Wo ist das Fell der Schafe? (Teil 1/2)
04.10.2003 | Jim Puplava
1. FUNDAMENTALE RÜCKSCHAU
An der Wall Street ist man wieder soweit, die Champagner-Korken knallen zu lassen, da der Dow in Richtung 10.000 zieht und der Nasdaq sich der 2.000er Marke nähert. Für die Wall Street und Investoren war es bisweilen ein ziemlich gutes Jahr. Der S&P500 konnte 18% und der Nasdaq über 43% zulegen. Solche Zahlen haben wir seit 1999 nicht mehr gesehen. Der allgemeine Konsens verlautbart, dass 2003 das "Ausbruch-Jahr für Aktien" ist, und dass nächstes Jahr genauso lukrativ werden könnte. Hinter dem Anstieg der Aktien verbirgt sich der Glaube, dass die langersehnte Erholung ("the recovery") nun endlich vor der Tür steht. Wirtschaftswachstum ist stark, die Gewinne haben sich verbessert und als Konsequenz befinden sich Aktien auf dem Weg zur Besserung. Überall wird darüber gesprochen, dass sich die Fundamentaldaten verbessern, die Geschäftsbedingungen stärker werden und der amerikanische Konsument weiter Kredite aufnimmt und Geld ausgibt. Viel wichtiger ist nach Auffassung der Wall Street allerdings die Feststellung, dass die Politik der amerikanischen Zentralbank (das Federal Reserve System) als günstig und positiv eingestuft wird, und ihren Weg solange beibehält, bis die Wirtschaft wieder auf festem Boden steht. Der Ratschlag an Investoren ist "long Aktien" zu sein.
Genau wie beim letzten Bullenmarkt sind es die gleichen Sektoren, die den Markt (an)führen. Technologie-Aktien, Internet-Firmen, aber auch alles, das im Entferntesten mit Technologie in Verbindung gebracht werden kann, befindet sich derzeit am "Ausreißen". Amazon.com konnte dieses Jahr schon 213% zulegen. Das Unternehmen arbeitet immernoch daran, Gewinne auszuweisen - und bleibt eines der teuersten Aktien der Einzelhandelsbranche. Die Börsenbewertung ist 12mal so hoch wie bei deren Mitbewerber Barnes & Nobles und Borders. Amazon ist immernoch mehr als doppelt so teuer wie andere Handelsunternehmen (zum Beispiel Costco, May Company, Federated und Sears).
Der Technologie-Wahn treibt in allen Branchen der Tech-Arena sein Unwesen. So wie beim Techno-Wahn 1997-1999 bieten Investoren die Aktien von Unternehmen in die Höhe, welche Geld verlieren, kaum schwarze Zahlen schreiben, oder gerade damit beschäftigt sind, in die Gewinnzone zu klettern. Der begierige Appetit, Technologie-Anteile zu besitzen, zieht durch die Tech-Szene. Genau wie im Jahr 1999 treiben Investoren mit Ihren Geboten die Aktien in luftige Höhen, während Unternehmens-Insider Kasse machen und ihre Aktienbestände in nun rekordmäßigem Tempo auf den Markt werfen. Das Ausmaß an Insider-Verkäufen der letzten vier Monate sucht immernoch seinesgleichen und entspricht nicht im Geringsten dem, was wir vor ein paar Jahren miterleben mussten.
Also, wer kauft denn jetzt und warum?
Wenn Insider verkaufen, wer kauft dann eigentlich? Die Antwort auf die Frage ist zugleich eine einfache: All diejenigen, die zwischen institutionellen Investoren und der breiten Öffentlichkeit identifiziert werden können. Institutionelle Investoren sind heute noch mehr voll investiert ("more fully invested") wie in den drei Jahren zuvor. Die Öffentlichkeit kehrt in den Markt zurück - mit einem aktuellen Jahreshoch ihrer Verschuldungsmarge. Day-Trading feiert ebenfalls einen Comeback.
