Interview mit Felix Zulauf: "Aktien, Gold und der Immobilienmarkt"
19.12.2006 | Dr. Volkmar Riemenschneider
Dieser Artikel ist bereits vorab im Rohstoff Spiegel 13/2006 erschienen. Der "Rohstoff Spiegel" liefert Ihnen alle 14 Tage umfangreiches Hintergrundwissen, Interviews, Produktvorstellungen und Anlageempfehlungen für Gold, Silber & Co. Profitieren auch Sie vom Megatrend Rohstoffe und melden Sie sich noch heute kostenlos für den "Rohstoff Spiegel" auf www.rohstoff-spiegel.de an.
Der 1950 geborene Felix Zulauf gilt als profunder Kenner der Finanzmärkte. Seit etwa 30 Jahren verwaltet er Anlagegelder weltweit. Nach Zwischenstationen bei den Schweizer Großbanken SBC und UBS gründete der Schweizer 1990 seine eigene Vermögensverwaltung, die Zulauf Asset Management AG, um seine eigenen Ideen erfolgreich umzusetzen. Der medienscheue Banker mit Guru-Status gilt weltweit als einer der großen strategischen Denker in der Finanzszene und gehört neben Marc Faber zu den einzigen zwei Europäern beim jährlichen Round-Table des Finanzmagazins Barron’s.
Rohstoff-Spiegel: Droht uns in den USA in den nächsten Monaten ernsthaft eine Rezession oder erleben wir aktuell nur eine kleine Wachstumsdelle?
F. Zulauf: Im Moment ist das Wachstum noch recht ordentlich, der Trend verlangsamt sich jedoch und die Vorzeichen deuten auch auf einen weiteren Rückgang hin. Eine Rezession ist jedoch noch nicht sicher. Die Verlangsamung resultiert einerseits vom Häusermarkt und von den Zinsen, deren Erhöhung sich nun mit etwas Verzögerung durchzuschlagen beginnt. Ich bin persönlich kein Anhänger einer Rezession. Es kommt im Schnitt alle 10 Jahre zu einer globalen Rezession, diese wäre also erst zur Wende des Jahrzehnts zu erwarten.
Die Wachstumsverlangsamung könnte deutlicher ausfallen, als die Märkte es bisher erwarten, denn die USA ist nicht alleine. Auch große Teile Asiens, außerhalb Chinas, tendieren dazu. Es sind vor allem jene Volkswirtschaften, deren Produktion mit den niedrigen Preisen aus China auf Grund der gestiegenen Arbeits- und Rohstoffpreise unter Druck kommt. Dies schmerzt dort sehr und in Folge geht in jenen Gebieten die Investitionstätigkeit zurück. Zu diesen Staaten gehört beispielsweise Südkorea. Ich glaube außerdem, dass auch Japan in den nächsten 6 bis 12 Monaten konjunkturell enttäuschen wird. Gleichwohl ich von den positiven strukturellen Veränderungen überzeugt bin, muss man doch klar sehen, dass in Japan viel am Export und der privaten Nachfrage der Haushalte hängt. Die immens hohe Sparquote von 20% in den frühen 80er Jahren ist, wenn man die gleiche Berechnungsmethode zu Grunde legt, auf dem Stand der USA angelangt. Ich bin davon überzeugt, dass sie hier ihren Tiefpunkt gefunden hat und somit von dieser Seite keine weitere Unterstützung für den Konsum kommen wird.
Kommen wir zu Europa. Hier sind zwei Faktoren bestimmend. Einerseits gibt es an der Peripherie (Spanien, Irland etc.) relativ hohe Inflation und viel zu niedrige Zinsen, daher herrscht hier ein weitgehender Boom. Im Zentrum Europas (Frankreich, Italien, etc.) sind die Wachstumsraten auch gut, hier resultiert das primäre Wachstum von den Exporten und in Deutschland und Italien kommt es verstärkt zu vorgezogenen Käufen auf Grund der Mehrwertsteuererhöhung zum 1. Januar 2007. Diese Entwicklung wird sich in der ersten Jahreshälfte 2007 ins Negative umkehren.
Wir sehen also global ein sehr verzogenes Wirtschaftsbild, die Entwicklung geht weit über die USA hinaus. Man muss jedoch auch einbeziehen, dass das globale Wachstum nun nach drei Jahren des Booms leicht zurückgeht.
Für die USA wird entscheidend sein, was mit ihrer Währung passiert. Über die vergangenen drei Jahre, besonders in den letzten zwei, tendierte der Wechselkurs EUR/USD in einer relativ engen Handelspanne von 1,17 bis 1,36 und bis vor zwei Wochen glaubte man, es würde so bleiben. Bis Ende des Jahres 2004 waren die Marktteilnehmer überwiegend bärisch für den US-Dollar eingestellt. Nun hat der Wechselkurs allerdings diesen Korridor verlassen und beginnt seit knapp zwei Wochen zu bröckeln. Schuld am Kursverfall des US-Dollar waren die schlechter als erwarteten US-Konjunkturdaten.
