null, wenn man Supraleiter erzeugt. Der Bau einer solchen Supraleitung zwischen New York und San Francisco erfordert etwa 3.100 Tonnen Silber - also etwa 105.000 Unzen (über eine Tonne je Meile). Nur fünf solcher Leitungen verzehrten beinahe die gesamte Silber-Neuproduktion der Welt von 2005. Und es wird nicht bei kläglichen fünf Supra-Leitungen ín einem einzigen Land bleiben. Derlei Perspektiven deuten nicht auf Preisverfall hin, zumal Elektrizität immer "wertvoller" und jeder Verlust immer "teurer" wird. Den Silber-Bugs sind daher rasch steigende Energiepreise hochwillkommen.

  • 24.) Wachsende Bevölkerungszahlen in Asien, Nordamerika und der Welt, eine durch Gelddruck hervorgerufene Liquiditätsschwemme, flankiert von Niedrigzinsen in Kombination mit knappem Silber, treiben die Preise. Insgesamt treffen mehr Menschen mit wachsendem Industriebedarf und mehr Geld auf weniger Silber. Die legendären Wachstumsländer Indien und China haben sich zu wahren Rohstoff-Fressern entwickelt und Silber findet sich im Futtertrog. Ein weltweiter Zusammenbruch der Nachfrage ist so gut wie ausgeschlossen. Auch waren die Silber Preise für so lange so niedrig, dass sie hinter den Inflationsraten weit zurückgeblieben sind. Allein der entsprechende Aufholeffekt wird den Silver-Bugs noch viel Freude bereiten.

  • 25.) Komme nun Hyper-Inflation (wilde Papiergeldvermehrung) oder Deflation ("niemand hat Geld" in der Depression), Silber sollte stets gewinnen oder wenigstens die Kaufkraft halten. In der Inflation blühen die Edelmetalle als solide Anlagen auf wie nie, in der Deflation werden die Händler sich mit Münzen, Barren, Silberaktien und ETFs eindecken, da diese wie Geld immer wertvoller werden. Die Silver-Bugs prosperieren sowohl im Süd- wie im Nordwind.

  • 26.) Falls genügend durch die extrem einseitige Politik der USA und durch Israels militärische Abenteuer ausreichend gereizt und wild gemacht, könnten wichtige Ölstaaten-Potentaten oder dort an die Macht gelangte Fundamentalisten die Ölwaffe einsetzen. Eine scharfe Reaktion der Gold- und Silberpreise wäre die Folge. Schlimmer noch: Die 1,5 Mrd. Muslime könnten sich den Silver- (und Gold-) Bugs hinzugesellen, und ohne einen Schuss beginnen, massiv aus dem Dollar auszusteigen. Dies fände seine Entsprechung in der Wasserverdrängung durch einen Wal, der sich langsam in eine Pfütze wälzt. Fällt der Dollar, fällt auch das letzte verbliebene Empire trotz aller Superwaffen. Zum einen schreibt der Prophet als einzige Währung die von Gold und Silber im Koran vor. Zum anderen waren der Gold-Dinar und der Silber-Dirham seit vielen Jahrhunderten (mit kurzer Unterbrechung ab 1924) im Umlauf (derzeit wieder kurant). Zum dritten hat der Silber-Dinar seine Kaufkraft über 1300 Jahre hinweg in unglaublicher Weise erhalten. In den Jahren 700, 1000, 1300, 1500, 1800, 1900 und 2006 (also immer) kostete ein Huhn einen Silber-Dinar, heute genau so viel wie zu Mohammeds Zeiten. Wenn das kein Inflationsschutz ist, dann gibt es keinen auf dieser Welt. Sollte der Silber-Dinar in die Massenproduktion gehen, wären die verfügbaren Silbervorräte innert Stundenfrist absorbiert und die Preise gehen durch die Decke Richtung Mekka. Trotz allem Säbelrasseln haben die USA zwei hochgefährliche Schwachpunkte: Öl und Dollar, ähnlich dem ansonsten unverwundbaren Siegfried, dem zwei Lindenblätter auf den Rücken fielen, und das schützende Drachenblut dort fernhielten. Der muslimische Hagen wird diese tödlichen Stellen im Ernstfalle zu finden wissen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden die Silber- (und Gold-) Preise eines Tages von einem entsprechenden Speerstich in den Rücken der USA massiv profitieren. Diese Gefahr ist sehr real und keine Phantasie überreizter Hirne.

  • 27.) Sollte Gold sich zum Himmelsstürmer entwickeln (auch hier wird das alte Hoch (1980) von nach Kaufkraft 2250 $ pro Unze - dem Gesetz des Zyklus zufolge - wieder erreicht und auch überschritten werden), zieht dies die Silberpreise nach, so wie die große Schwester den kleinen dreijährigen Bruder (der jüngste der Silver-Bugs) auf dem Weg zur Männerschau unbarmherzig am Arm mitschleift.


  • Vielleicht finden sich eines Tages fröhliche Ortsgruppen des europäischen Silver-Bug-Verbandes, die amerikanischen Touristengruppen in Anlehnung an die klassische Schlacht an den Thermophylen per Megaphon überglücklich zurufen: "Wanderer, kommst du nach Wall Street, so melde den Großen dort: Du habest uns hier in der Sonne liegen sehen und der Silberpreis hätte sich verzwölffacht!"


    © Prof. Dr. Hans J. Bocker



    Dieser Beitrag wurde im "Edelmetall- und Rohstoff-Magazin 2006-07", dem Begleitheft der "Internationalen Edelmetall- & Rohstoffmesse" 2006 in einer leicht gekürtzen Form veröffentlicht. Neben vielen weiteren Beiträgen von über 40 Autoren werden zudem über 50 Minengesellschaften auf je einer DIN-A4 Seite vorgestellt. Das Magazin ist für 16,90 € über den Goldseiten-Buchshop erhältlich.



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