Die zwei Hauptgründe, die den Markt antreiben, lassen sich auf die aufdringlich angekündigte Erholung des 2. Halbjahres zurückführen. Von der Wirtschaft erwartet man sich einen Boom - Hand in Hand mit Unternehmensgewinnen. Unternehmen, von denen man erwarten würde, an der Spitze der Wirtschaftserholung zu sein, sind Technologie- und Energie-Titel. Energie-Unternehmen von ExxonMobil bis zu Erdgas-Produzenten wie Apache melden stellar-hohe Gewinne. Energie war dieses Jahr für einen Großteil der Gewinne innerhalb des S&P500 verantwortlich. Trotzdem haben sich vergleichsweise deren Aktien nicht sonderlich bewegt. Das Geld fließt hauptsächlich in Technologie-Werte. Dies spiegelt sich in der Tatsache wieder, dass der Großteil der diesjährigen Gewinne in der Tech-Branche zu verbuchen war - ein Faktum, welches in der Kluft zwischen dem Nasdaq und dem S&P500 beheimatet ist. Wie dem auch sei, in den S&P500 ging das viele Geld auf jeden Fall nicht rein. Der Hauptteil der diesjährigen Gewinne wurde in der Technologie-Branche geschrieben. Der Nasdaq steht momentan mit 43% im Plus; einzelne Tech-Sektoren wie bspw. der SOX (The Philadelphia Semiconductor Index) konnten um mehr als 62% an Wert zulegen. Die Internet-Branche konnte sogar noch mehr aufholen. Amazon.com +215%, Drugstore.com +221%, Homestore +295% und Priceline.com +205%. Der manische Technologie-Anstieg der heutigen Zeit erinnert schon fast an den Technolgie-Wahn von 1999.
Sind die heutigen Preise gerechtfertigt?
Haben sich die industriellen Bedingungen genug verbessert, um die derzeit vorherrschenden Bewertungen rechtfertigen zu können? Ist dies der Beginn eines neuen Technologie-Booms mit Parallelen zu den 1990ern? Der Technologie-Stratege Fred Hickey glaubt nicht daran. In seinem aktuellen Newsletter weist Fred auf einen sehr wichtigen Aspekt hin, der die Industrie quält: "Obsoleszenz" (Überalterung): "Das schmutzige kleine Geheimnis des Tech-Investings ist, dass praktisch niemand großartige Wachstumsaktien kaufen kann, um sie schließlich in der Schublade verschwinden lassen zu können. Es ist verstärkt ein Spiel des "Greater Fools" geworden ("Der Größere Dummkopf")." Die Technologie-Mistkübel sind vollgestopft mit bankrotten, obsoleten, fusionierten oder gescheiterten Stars von gestern. Erinnert sich jemand an Atari, Commodore International, Amdahl, Digital Equipment oder Data General?
Ich entschloss mich dazu, einen gründlichen Blick auf die Tech-Branche zu werfen. Die Suche grenzte ich mit dem SOX-Index ein, besonders den Internet-Höhenflieger Amazon.com im Visier. Was ich wissen wollte war, ob sich die Fundamentaldaten der Tech-Industrie verbessern oder ob dies eher ein temporärer Aufschwung aufgrund Kostenkürzungen ist. Ich wollte speziell erforschen, was mit dieser Industrie in den letzten fünf Jahren passiert ist. Für meine Untersuchungen habe ich die fünf größten Aktien in Hinsicht auf Kapitalisierung innerhalb des SOX herangezogen. Ich wollte herausfinden, ob sich die Bedingungen verbessert haben. Konnten sich der Absatz und die Margen verbessern, und noch wichtiger, was ist mit der Kennzahl Eigenkapitalrendite (ROE - Return on Equity) passiert, der beste Maßstab für die Performance des Managements? Und das hier folgend ist, was ich herausgefunden habe. Die der Untersuchung zugrundeliegenden Daten kamen aus dem Tabellenkalkulationsprogramm Bloombergs. Diese beinhalten die Finanzberichte der letzten fünf Jahre. Die Zahlen für das laufende Bilanzjahr wurden nicht berücksichtigt, welche sich für einige Unternehmen im Vergleich zum vorherigen stark verbessert haben. Am Ende dieses Berichts finden Sie eine separate Tabelle mit den Gewinnbilanzen.