Kurzfristig ist die Entwicklung der Währung ein sehr entscheidender Punkt, sollte der Wechselkurs auf neue Höhen von 1,37 oder 1,40 ansteigen, dann denke ich, dass die Märkte ihre Einstellung zu diversen Dingen verändern werden. Wenn sich die Entwicklung weiter dramatisch zuspitzen sollte, also beispielsweise der Euro auf 1,50 zum US-Dollar steigt, (was ich jedoch nicht prognostiziere), dann könnten die Dinge in den USA sich ernsthaft verändern. Es würde die Inflation über die gestiegenen Exportpreise wieder in die Höhe schnellen und damit auch die Zinsen am langen Ende nach oben laufen. Die Notenbank könnte dann die Zinsen nicht so weit senken wie sie möchte und würde daher der Konjunktur vermutlich hinterher laufen. Global betrachtet würde zudem ein Anstieg der asiatischen Währungen und des Euros zu einem negativen Druck auf die Exporte in die USA führen, was schlussendlich in eine Rezession enden könnte. Dies ist jedoch nicht mein bevorzugtes Szenario, aber eine Alternative, wenn der US-Dollar weiter an Wert verliert.
Rohstoff-Spiegel: Wie beurteilen Sie die Situation am amerikanischen Immobilienmarkt? Die Blase könnte man mittlerweile als geplatzt bezeichnen. Doch der Konsum scheint noch nicht darauf zu reagieren. Hatten die ganzen Schwarzseher in den vergangenen Jahren unrecht mit deren Auswirkungen?
F. Zulauf: Ich lebe einige Zeit des Jahres in den USA und schaue mir dort den Immobilienmarkt seit geraumer Zeit genau an. Vor etwa einem Jahr endete die Übertreibungsphase, damals war der Eigenheimsektor ein ganz klarer Verkäufermarkt, und es kamen auf einen Verkäufer bis zu 20 Käufer. Heute ist die Situation umgekehrt. Man muss jedoch bei der Analyse des Immobilienmarktes zwischen gewerblich und privat genutzten Immobilien unterscheiden. Das Problem besteht nur bei den Eigenheimen, also Eigentumswohnungen und Einfamilienhäusern.
Es besteht dort mittlerweile ein ganz dramatischer Überhang an unverkauften Objekten. In den Boomregionen wie Las Vegas, Florida und dergleichen wird weiterhin gebaut und der Angebotsüberhang wird damit eher größer als kleiner. Diese Entwicklung erlaubt keine Preiserholung, wobei man auch berücksichtigen muss, dass der Rückgang noch nicht sehr stark ist. So ist die Preissteigerungsrate im 12-Monats-Vergleich von + 10 % Anfang des Jahres auf mittlerweile - 2 % gefallen. Dies ist im eigentlichen Sinne noch kein Einbruch, sondern nur eine Situation, in der die Vorstellungen der Verkäufer von den Käufern nicht erfüllt werden. Das Ausmaß der Transaktionen ist um mehr als die Hälfte im Vergleich zur Boomzeit 2005 zurückgegangen. Es sitzen also viele potentielle Verkäufer auf ihren Häusern und senken ihre Preise nicht, weil sie auf eine Preiserholung warten.
So enden Korrekturphasen jedoch in der Regel nicht! Es benötigt dazu normalerweise einen Ausverkauf. Die Unterhaltskosten für die Eigentümer lassen deren rote Zahlen mit der Zeit immer roter werden. Wenn die Preise sich nun nicht erholen, dann werden sie letztendlich die Nerven verlieren und bereit sein, zu niedrigeren Angeboten zu verkaufen. Früher oder später wird es so kommen, aber es ist fraglich, wann es zu dieser Entwicklung kommt.
Sollten die Zinsen in Folge eines weiteren Einbruchs des US-Dollar nach oben gehen, so würde dies selbstverständlich zu einer Rückkopplung am Immobilienmarkt führen und diesen nach unten drücken. Wenn sich jedoch die Währung stabilisiert und die Zinsen weiter südwärts tendieren, dann könnte der Markt das aktuelle Niveau durchaus einpendeln. Die Probleme würden dann erst auftauchen, wenn die Zinsen in der nächsten konjunkturellen Beschleunigungsphase deutlich zu steigen beginnen. Mit dieser Aufwärtsphase in der Konjunktur reche ich 2008/09.
