Interview mit Jim Rickards (Teil I): Die nächste Finanzpanik mit Gold als Fluchthafen
31.01.2018 | Mike Gleason
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Dann wurde die Menge schrittweise reduziert und Ende 2014 war dieses "Tapering" dann zu Ende, allerdings kaufte die Fed immer noch Anleihen. Das waren also sechs Jahre lang Anleiheankäufe. Die Fed weitete ihre Bilanz von 800 Milliarden $ auf 4,4 Billionen $ aus. Jetzt macht sie aber das Gegenteil - sie packt den Schaltknauf und schaltet in den Rückwärtsgang. Das heißt allerdings nicht, dass plötzlich Massen von Anleihen abgestoßen werden. Die Fed verkauft nicht mal einen einzigen Bond. Stattdessen passiert Folgendes: Wenn Anleihen auslaufen, wird einfach Geld geschickt. Hätte man vor fünf Jahren eine 5-Jahre-Anleihe gekauft, die heute ausläuft, so überweist das Finanzministerium Ihnen einfach das Geld. Schickt es das Geld an die Fed, dann verschwindet dieses Geld.
Es ist das Gegenteil von Geldschöpfung. Die Fed zerstört im Grunde gerade Geld und senkt eigentlich das Geldangebot. Das heißt also, dass die Fed nicht nur die Zinsen erhöht, sondern gleichzeitig auch noch Geld zerstört. Das ist ein doppelter Schlag hinsichtlich geldpolitischer Straffung, und meiner Meinung nach ist die US-Wirtschaft aktuell nicht annähernd so stark, wie die Fed glaubt.
Die Fed vertraut auf eine Sache namens "Phillips-Kurve" und die besagt, dass niedrige Arbeitslosigkeit die Löhne steigen lässt und die Inflation nicht mehr lange auf sich warten lässt. Und das ist zum Teil auch der Grund, warum geldpolitisch gestrafft wird. Allerdings hat diese Theorie jede Menge Fehler.
Erstens ist die grundlegende Theorie der Phillips-Kurve Schrott. Sie ist einfach nicht wahr. Man konnte es in den 1970ern sehen, als die Arbeitslosigkeit riesig war und die Inflation gleichzeitig extrem hoch. Auch jüngst war das zu beobachten, als es niedrige Arbeitslosigkeit gab und gleichzeitig Disinflation.
Die Phillips-Kurve ist also von Anfang an Schrott, doch selbst wenn man ihr etwas abgewinnen kann, so bringt sie richtig viele Probleme mit sich, so dass sie sich unter den aktuellen Umständen einfach nicht anwenden lässt - im Kontext von Erwerbsquoten, Demographie, Schuldenabbau, Technologie, etc.
Die Fed strafft ihre Geldpolitik also aus dem falschen Grund. Sie strafft sie zur falschen Zeit, zudem gibt es viele Hinweise darauf, dass das Wachstum im vierten Quartal konsumgetrieben war und dass dieser Konsum schuldenbasiert war. Die Leute belasteten ihre Kreditkarten, die Verbraucherschulden stiegen steil an. Die Sparquote befindet sich in der Nähe eines sehr langfristigen Tiefs. Es scheint ein unpassender Zeitpunkt zu sein.
Es gibt also viele Gründe davon auszugehen, dass die Fed es übertreiben wird, dass sie es falsch machen wird, dass sie geldpolitisch straffen wird und die Wirtschaft damit in eine Rezession oder in sehr niedriges Wachstum mit Disinflation treiben wird. Ich traue dieser Story nicht - von wegen "die glücklichen Tage der Inflation sind zurück".
Es gibt gute Gründe davon auszugehen, dass die Steuergesetzgebung nicht so stimulierend wirken wird, wie die Leute sich erhoffen. In Wirklichkeit wird doch Folgendes passieren: Ein Defizit von einer weiteren Billion Dollar wird aufgetürmt, wobei wir uns ohnehin schon weit in der Gefahrenzone bewegen. All das ist in Wirklichkeit eine Belastung für das Wirtschaftswachstum.
Man kann aus gutem Grund davon ausgehen, dass sich die Wirtschaftsaktivität abschwächen wird. Allein das würde reichen, um dem Aktienmarkt den Wind aus den Segeln zu nehmen und ihn in Richtung einer potentiell sehr ernsten Aktienmarktkorrektur zu treiben - mindestens 10% vielleicht sogar ganze 20%.Wir reden hier also, wie gesagt, von 5.000 oder 6.000 Punkten im Dow vor Jahresende - das zumindest wäre ein Szenario.
Beim Szenario, über das ich in meinem Buch schreibe, spielt tatsächlich noch eine Finanzpanik hinein. Die Sache mit Finanzpaniken ist nun, dass sie gar nicht so selten sind. Ich hatte schon eine erwähnt, die Zwei-Tage-Panik von 1987. Dann gab es aber 1994 auch die Mexiko-Tequila-Krise. 1997 hatten wir die Asien-Krise. 1998 gab es mit Russland die Long-Term Capital Management-Krise. 2000 hatten wir dann die Krise am Neuen Markt. Und 2007 das Hypothekendesaster. 2008 die Finanzpanik.
Solche Dinge passieren alle fünf, sechs, sieben Jahre, nicht mechanisch wie ein Uhrwerk, aber das ist das typische Tempo solcher "meltdowns". Und seit dem letzten sind jetzt neun Jahre vergangen. Keiner sollte also überrascht sein, wenn es morgen wieder einen gibt. Ich prognostiziere nicht, dass es morgen passiert. Ich sage lediglich, dass es keinen überraschen sollte. Ob es nun morgen, nächsten Monat, nächstes Jahr oder in eineinhalb Jahren passiert - man sollte keine Sekunde daran denken, dass wir heute in einer finanzpanikfreien Welt leben.
Übrigens könnte beides zusammen geschehen. Es könnte einen Wirtschaftsabschwung geben, der zu einer Finanzkrise führt - eine Wiederholung der Ereignisse von 2008. Doch hier gibt es einen großen Unterschied und jetzt kommen wir zum Kern ihrer Frage, Mike.
1998 hatten wir eine Finanzpanik und die Wall Street setzte sich zusammen und rettete den Hedgefonds Long-Term Capital Management. 2008 hatten wir eine Finanzpanik und die Zentralbanken kamen zusammen und retteten die Wall Street. Jeder dieser Bailouts war größer als der vorhergehende. Wer wird den Zentralbanken während der nächsten Panik zur Hilfe kommen, sei es nun dieses Jahr oder nächstes?