Interview mit David Smith: Inflation und die Fortsetzung der Goldrally nach der Sommerflaute
30.05.2018 | Mike Gleason
Mike Gleason: Ich darf heute David Smith, den Chefanalysten des Börsenbriefs The Morgan Report, zu einem Interview begrüßen. David, schön, dass Sie wieder bei uns sind!
Sie haben in dieser Woche einen Artikel über Inflation veröffentlicht, der genau zur richtigen Zeit erschienen ist. Die Edelmetallpreise leiden derzeit unter der Rally des US-Dollars und an der Wall Street wird viel über die gute Performance des Dollars in den letzten Wochen gesprochen. Dabei konzentrieren sich die Trader aber ausschließlich auf die Entwicklung des Dollars gegenüber anderen Währungen.
Sie und ich wissen allerdings, dass es darauf nur begrenzt ankommt. Was wirklich zählt, ist nicht, wie viele Euros oder Yen man mit einem Dollar kaufen kann, sondern wie viel Benzin, wie viele Lebensmittel etc. Und die Realität ist, dass das von Jahr zu Jahr weniger wird. Die Inflation ist nicht zu bestreiten, ob man sie nun als Ausweitung der Geldmenge oder als Anstieg des allgemeinen Preisniveaus definiert.
Die Edelmetalle haben also nachgegeben, weil der Dollar stärker war als die Fremdwährungen. Die Tatsache, dass man für einen Dollar mehr Yen bekommt, wird von den Märkten stärker honoriert als die Tatsache, dass man für einen Dollar weniger Öl kaufen kann. Die aktuelle Situation wird fast wie eine Deflation bewertet, doch Fakt ist, dass die Inflationsraten positiv sind und beginnen zu steigen. Wie lange wird es dauern, bis der Wall Street klar wird, was wirklich geschieht?
David Smith: Die Analysten der Wall Street achten in erster Linie auf die Entwicklung der Wechselkurse, weil sich diese auf die Profitabilität von Unternehmen auswirkt, die international tätig sind oder Waren importieren. Für sie ist der Wert des Dollars gegenüber anderen Währungen entscheidend.
Der Rest von uns ist dagegen mit den unmittelbaren Folgen der Inflation konfrontiert, da unsere alltäglichen Ausgaben steigen. Wir leben also gewissermaßen in einem anderen Universum als die Wall Street. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber mir ist aufgefallen, dass die Preise für Dienstleistungen deutlich gestiegen sind. Im Lebensmittelhandel sind viele Preise stabil geblieben, abgesehen von den üblichen saisonalen Schwankungen, aber in anderen Branchen scheinen sie sich zu erhöhen. Das verringert natürlich unsere Kaufkraft. Es ist ein schleichender, allmählicher Prozess, und er wirkt sich keineswegs zu unseren Gunsten aus.
Mike Gleason: Ja, mit Sicherheit. Jeder kann bezeugen, dass viele Dinge immer teurer werden. Doch die Märkte interessieren sich offenbar kaum für den Kaufkraftverlust des Dollars, sondern hauptsächlich für seine Entwicklung gegenüber anderen Währungen. Wie sie geschrieben haben, ist die Inflation für die meisten von uns eine zerstörerische Kraft. Den Machthabern ist es allerdings hervorragend gelungen, Inflation bis zu einem gewissem Grad als positiv für einen Wirtschaftsraum darzustellen.
Sie selbst waren jedoch viel in Südamerika unterwegs und konnten sehen, was in Ländern wie Argentinien vor sich geht. Ich schätze, dass die Regierung dort nicht mehr darüber spricht, wie wunderbar es ist, wenn Ihr Geld von Jahr zu Jahr weniger wert ist. Das würde selbstverständlich niemand mehr glauben. In Venezuela müssen viele Menschen sogar Hunger leiden und die Gewalt nimmt zu.
Kürzlich waren Sie erneut in Südamerika. Berichten Sie uns ein wenig über die Realität der Inflation in diesen Ländern. Was geschieht, wenn das Vertrauen der Bevölkerung in die eigene Währung verloren geht?