Ich stimme durchaus zu, dass der Eigenheimmarkt gedreht hat, aber er muss nicht gradlinig nach unten gehen. Wir haben einen ersten Schlag gesehen. Sollte dieser aufgefangen werden, so könnte sich der Markt für die nächsten ein bis zwei Jahre beruhigen, bis es dann schließlich bei steigenden Zinsen im späteren Verlauf dieses Jahr-zehnts gefährlich wird.
Der 1950 geborene Felix Zulauf gilt als profunder Kenner der Finanzmärkte. Seit etwa 30 Jahren verwaltet er Anlagegelder weltweit. Nach Zwischenstationen bei den Schweizer Großbanken SBC und UBS gründete der Schweizer 1990 seine eigene Vermögensverwaltung, die Zulauf Asset Management AG, um seine eigenen Ideen erfolgreich umzusetzen. Der medienscheue Banker mit Guru-Status gilt weltweit als einer der großen strategischen Denker in der Finanzszene und gehört neben Marc Faber zu den einzigen zwei Europäern beim jährlichen Round-Table des Finanzmagazins Barron’s.
Rohstoff-Spiegel: Droht uns in den USA in den nächsten Monaten ernsthaft eine Rezession oder erleben wir aktuell nur eine kleine Wachstumsdelle?
F. Zulauf: Im Moment ist das Wachstum noch recht ordentlich, der Trend verlangsamt sich jedoch und die Vorzeichen deuten auch auf einen weiteren Rückgang hin. Eine Rezession ist jedoch noch nicht sicher. Die Verlangsamung resultiert einerseits vom Häusermarkt und von den Zinsen, deren Erhöhung sich nun mit etwas Verzögerung durchzuschlagen beginnt. Ich bin persönlich kein Anhänger einer Rezession. Es kommt im Schnitt alle 10 Jahre zu einer globalen Rezession, diese wäre also erst zur Wende des Jahrzehnts zu erwarten.
Die Wachstumsverlangsamung könnte deutlicher ausfallen, als die Märkte es bisher erwarten, denn die USA ist nicht alleine. Auch große Teile Asiens, außerhalb Chinas, tendieren dazu. Es sind vor allem jene Volkswirtschaften, deren Produktion mit den niedrigen Preisen aus China auf Grund der gestiegenen Arbeits- und Rohstoffpreise unter Druck kommt. Dies schmerzt dort sehr und in Folge geht in jenen Gebieten die Investitionstätigkeit zurück. Zu diesen Staaten gehört beispielsweise Südkorea. Ich glaube außerdem, dass auch Japan in den nächsten 6 bis 12 Monaten konjunkturell enttäuschen wird. Gleichwohl ich von den positiven strukturellen Veränderungen überzeugt bin, muss man doch klar sehen, dass in Japan viel am Export und der privaten Nachfrage der Haushalte hängt. Die immens hohe Sparquote von 20% in den frühen 80er Jahren ist, wenn man die gleiche Berechnungsmethode zu Grunde legt, auf dem Stand der USA angelangt. Ich bin davon überzeugt, dass sie hier ihren Tiefpunkt gefunden hat und somit von dieser Seite keine weitere Unterstützung für den Konsum kommen wird.
Kommen wir zu Europa. Hier sind zwei Faktoren bestimmend. Einerseits gibt es an der Peripherie (Spanien, Irland etc.) relativ hohe Inflation und viel zu niedrige Zinsen, daher herrscht hier ein weitgehender Boom. Im Zentrum Europas (Frankreich, Italien, etc.) sind die Wachstumsraten auch gut, hier resultiert das primäre Wachstum von den Exporten und in Deutschland und Italien kommt es verstärkt zu vorgezogenen Käufen auf Grund der Mehrwertsteuererhöhung zum 1. Januar 2007. Diese Entwicklung wird sich in der ersten Jahreshälfte 2007 ins Negative umkehren.
Wir sehen also global ein sehr verzogenes Wirtschaftsbild, die Entwicklung geht weit über die USA hinaus. Man muss jedoch auch einbeziehen, dass das globale Wachstum nun nach drei Jahren des Booms leicht zurückgeht.
Für die USA wird entscheidend sein, was mit ihrer Währung passiert. Über die vergangenen drei Jahre, besonders in den letzten zwei, tendierte der Wechselkurs EUR/USD in einer relativ engen Handelspanne von 1,17 bis 1,36 und bis vor zwei Wochen glaubte man, es würde so bleiben. Bis Ende des Jahres 2004 waren die Marktteilnehmer überwiegend bärisch für den US-Dollar eingestellt. Nun hat der Wechselkurs allerdings diesen Korridor verlassen und beginnt seit knapp zwei Wochen zu bröckeln. Schuld am Kursverfall des US-Dollar waren die schlechter als erwarteten US-Konjunkturdaten.
