Gold, der Aktienmarkt und die Zinsstrukturkurve
22.10.2017 | Steve Saville
Die Zinsstrukturkurve ist ein bemerkenswert nützlicher Frühindikator für bedeutende Wendepunkte in der Wirtschaft und an den Finanzmärkten. Vor einer Rezession und einer Baisse an den Aktienmärkten kehrt sich ihr langfristiger Trend beispielsweise zuverlässig um und statt abzuflachen, beginnt die Kurve steiler zu werden. Während eines durch monetäre Inflation angetriebenen Booms flacht sich die Renditekurve dagegen typischerweise immer weiter ab. Aus diesem Grund ist der Trend der Zinsstrukturkurve in meinen Augen einer der wahren, fundamentalen Faktoren, die die Entwicklung des Aktienmarktes und auch des Goldmarktes beeinflussen. Es ist nicht überraschend, dass der Trend der Zinskurve immer dann bearish für Gold ist, wenn er bullisch für den Aktienmarkt ist - und umgekehrt.
Wird die Renditekurve deutlich steiler, kann das zwei Gründe haben: Wenn die steile Kurve in erster Linie die Folge steigender langfristiger Zinssätze ist, besteht die eigentliche Ursache darin, dass die Marktteilnehmer in Zukunft höhere Inflationsraten erwarten. Wird die Kurve dagegen vor allem deswegen steiler, weil die kurzfristigen Zinsen sinken, ist eine zunehmende Tendenz zur Risikovermeidung der Grund, d. h. das Vertrauen in die Wirtschaft und/oder in das Finanzsystem sinkt. Letzteres lässt sich immer dann beobachten, wenn eine Boomphase in einen Abschwung übergeht.
Wenn sich die Zinsstrukturkurve jedoch abflacht, hat das entgegengesetzte Ursachen, d. h. es liegt entweder daran, dass mit sinkenden Inflationsraten gerechnet wird, oder daran, dass das Vertrauen in die Wirtschaftskraft und die Risikobereitschaft zunehmen.
Nach herkömmlicher Auffassung ist eine steile Zinskurve übrigens positiv für das Bankensystem, weil dann die Gewinnspannen der Banken steigen. Oberflächlich betrachtet ist das korrekt. Allerdings lässt diese "Volksweisheit" die Tatsache außer Acht, dass einer der beiden Hauptgründe für eine steilere Zinskurve in weitreichenden, lebensbedrohlichen Problemen im Bankensektor besteht. Der untenstehende Chart zeigt beispielsweise, dass die Zinsstrukturkurve der USA innerhalb der letzten drei Jahrzehnte drei Mal deutlich steiler geworden ist: in den späten 1980er bis frühen 1990er Jahren, Anfang der 2000er Jahre und zwischen 2007 und 2011. In allen drei Fällen war dieser Trend begleitet von einer Rezession. Im ersten und letzten Fall begann er, als sich innerhalb des Bankensystems Probleme offenbarten, und beschleunigte sich, als klar wurde, dass die Großbanken im Grunde genommen bankrott waren.
Hier ist eine weitere Analogie, die hoffentlich hilft, die Beziehung zwischen der Entwicklung der Zinsstrukturkurve und dem allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Umfeld (in unserem aktuellen Geldsystem) zu verstehen: Zu sagen, dass eine steiler werdende Zinskurve bullisch ist, weil sie letzten Endes zu einer stärkeren Wirtschaft und größeren Gewinnen für die Banken führt, ist so, als würde man sagen, dass jeder Bärenmarkt bullisch ist, weil darauf irgendwann ein Bullenmarkt folgt. Zu sagen, dass eine Abflachung der Zinskurve bearish ist, weil darauf eines Tages, nach vielen Jahren, eine Phase des wirtschaftlichen Abschwungs folgt, ist so, als würde man sagen, dass Bullenmärkte bearish sind, weil sie immer vor einem Bärenmarkt kommen.
Sowohl die Erwartung höherer Inflationsraten als auch verstärkte Risikoaversion führen typischerweise zu größerem Interesse an Goldinvestitionen. Wenn dagegen mit sinkender Inflation gerechnet wird und das Vertrauen in die Wirtschaft und das Finanzsystem zunimmt, wird der Besitz von Gold weniger attraktiv. Eine steilere Zinsstrukturkurve ist daher bullisch für Gold, eine flachere Zinskurve dagegen bearish.