David Smith: Es ist ein äußerst heimtückischer Prozess, der letzten Endes das soziale Gefüge eines Landes zerreißt. Inflation fördert alle möglichen Arten von Fehlinvestitionen und die Leute beginnen, Dinge zu kaufen, die sie gar nicht benötigen, weil sie ihr Geld lieber in etwas stecken, mit dem sie später vielleicht noch Tauschhandel treiben können. Ich habe Menschen gesehen, die fünf Kühlschränke besitzen. Die Nachfrage wird so in völlig unproduktive Richtungen gelenkt.
In Südamerika sind diese Probleme altbekannt. Als der sehr zukunftsorientierte Mauricio Macri vor einigen Jahren in Argentinien zum Präsidenten gewählt wurde, liefen die Dinge gut. Es gibt allerdings ein Problem: Macri muss mit der Zunahme des Geldangebots unter seiner Amtsvorgängerin Cristina Kirchner fertig werden.
Die Folgen dessen kommen erst mit Verzögerung zum Tragen und werden nun nach und nach in allen Bereichen der Wirtschaft spürbar. Das bringt viele Probleme mit sich, die zu großen Teilen nicht Macris Schuld sind, aber bei der Wahl im nächsten Jahr wird er dafür vielleicht trotzdem bezahlen müssen. Womöglich wählen die Argentinier dann jemanden, der ihnen das Gleiche gibt wie zuvor - mehr Inflation und die fortschreitende Zerstörung ihrer Währung.
Das Traurige ist, dass das im Laufe des letzten Jahrhundert in Argentinien schon mehrmals passiert ist. Die Menschen haben daher gelernt, ihr Geld nicht in Form von Pesos aufzubewahren. Sie kaufen entweder irgendwelche Dinge damit oder tauschen es in den vermeintlich sicheren US-Dollar. Man kann in Argentinien sogar Bankkonten in US-Dollar führen. Doch als es das letzte Mal wirklich eng wurde für die Banken, haben sie diese Dollars ohne Genehmigung der Kontobesitzer einfach in Pesos umgewandelt.
Das ist erst ein paar Jahre her. Obwohl die Menschen also Maßnahmen ergriffen hatten, die sich angesichts der Inflation als ziemlich hilfreich erwiesen hätten, wurde ihnen in der letzten Minute von den Banken selbst ein Strich durch die Rechnung gemacht. Das war natürlich illegal, doch was hätte man schon tun können? Die Konten wurden dadurch praktisch wertlos.
Sie haben in dieser Woche einen Artikel über Inflation veröffentlicht, der genau zur richtigen Zeit erschienen ist. Die Edelmetallpreise leiden derzeit unter der Rally des US-Dollars und an der Wall Street wird viel über die gute Performance des Dollars in den letzten Wochen gesprochen. Dabei konzentrieren sich die Trader aber ausschließlich auf die Entwicklung des Dollars gegenüber anderen Währungen.
Sie und ich wissen allerdings, dass es darauf nur begrenzt ankommt. Was wirklich zählt, ist nicht, wie viele Euros oder Yen man mit einem Dollar kaufen kann, sondern wie viel Benzin, wie viele Lebensmittel etc. Und die Realität ist, dass das von Jahr zu Jahr weniger wird. Die Inflation ist nicht zu bestreiten, ob man sie nun als Ausweitung der Geldmenge oder als Anstieg des allgemeinen Preisniveaus definiert.
Die Edelmetalle haben also nachgegeben, weil der Dollar stärker war als die Fremdwährungen. Die Tatsache, dass man für einen Dollar mehr Yen bekommt, wird von den Märkten stärker honoriert als die Tatsache, dass man für einen Dollar weniger Öl kaufen kann. Die aktuelle Situation wird fast wie eine Deflation bewertet, doch Fakt ist, dass die Inflationsraten positiv sind und beginnen zu steigen. Wie lange wird es dauern, bis der Wall Street klar wird, was wirklich geschieht?
David Smith: Die Analysten der Wall Street achten in erster Linie auf die Entwicklung der Wechselkurse, weil sich diese auf die Profitabilität von Unternehmen auswirkt, die international tätig sind oder Waren importieren. Für sie ist der Wert des Dollars gegenüber anderen Währungen entscheidend.