Kurzfristig ist die Entwicklung der Währung ein sehr entscheidender Punkt, sollte der Wechselkurs auf neue Höhen von 1,37 oder 1,40 ansteigen, dann denke ich, dass die Märkte ihre Einstellung zu diversen Dingen verändern werden. Wenn sich die Entwicklung weiter dramatisch zuspitzen sollte, also beispielsweise der Euro auf 1,50 zum US-Dollar steigt, (was ich jedoch nicht prognostiziere), dann könnten die Dinge in den USA sich ernsthaft verändern. Es würde die Inflation über die gestiegenen Exportpreise wieder in die Höhe schnellen und damit auch die Zinsen am langen Ende nach oben laufen. Die Notenbank könnte dann die Zinsen nicht so weit senken wie sie möchte und würde daher der Konjunktur vermutlich hinterher laufen. Global betrachtet würde zudem ein Anstieg der asiatischen Währungen und des Euros zu einem negativen Druck auf die Exporte in die USA führen, was schlussendlich in eine Rezession enden könnte. Dies ist jedoch nicht mein bevorzugtes Szenario, aber eine Alternative, wenn der US-Dollar weiter an Wert verliert.
Rohstoff-Spiegel: Wie beurteilen Sie die Situation am amerikanischen Immobilienmarkt? Die Blase könnte man mittlerweile als geplatzt bezeichnen. Doch der Konsum scheint noch nicht darauf zu reagieren. Hatten die ganzen Schwarzseher in den vergangenen Jahren unrecht mit deren Auswirkungen?
F. Zulauf: Ich lebe einige Zeit des Jahres in den USA und schaue mir dort den Immobilienmarkt seit geraumer Zeit genau an. Vor etwa einem Jahr endete die Übertreibungsphase, damals war der Eigenheimsektor ein ganz klarer Verkäufermarkt, und es kamen auf einen Verkäufer bis zu 20 Käufer. Heute ist die Situation umgekehrt. Man muss jedoch bei der Analyse des Immobilienmarktes zwischen gewerblich und privat genutzten Immobilien unterscheiden. Das Problem besteht nur bei den Eigenheimen, also Eigentumswohnungen und Einfamilienhäusern.
Es besteht dort mittlerweile ein ganz dramatischer Überhang an unverkauften Objekten. In den Boomregionen wie Las Vegas, Florida und dergleichen wird weiterhin gebaut und der Angebotsüberhang wird damit eher größer als kleiner. Diese Entwicklung erlaubt keine Preiserholung, wobei man auch berücksichtigen muss, dass der Rückgang noch nicht sehr stark ist. So ist die Preissteigerungsrate im 12-Monats-Vergleich von + 10 % Anfang des Jahres auf mittlerweile - 2 % gefallen. Dies ist im eigentlichen Sinne noch kein Einbruch, sondern nur eine Situation, in der die Vorstellungen der Verkäufer von den Käufern nicht erfüllt werden. Das Ausmaß der Transaktionen ist um mehr als die Hälfte im Vergleich zur Boomzeit 2005 zurückgegangen. Es sitzen also viele potentielle Verkäufer auf ihren Häusern und senken ihre Preise nicht, weil sie auf eine Preiserholung warten.
So enden Korrekturphasen jedoch in der Regel nicht! Es benötigt dazu normalerweise einen Ausverkauf. Die Unterhaltskosten für die Eigentümer lassen deren rote Zahlen mit der Zeit immer roter werden. Wenn die Preise sich nun nicht erholen, dann werden sie letztendlich die Nerven verlieren und bereit sein, zu niedrigeren Angeboten zu verkaufen. Früher oder später wird es so kommen, aber es ist fraglich, wann es zu dieser Entwicklung kommt.
Sollten die Zinsen in Folge eines weiteren Einbruchs des US-Dollar nach oben gehen, so würde dies selbstverständlich zu einer Rückkopplung am Immobilienmarkt führen und diesen nach unten drücken. Wenn sich jedoch die Währung stabilisiert und die Zinsen weiter südwärts tendieren, dann könnte der Markt das aktuelle Niveau durchaus einpendeln. Die Probleme würden dann erst auftauchen, wenn die Zinsen in der nächsten konjunkturellen Beschleunigungsphase deutlich zu steigen beginnen. Mit dieser Aufwärtsphase in der Konjunktur reche ich 2008/09.
Ich stimme durchaus zu, dass der Eigenheimmarkt gedreht hat, aber er muss nicht gradlinig nach unten gehen. Wir haben einen ersten Schlag gesehen. Sollte dieser aufgefangen werden, so könnte sich der Markt für die nächsten ein bis zwei Jahre beruhigen, bis es dann schließlich bei steigenden Zinsen im späteren Verlauf dieses Jahr-zehnts gefährlich wird.