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Warum die Renditekurve vor einer Rezession die Richtung ändert

19.06.2018  |  Steve Saville
Es folgt ein Auszug aus einem Kommentar, der ursprünglich auf www.speculative-investor.com veröffentlicht wurde.

Die gängige Meinung ist, dass eine Inversion der Renditekurve (kurzfristige Zinsen, die über langfristige Zinsen steigen) signalisiert, dass eine Rezession bevorsteht; aber das entspricht nur so weit der Wahrheit, dass eine Rezession zu jeder Zeit bevorsteht. Eine Umkehr der Renditekurve von einer Abflachung zu einer Steigerung ist ein deutlich nützlicheres Signal.

Eine Inversion der Renditekurve bedeutet in Wirklichkeit, dass die Zinssituation extrem geworden ist. Jedoch weiß niemand, wie extrem sie noch werden wird, bis schließlich die Grenze der Belastbarkeit erreicht wurde. Des Weiteren folgten Japans aktuellste Rezessionen auf keine invertierten Renditekurven - auch wenn es jeweils eine Umkehrung der Renditekurve vor den letzten sieben US-Rezessionen gab. Und es gibt keinerlei Garantie dafür, dass kurzfristige Zinsen im Verhältnis zu den langfristigen Zinsen stark genug steigen werden, um eine Invertierung der Renditekurve vor der nächsten US-Rezession zu verursachen. Tatsächlich kann man das gute Argument aufführen, dass der Beginn der nächsten US-amerikanischen Rezession aufgrund der außergewöhnlichen Geldpolitik der letzten Jahre nicht auf eine invertierte Renditekurve folgen wird.

Vorherige Umkehrungen der US-Renditekurve fanden bis zu 18 Monate vor dem Beginn einer Rezession statt. Und wie oben erwähnt, ist es möglich, dass es keine Umkehrung der Renditekurve vor der nächsten Rezession geben wird. Deshalb möchten wir uns nicht auf eine invertierte Renditekurve verlassen, um ein rechtzeitiges Warnsignal vor der nächsten Rezession oder Finanzkrise zu erhalten. Jedoch kann uns die Renditekurve eine bessere - wenn auch noch immer imperfekte - Warnung vor der Rezession/Krise in Form einer bestätigten Trendumkehr von abflachend zu steigend geben.

Es gibt zwei Gründe, dass eine Umkehrung der Renditekurve von abflachend zu steigend ein nützlicheres Warnsignal vor einer Rezession/Krise ist. Erstens: Sie ist rechtzeitiger. Zweitens: Es sollte funktionieren, egal ob sich die Renditekurve umkehrt oder nicht.

Nun, von einem praktischen Spekulationsstandpunkt aus ist es nicht wichtig zu verstehen, warum sich die Renditekurve vor größeren, wirtschaftliche Problemen von flach zu steigend invertiert. Es reicht, wenn man weiß, dass sie das tut. Wenn Sie jedoch verstehen, warum sich die Richtung der Kurve vor den vorherigen Rezessionen umgekehrt hat, werden Sie verstehen, warum sie sich in Zukunft vielleicht nicht rechtzeitig umkehren sollte oder könnte. Wenn die Geldpolitik die Umkehrung der Renditekurve vor einer Rezession verhindern könnte, dann könnte sie auch verhindern, dass sie ihre Richtung wie zuvor in der Vergangenheit ändert.

Um das warum zu verstehen, muss man zuerst begreifen, dass die Boom-Phase des Zyklus durch die kurzfristige Kreditaufnahme für die langfristige Kreditvergabe charakterisiert wird. Das übt Druck auf die kurzfristigen Zinsen im Verhältnis zu den langfristigen Zinsen aus; es führt also zu einer Abflachung der Kurve. Wenn der Boom voll entwickelt ist und sich seinem Ende nähert, wird es ein Gerangel um kurzfristige Finanzierungen geben, um zum einen Projekte zu vervollständigen, die begonnen wurden, als die monetären Umstände einfacher waren und zum anderen, um Geldknappheiten zu beheben, die dadurch entstanden sind, dass die vervollständigten Projekte nicht die erwarteten Cashflows geliefert haben. Das drückt die kurzfristigen Zinsen im Verhältnis zu den langfristigen Zinsen weiter nach oben und könnte - jedoch nicht notwendigerweise - die Renditekurve zur Umkehr bewegen.