Der Trend der US-Zinsstrukturkurve hat sich noch nicht umgekehrt. Sie flacht sich weiter ab, statt steiler zu werden, d. h. die aktuelle Situation ist positiv für den Aktienmarkt und negativ für den Goldmarkt. Allerdings ist die Zinskurve nur einer von sieben fundamentalen Faktoren, die ich in meinen Analysen zum Goldpreis berücksichtige.
© Steve Saville
www.speculative-investor.com
Dieser Artikel wurde am 16. Oktober 2017 auf www.tsi-blog.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.
Wird die Renditekurve deutlich steiler, kann das zwei Gründe haben: Wenn die steile Kurve in erster Linie die Folge steigender langfristiger Zinssätze ist, besteht die eigentliche Ursache darin, dass die Marktteilnehmer in Zukunft höhere Inflationsraten erwarten. Wird die Kurve dagegen vor allem deswegen steiler, weil die kurzfristigen Zinsen sinken, ist eine zunehmende Tendenz zur Risikovermeidung der Grund, d. h. das Vertrauen in die Wirtschaft und/oder in das Finanzsystem sinkt. Letzteres lässt sich immer dann beobachten, wenn eine Boomphase in einen Abschwung übergeht.
Wenn sich die Zinsstrukturkurve jedoch abflacht, hat das entgegengesetzte Ursachen, d. h. es liegt entweder daran, dass mit sinkenden Inflationsraten gerechnet wird, oder daran, dass das Vertrauen in die Wirtschaftskraft und die Risikobereitschaft zunehmen.
Nach herkömmlicher Auffassung ist eine steile Zinskurve übrigens positiv für das Bankensystem, weil dann die Gewinnspannen der Banken steigen. Oberflächlich betrachtet ist das korrekt. Allerdings lässt diese "Volksweisheit" die Tatsache außer Acht, dass einer der beiden Hauptgründe für eine steilere Zinskurve in weitreichenden, lebensbedrohlichen Problemen im Bankensektor besteht. Der untenstehende Chart zeigt beispielsweise, dass die Zinsstrukturkurve der USA innerhalb der letzten drei Jahrzehnte drei Mal deutlich steiler geworden ist: in den späten 1980er bis frühen 1990er Jahren, Anfang der 2000er Jahre und zwischen 2007 und 2011. In allen drei Fällen war dieser Trend begleitet von einer Rezession. Im ersten und letzten Fall begann er, als sich innerhalb des Bankensystems Probleme offenbarten, und beschleunigte sich, als klar wurde, dass die Großbanken im Grunde genommen bankrott waren.
Hier ist eine weitere Analogie, die hoffentlich hilft, die Beziehung zwischen der Entwicklung der Zinsstrukturkurve und dem allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Umfeld (in unserem aktuellen Geldsystem) zu verstehen: Zu sagen, dass eine steiler werdende Zinskurve bullisch ist, weil sie letzten Endes zu einer stärkeren Wirtschaft und größeren Gewinnen für die Banken führt, ist so, als würde man sagen, dass jeder Bärenmarkt bullisch ist, weil darauf irgendwann ein Bullenmarkt folgt. Zu sagen, dass eine Abflachung der Zinskurve bearish ist, weil darauf eines Tages, nach vielen Jahren, eine Phase des wirtschaftlichen Abschwungs folgt, ist so, als würde man sagen, dass Bullenmärkte bearish sind, weil sie immer vor einem Bärenmarkt kommen.
Sowohl die Erwartung höherer Inflationsraten als auch verstärkte Risikoaversion führen typischerweise zu größerem Interesse an Goldinvestitionen. Wenn dagegen mit sinkender Inflation gerechnet wird und das Vertrauen in die Wirtschaft und das Finanzsystem zunimmt, wird der Besitz von Gold weniger attraktiv. Eine steilere Zinsstrukturkurve ist daher bullisch für Gold, eine flachere Zinskurve dagegen bearish.
Der Trend der US-Zinsstrukturkurve hat sich noch nicht umgekehrt. Sie flacht sich weiter ab, statt steiler zu werden, d. h. die aktuelle Situation ist positiv für den Aktienmarkt und negativ für den Goldmarkt. Allerdings ist die Zinskurve nur einer von sieben fundamentalen Faktoren, die ich in meinen Analysen zum Goldpreis berücksichtige.
© Steve Saville
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Dieser Artikel wurde am 16. Oktober 2017 auf www.tsi-blog.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.