Axel Merk: Anstieg der Inflation und der Edelmetallpreise
06.06.2018 | Mike Gleason
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Sie haben es aber auch nicht eilig. Letztes Jahr hat die Fed die Zinsen zum ersten Mal stärker angehoben, als die Märkte zu Beginn des Jahres eingepreist hatten. Ich denke, dass das auch in diesem Jahr wieder geschehen kann. In den letzten rund zehn Tagen sind die Zinserwartungen der Märkte deutlich gesunken, zum Teil natürlich auch aufgrund der Entwicklungen in Italien. 85% der US-Wirtschaft sind jedoch inländisch und nur 15% der Unternehmen agieren international. Wenn Europa nicht unmittelbar vor dem Zusammenbruch steht, wird die Fed ihren Kurs meiner Meinung nach also vorerst nicht ändern. Noch ein Wort zu Italien. Das Land hatte ungefähr eine neue Regierung pro Jahr. Selbst wenn es zu Neuwahlen kommt, und selbst wenn eine populistische Regierung die Macht übernimmt, ist es wahrscheinlich, dass diese nicht lange überleben wird. Es ist zudem nicht sicher, ob die beiden populistischen Parteien überhaupt einen gemeinsamen Nenner finden können, weil sie ideologisch unterschiedlich ausgerichtet sind. Es kann also viel passieren und die Fed wird sich davon nicht weiter beeinflussen lassen. Die Notenbanker werden sich sagen, dass sie ihren Kurs immer noch ändern können, wenn es irgendwo tatsächlich zu einem Crash kommt.
Darin unterscheidet sich die heutige Fed deutlich von der Fed unter Janet Yellen, die Anfang 2016 äußerst besorgt über einen Rückgang der Aktienmärkte war. Grund dafür waren damals Befürchtungen, dass die Kreditknappheit der Fracking-Branche auf den Rest der Wirtschaft übergreifen könnte. Zum aktuellen Zeitpunkt sehen wir jedoch keine Hinweise auf eine Verknappung der Kredite, daher steht zu erwarten, dass der straffere geldpolitische Kurs vorerst fortgesetzt wird.
Was bedeutet das nun für die Edelmetalle? Es muss nicht notwendigerweise negative Konsequenzen für die Gold- und Silberpreise mit sich bringen, weil die geldpolitische Straffung nur sehr langsam erfolgt. Übrigens sind auch die Arbeitslosenzahlen mittlerweile sehr niedrig und sogar die Erwerbsbeteiligungsquote steigt allmählich. Ich denke, dass wir den "Puffer" in etwa sechs Monaten aufgebraucht haben werden und der Inflationsdruck von da an zunehmen wird.
Das wird genau an dem Punkt geschehen, an dem die Geldpolitik der Fed beginnt, die Wirtschaft auszubremsen. Wir werden meiner Ansicht nach also gegen Ende dieses Konjunkturzyklus eine Erhöhung der Inflationsraten erleben und die Fed wird wahrscheinlich nicht schnell genug darauf reagieren können. Zudem werden die höheren Zinsen die Volatilität an den Märkten ansteigen lassen.
All das sind Trends, die in der Vergangenheit dafür sorgten, dass sich die Edelmetalle gegen Ende eines Konjunkturzyklus immer vergleichsweise gut entwickelten. Das werden wir also voraussichtlich in etwa einem Jahr wieder erleben.
Mike Gleason: Ja, gut erklärt. Wollen Sie noch andere Entwicklungen und Trends kommentieren, die Sie in diesem Jahr besonders genau beobachtet haben oder noch beobachten werden, bevor wir zum Ende des Interviews kommen?
Axel Merk: Am 14. Juni findet eine Sitzung der EZB statt. Das ist kurzfristig wahrscheinlich das interessanteste Ereignis. Doch was auch immer dabei herauskommt, Mr. Draghi wird sich definitiv weiterhin alle Optionen offenhalten, d. h. er wird nicht das Ende der quantitativen Lockerungen verkünden. Er hätte früher vielleicht eine Chance dazu gehabt, aber angesichts der aktuellen Entwicklungen in Italien ist das vorerst vom Tisch.
Die EZB hatte zudem angedeutet, dass sie zuerst das QE-Programm beenden wird, bevor sie beginnt, die Zinsen in der Eurozone wieder anzuheben. Es würde mich aber nicht wundern, wenn sie in dieser Hinsicht flexibler würde, d. h. wenn sie den Leitzins erhöht ohne QE zu beenden. Sollte die Krise eines Tages eskalieren, wird Mr. Draghi a.k.a. Mr. "Was auch immer nötig ist" nicht zulassen, dass die Renditen der italienischen Anleihen zu stark steigen und zu diesem Zweck weiterhin in das Marktgeschehen eingreifen.
Doch meiner Meinung nach muss die EZB zumindest von den negativen Zinsen wegkommen, weil diese verheerende Schäden im Rest der Eurozone anrichten, dem es wirtschaftlich eigentlich ziemlich gut geht. Draghi könnte also ein weiteres Ass aus seinem Ärmel ziehen und sagen "Ja, die Zinsen werden steigen, aber nur in Deutschland und den nordeuropäischen Staaten, während wir garantieren, dass sich die Zinsen für Italien und andere Länder nicht erhöhen."
Doch bevor wir uns zu weiteren Prognosen versteigen, sollten wir bedenken, dass Draghis Amtszeit Ende nächsten Jahres vorüber ist. Ende dieses Jahres werden daher die Spekulationen darüber beginnen, wer seine Nachfolge antritt. Doch das ist eine Geschichte für einen anderen Tag.
Mike Gleason: Wunderbar, Axel. Wir bedanken uns dafür, dass Sie Ihre Sicht auf diese Dinge mit uns geteilt haben und freuen uns schon auf das nächste Gespräch. Sagen Sie unseren Zuhörern und Lesern zum Schluss doch bitte noch, wo sie mehr über Ihre Arbeit und Ihr Unternehmen erfahren können.
Axel Merk: Sicher. Mein Unternehmen heißt Merk Investments und auf unserer Webseite können Sie auch unseren Newsletter abonnieren. Unter @AxelMerk können Sie mir auf Twitter folgen, um immer auf dem Laufenden zu bleiben. Wir betreiben mehrere Fonds, u. a. auch einen Goldfonds, und wir bieten verschiedene Dienstleistungen für institutionelle und andere Investoren an. Besuchen Sie einfach MerkInvestments.com und sehen Sie sich um.
Mike Gleason: Nochmals vielen Dank, Axel. Genießen Sie den Sommer und bis bald.
Axel Merk: Gern geschehen.
© Mike Gleason
Money Metals Exchange
Der Artikel wurde am 01. Juni 2018 auf www.moneymetals.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.