Wenn sich der Boom seinem Ende nähert, wird die Anzahl an Kreditausfällen steigen und die Möglichkeiten Profit aus kurzfristigem Fremdkapital zu schlagen, werden abnehmen. Das wird auf Gelegenheitsbeobachter, Zentralbanker, den durchschnittlichen Volkswirtschaftler und die Mehrheit der Kommentatoren am Finanzmarkt wirken, als sei alles in Ordnung. Jedoch wird es nun für einen wichtigen Großteil scharfsinniger Operatoren (Investoren, Spekulanten und Financiers) offensichtlich sein, dass die Mehrheit der Investitionen, die durch Jahre des einfachen Geldes unterstützt wurden, schlecht durchdacht waren. Diese Operatoren werden sich in Richtung "Liquidität" und weg vom Risiko verlagern.

Das zunehmende Verlangen nach einer Kombination aus Sicherheit und Liquidität führt zu einer größeren Nachfrage nach Bargeld und Gold. Wichtiger in diesem Fall ist jedoch, dass es die Nachfrage nach kurzfristigen Staatsschulden im Vergleich zu langfristigen Staatsschulden anregt (und damit Abwärtsdruck auf kurzfristige Zinsen im Verhältnis zu langfristigen Zinsen ausübt). Der Grund dafür ist, dass das Risiko einer nachteiligen Preisbewegung geringer ausfällt, je kürzer der Zeitraum der Staatsschulden ist.

Wenn man der US-Regierung beispielsweise 10 Milliarden Dollar durch den Kauf einer 3-monatigen Schatzanweisung leiht, dann wird man in drei Monaten etwas besitzen, dass den Wert von 10 Milliarden Dollar besitzt. Wenn man der US-Regierung jedoch 10 Milliarden Dollar durch den Kauf einer 10-Jahres-Schatzanweisung leiht, wird man in drei Monaten etwas besitzen, das entweder viel mehr oder viel weniger als 10 Milliarden Dollar wert ist.

Nebenbemerkung: Das, was ein Investor, der darauf fokussiert ist, Liquidität zu steigern, wirklich möchte, ist Bargeld. Wenn er jedoch Milliarden Dollar besitzt, ist Bargeld keine realisierbare Option. Der Grund dafür ist, dass man das Bargeld auf einer Bank deponieren müsste; was wiederum bedeutet, dass der Investor das Geld einer Bank leiht und das Risiko eines massiven Verlustes aufgrund einer möglichen Bankenpleite auf sich nimmt. Der US-Regierung Geld zu leihen ist die sichere Option.

Zusammengefasst ist es zum Großteil das Verlangen nach größerer Liquidität und Sicherheit, das am Ende des Booms die Abflachung der Renditekurve beendet und deren Steigerung beginnt. Wie von den Ereignissen der letzten Jahre dargelegt, besitzt die Zentralbank eine erhebliche Macht, das Ende eines Booms hinauszuzögern. Aber letztlich wird eine Grenze erreicht werden und dann wird sich der Trend der Renditekurve von abflachend zu steigend verlagern.


© Steve Saville
www.speculative-investor.com



Regelmäßige Finanzmarktprognosen und -analysen stehen auf unserer Webseite www.speculative-investor.com zur Verfügung. Zurzeit bieten wir keine kostenlosen Probeabos an, aber Gratisbeispiele unserer Arbeit (Auszüge aus unseren regelmäßig erscheinenden Kommentaren) können Sie unter www.speculative-investor.com/new/freesamples.html abrufen.

Dieser Artikel wurde am 18. Juni 2018 auf www.spekulative-investor.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.


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