An der Wall Street ist man wieder soweit, die Champagner-Korken knallen zu lassen, da der Dow in Richtung 10.000 zieht und der Nasdaq sich der 2.000er Marke nähert. Für die Wall Street und Investoren war es bisweilen ein ziemlich gutes Jahr. Der S&P500 konnte 18% und der Nasdaq über 43% zulegen. Solche Zahlen haben wir seit 1999 nicht mehr gesehen. Der allgemeine Konsens verlautbart, dass 2003 das "Ausbruch-Jahr für Aktien" ist, und dass nächstes Jahr genauso lukrativ werden könnte. Hinter dem Anstieg der Aktien verbirgt sich der Glaube, dass die langersehnte Erholung ("the recovery") nun endlich vor der Tür steht. Wirtschaftswachstum ist stark, die Gewinne haben sich verbessert und als Konsequenz befinden sich Aktien auf dem Weg zur Besserung. Überall wird darüber gesprochen, dass sich die Fundamentaldaten verbessern, die Geschäftsbedingungen stärker werden und der amerikanische Konsument weiter Kredite aufnimmt und Geld ausgibt. Viel wichtiger ist nach Auffassung der Wall Street allerdings die Feststellung, dass die Politik der amerikanischen Zentralbank (das Federal Reserve System) als günstig und positiv eingestuft wird, und ihren Weg solange beibehält, bis die Wirtschaft wieder auf festem Boden steht. Der Ratschlag an Investoren ist "long Aktien" zu sein.
Genau wie beim letzten Bullenmarkt sind es die gleichen Sektoren, die den Markt (an)führen. Technologie-Aktien, Internet-Firmen, aber auch alles, das im Entferntesten mit Technologie in Verbindung gebracht werden kann, befindet sich derzeit am "Ausreißen". Amazon.com konnte dieses Jahr schon 213% zulegen. Das Unternehmen arbeitet immernoch daran, Gewinne auszuweisen - und bleibt eines der teuersten Aktien der Einzelhandelsbranche. Die Börsenbewertung ist 12mal so hoch wie bei deren Mitbewerber Barnes & Nobles und Borders. Amazon ist immernoch mehr als doppelt so teuer wie andere Handelsunternehmen (zum Beispiel Costco, May Company, Federated und Sears).
Der Technologie-Wahn treibt in allen Branchen der Tech-Arena sein Unwesen. So wie beim Techno-Wahn 1997-1999 bieten Investoren die Aktien von Unternehmen in die Höhe, welche Geld verlieren, kaum schwarze Zahlen schreiben, oder gerade damit beschäftigt sind, in die Gewinnzone zu klettern. Der begierige Appetit, Technologie-Anteile zu besitzen, zieht durch die Tech-Szene. Genau wie im Jahr 1999 treiben Investoren mit Ihren Geboten die Aktien in luftige Höhen, während Unternehmens-Insider Kasse machen und ihre Aktienbestände in nun rekordmäßigem Tempo auf den Markt werfen. Das Ausmaß an Insider-Verkäufen der letzten vier Monate sucht immernoch seinesgleichen und entspricht nicht im Geringsten dem, was wir vor ein paar Jahren miterleben mussten.
Also, wer kauft denn jetzt und warum?
Wenn Insider verkaufen, wer kauft dann eigentlich? Die Antwort auf die Frage ist zugleich eine einfache: All diejenigen, die zwischen institutionellen Investoren und der breiten Öffentlichkeit identifiziert werden können. Institutionelle Investoren sind heute noch mehr voll investiert ("more fully invested") wie in den drei Jahren zuvor. Die Öffentlichkeit kehrt in den Markt zurück - mit einem aktuellen Jahreshoch ihrer Verschuldungsmarge. Day-Trading feiert ebenfalls einen Comeback.