Der Rest von uns ist dagegen mit den unmittelbaren Folgen der Inflation konfrontiert, da unsere alltäglichen Ausgaben steigen. Wir leben also gewissermaßen in einem anderen Universum als die Wall Street. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber mir ist aufgefallen, dass die Preise für Dienstleistungen deutlich gestiegen sind. Im Lebensmittelhandel sind viele Preise stabil geblieben, abgesehen von den üblichen saisonalen Schwankungen, aber in anderen Branchen scheinen sie sich zu erhöhen. Das verringert natürlich unsere Kaufkraft. Es ist ein schleichender, allmählicher Prozess, und er wirkt sich keineswegs zu unseren Gunsten aus.
Mike Gleason: Ja, mit Sicherheit. Jeder kann bezeugen, dass viele Dinge immer teurer werden. Doch die Märkte interessieren sich offenbar kaum für den Kaufkraftverlust des Dollars, sondern hauptsächlich für seine Entwicklung gegenüber anderen Währungen. Wie sie geschrieben haben, ist die Inflation für die meisten von uns eine zerstörerische Kraft. Den Machthabern ist es allerdings hervorragend gelungen, Inflation bis zu einem gewissem Grad als positiv für einen Wirtschaftsraum darzustellen.
Sie selbst waren jedoch viel in Südamerika unterwegs und konnten sehen, was in Ländern wie Argentinien vor sich geht. Ich schätze, dass die Regierung dort nicht mehr darüber spricht, wie wunderbar es ist, wenn Ihr Geld von Jahr zu Jahr weniger wert ist. Das würde selbstverständlich niemand mehr glauben. In Venezuela müssen viele Menschen sogar Hunger leiden und die Gewalt nimmt zu.
Kürzlich waren Sie erneut in Südamerika. Berichten Sie uns ein wenig über die Realität der Inflation in diesen Ländern. Was geschieht, wenn das Vertrauen der Bevölkerung in die eigene Währung verloren geht?
David Smith: Es ist ein äußerst heimtückischer Prozess, der letzten Endes das soziale Gefüge eines Landes zerreißt. Inflation fördert alle möglichen Arten von Fehlinvestitionen und die Leute beginnen, Dinge zu kaufen, die sie gar nicht benötigen, weil sie ihr Geld lieber in etwas stecken, mit dem sie später vielleicht noch Tauschhandel treiben können. Ich habe Menschen gesehen, die fünf Kühlschränke besitzen. Die Nachfrage wird so in völlig unproduktive Richtungen gelenkt.
In Südamerika sind diese Probleme altbekannt. Als der sehr zukunftsorientierte Mauricio Macri vor einigen Jahren in Argentinien zum Präsidenten gewählt wurde, liefen die Dinge gut. Es gibt allerdings ein Problem: Macri muss mit der Zunahme des Geldangebots unter seiner Amtsvorgängerin Cristina Kirchner fertig werden.
Die Folgen dessen kommen erst mit Verzögerung zum Tragen und werden nun nach und nach in allen Bereichen der Wirtschaft spürbar. Das bringt viele Probleme mit sich, die zu großen Teilen nicht Macris Schuld sind, aber bei der Wahl im nächsten Jahr wird er dafür vielleicht trotzdem bezahlen müssen. Womöglich wählen die Argentinier dann jemanden, der ihnen das Gleiche gibt wie zuvor - mehr Inflation und die fortschreitende Zerstörung ihrer Währung.
Das Traurige ist, dass das im Laufe des letzten Jahrhundert in Argentinien schon mehrmals passiert ist. Die Menschen haben daher gelernt, ihr Geld nicht in Form von Pesos aufzubewahren. Sie kaufen entweder irgendwelche Dinge damit oder tauschen es in den vermeintlich sicheren US-Dollar. Man kann in Argentinien sogar Bankkonten in US-Dollar führen. Doch als es das letzte Mal wirklich eng wurde für die Banken, haben sie diese Dollars ohne Genehmigung der Kontobesitzer einfach in Pesos umgewandelt.
Das ist erst ein paar Jahre her. Obwohl die Menschen also Maßnahmen ergriffen hatten, die sich angesichts der Inflation als ziemlich hilfreich erwiesen hätten, wurde ihnen in der letzten Minute von den Banken selbst ein Strich durch die Rechnung gemacht. Das war natürlich illegal, doch was hätte man schon tun können? Die Konten wurden dadurch praktisch wertlos.