Interview mit Jim Rickards (Teil I): Die nächste Finanzpanik mit Gold als Fluchthafen
31.01.2018 | Mike Gleason
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Das heißt also: Jede Panik ist größer als die vorhergehende. Jede Reaktion darauf ist umfangreicher als die vorhergehende. Die nächste wird dann die größte überhaupt sein. Sie wird größer sein als die Macht der Zentralbanken und man wird sich nur noch an eine Stelle wenden können. Müsste man sich jetzt Zugang zu globaler Liquidität verschaffen, dann gäbe es die Fed mit ihrem Leitzins von 1,5%. Sie könnte also nur um 1,5% kürzen, bevor sie wieder bei null landet. Es gibt gute Hinweise darauf, dass man die Zinssätze um drei bis vier Prozent kürzen muss, um die US-Wirtschaft aus einer Rezession zu holen. Aber wie kann man sie um drei Prozent kürzen, wenn sie ohnehin nur bei eineinviertel, eineinhalb Prozent liegen? Die Antwort lautet: Es geht nicht. Und was macht man dann? Gut, dann eben QE. Aber das hat man ja auch schon gemacht.
QE wurde noch nicht einmal vollständig zurückgefahren. Man hat damit begonnen, wie ich schon erwähnt hatte, aber vollständig aufgelöst ist QE immer noch nicht. Die Fed-Bilanz steht immer noch bei ca. vier Billionen Dollar. Wird man also auf acht Billionen oder aber elf erhöhen? Gut, einige sagen, "Klar, wo ist das Problem?". Das sind die modernen Geldtheoretiker - Stephanie Calvin, Paul McCulley, Warren Mosler. Viele von denen denken, dass es bei den Geldmengen, die die Fed drucken kann, keine Grenzen gäbe.
Aber es gibt diese Grenze. Ich meine keine gesetzlich fixierte Grenze. Von Gesetzes wegen könnte die Fed das machen. Aber es existiert eine psychologische Grenze. Es gibt eine unsichtbare Kompetenzschranke; wenn die überschritten wird, sagen die Leute dann einfach: "Ok, ab jetzt bin ich raus. Ich möchte aus dem Dollar aussteigen. Ich möchte in Gold, Silber, Kunst, Land einsteigen. Ist mir gleich. Kryptowährungen, wenn Sie mögen. Egal was es sein wird, schichten Sie für mich um, aber nur keine Dollars, denn ich habe das Vertrauen in den Dollar verloren." Das konnte man auch schon in der Vergangenheit beobachten.
Also, alles auf einen Punkt gebracht: Während der nächsten Finanzpanik - und niemand sollte überrascht sein, wenn sie morgen kommt - wird alles größer als die Macht der Zentralbanken. Auf der Suche nach Liquidität wird man sich an den IWF wenden müssen.
Der IWF hat ebenfalls eine Druckerpresse - er ist der Internationale Währungsfonds. Der kann dieses Weltgeld drucken, das sich dann Sonderziehungsrechte, SZR, nennt. Na schön, der IWF kann Billionen SZR hervorzaubern - im Gegenwert von Billionen von Dollars. Ein SZR ist ungefähr 1,50 $ wert. Der Fonds kann Billionen SDR aus dem Nichts entstehen lassen und diese dann austeilen. Nur eine Sache gibt es dabei zu bedenken, und ich habe mit Tim Geithner darüber gesprochen, dem ehemaligen US-Finanzminister: Es braucht Zeit!
Das letzte Mal als der IWF aktiv wurde - übrigens hat das keiner mitbekommen, das war während der Panik im Jahr 2008 und auch im August/ September 2009 - gab er Sonderziehungsrechte aus, um die globale Liquidität zu stützen. Allerdings war das fast ein Jahr nach der Panik. Der Punkt ist: Der IWF ist langsam und schwerfällig. Er ist nicht die Feuerwehr. Gut, der IWF könnte wie eine Bau-Mannschaft funktionieren, die antritt, um ein neues Fundament zu legen; er ist aber nicht die Feuerwehr, die helfen kann, wenn das Gebäude abbrennt.
In einem solchen Fall muss dann etwas gemacht werden, das ich “Ice 9“ nenne. Man wird das System einfrieren müssen. Angefangen bei Geldmarktfonds, dann Bankkonten, dann die Börsen. Man könnte sogar die Geldautomaten umprogrammieren, so dass man nur noch 300 $ für Benzin und Einkäufe bekommt. Dann heißt es, "Ok, Sie brauchen mehr als 300 $ pro Tag, um Essen zu kaufen und aufzutanken? Warum brauchen Sie mehr als diesen Betrag? Sie können nicht Ihr ganzes Geld von der Bank holen. Sie können Ihr Geld nicht aus den Geldmarktfonds abziehen. Sie können Ihre Aktien nicht verkaufen.“
Das alles beschreibe ich detailliert im Buch, mit vielen Endnoten. Die Endnoten müssen Sie nicht lesen, wenn Sie nicht wollen, aber es ist alles dokumentiert. Alles öffentlich verfügbar. Das ist kein Science-Fiction-Szenario. Der Plan existiert tatsächlich und ich beschreibe, wie es funktionieren soll.
Nur als Zusammenfassung: Anderes als der Mainstream gehe ich für 2018 von einer schwächeren Wirtschaftsentwicklung aus. Zudem erwarte ich eine weitere Finanzpanik. Es lässt sich unmöglich sagen, wann sie kommt. Doch nach acht oder neun Jahren würde ich sagen eher früher als später. Und die Antwort auf dieses Ereignis wird derart sein, wie man es seit den 1930ern nicht mehr erlebt hat.
Mike Gleason: Reden wir jetzt speziell über Gold. Krisenanlagen einschließlich der Metalle sind derzeit wohl gar nicht in Mode, zumindest bei der breiten Masse. Die meisten Investoren wird es aber kalt erwischen; wahrscheinlich werden sie die nächste Finanzkrise, wie schon 2008, erst dann kommen sehen, wenn es schon zu spät ist. Das Vertrauen in den US-Dollar und das Finanzsystem ist schwer zu erschüttern, solange es keine offensichtlichen Hinweise darauf gibt, dass beide mit schweren Problemen zu kämpfen haben.
Wir erleben zudem, dass selbst einige "gold bugs" zu zweifeln beginnen. Sie wissen, dass es rundherum viele Risiken gibt, trotzdem sind sie es leid, zusehen zu müssen, wie fast alles um sie herum besser läuft als Edelmetalle. Was sagen Sie heute jenen Menschen, die sich vielleicht mit dem Gedanken tragen, Gold zu verkaufen und, sagen wir, die Party am Aktienmarkt mitzufeiern?
Jim Rickards: Ok, ich werde gerne was dazu sagen, aber zuvor möchte ich den Leuten, die Sie beschreiben, noch ein paar nette Worte sagen. Schauen Sie, Gold hat gerade erst seinen mehr als vier Jahre andauernden Bärenmarkt beendet. Der dauerte von August 2011 bis Dezember 2015. In dieser Baisse hat Gold - von Höchst- zu Tiefststand - einen Verlust von 45% erlitten. Wenn man den 1999er-Kurs von 240 $ heranzieht und ihn in Relation zu einer Bewegung von 1.900 $ runter auf 1.050 $ setzt, wo wir im Dezember 2015 waren, dann sprechen wir hier über einen 50 %-Rückzug.