Die zwei Hauptgründe, die den Markt antreiben, lassen sich auf die aufdringlich angekündigte Erholung des 2. Halbjahres zurückführen. Von der Wirtschaft erwartet man sich einen Boom - Hand in Hand mit Unternehmensgewinnen. Unternehmen, von denen man erwarten würde, an der Spitze der Wirtschaftserholung zu sein, sind Technologie- und Energie-Titel. Energie-Unternehmen von ExxonMobil bis zu Erdgas-Produzenten wie Apache melden stellar-hohe Gewinne. Energie war dieses Jahr für einen Großteil der Gewinne innerhalb des S&P500 verantwortlich. Trotzdem haben sich vergleichsweise deren Aktien nicht sonderlich bewegt. Das Geld fließt hauptsächlich in Technologie-Werte. Dies spiegelt sich in der Tatsache wieder, dass der Großteil der diesjährigen Gewinne in der Tech-Branche zu verbuchen war - ein Faktum, welches in der Kluft zwischen dem Nasdaq und dem S&P500 beheimatet ist. Wie dem auch sei, in den S&P500 ging das viele Geld auf jeden Fall nicht rein. Der Hauptteil der diesjährigen Gewinne wurde in der Technologie-Branche geschrieben. Der Nasdaq steht momentan mit 43% im Plus; einzelne Tech-Sektoren wie bspw. der SOX (The Philadelphia Semiconductor Index) konnten um mehr als 62% an Wert zulegen. Die Internet-Branche konnte sogar noch mehr aufholen. Amazon.com +215%, Drugstore.com +221%, Homestore +295% und Priceline.com +205%. Der manische Technologie-Anstieg der heutigen Zeit erinnert schon fast an den Technolgie-Wahn von 1999.
Sind die heutigen Preise gerechtfertigt?
Haben sich die industriellen Bedingungen genug verbessert, um die derzeit vorherrschenden Bewertungen rechtfertigen zu können? Ist dies der Beginn eines neuen Technologie-Booms mit Parallelen zu den 1990ern? Der Technologie-Stratege Fred Hickey glaubt nicht daran. In seinem aktuellen Newsletter weist Fred auf einen sehr wichtigen Aspekt hin, der die Industrie quält: "Obsoleszenz" (Überalterung): "Das schmutzige kleine Geheimnis des Tech-Investings ist, dass praktisch niemand großartige Wachstumsaktien kaufen kann, um sie schließlich in der Schublade verschwinden lassen zu können. Es ist verstärkt ein Spiel des "Greater Fools" geworden ("Der Größere Dummkopf")." Die Technologie-Mistkübel sind vollgestopft mit bankrotten, obsoleten, fusionierten oder gescheiterten Stars von gestern. Erinnert sich jemand an Atari, Commodore International, Amdahl, Digital Equipment oder Data General?
Ich entschloss mich dazu, einen gründlichen Blick auf die Tech-Branche zu werfen. Die Suche grenzte ich mit dem SOX-Index ein, besonders den Internet-Höhenflieger Amazon.com im Visier. Was ich wissen wollte war, ob sich die Fundamentaldaten der Tech-Industrie verbessern oder ob dies eher ein temporärer Aufschwung aufgrund Kostenkürzungen ist. Ich wollte speziell erforschen, was mit dieser Industrie in den letzten fünf Jahren passiert ist. Für meine Untersuchungen habe ich die fünf größten Aktien in Hinsicht auf Kapitalisierung innerhalb des SOX herangezogen. Ich wollte herausfinden, ob sich die Bedingungen verbessert haben. Konnten sich der Absatz und die Margen verbessern, und noch wichtiger, was ist mit der Kennzahl Eigenkapitalrendite (ROE - Return on Equity) passiert, der beste Maßstab für die Performance des Managements? Und das hier folgend ist, was ich herausgefunden habe. Die der Untersuchung zugrundeliegenden Daten kamen aus dem Tabellenkalkulationsprogramm Bloombergs. Diese beinhalten die Finanzberichte der letzten fünf Jahre. Die Zahlen für das laufende Bilanzjahr wurden nicht berücksichtigt, welche sich für einige Unternehmen im Vergleich zum vorherigen stark verbessert haben. Am Ende dieses Berichts finden Sie eine separate Tabelle mit den Gewinnbilanzen.
Tabelle 1: Gewinn-Margen (in Prozent), Umsatz-Rendite & Netto Gewinn-Margen 1997 - Heute
(Erklärung: Operating Margins = Umsatzrendite, Net Profit Margins = Netto Gewinn-Margen)
(Erklärung: Operating Margins = Umsatzrendite, Net Profit Margins = Netto Gewinn-Margen)