Michael Pento: "Das Platzen der globalen Schuldenblase ist unvermeidlich"
05.09.2018 | Mike Gleason
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Im Moment ist die Kurve nur 21-22 Basispunkte von der Inversion entfernt. Es fehlen vielleicht nur ein oder zwei Zinsschritte von jeweils 25 Basispunkten, bevor es zur Umkehr kommt. An diesem Punkt, gegen Jahresende, wird der US-Leitzins - die Federal Funds Rate - unverändert bei etwa 2,5% bleiben. Ich gehe davon aus, dass die Federal Reserve im September und im Dezember jeweils eine weitere Zinserhöhung beschließt. Dann wird die Rendite der langfristigen Staatsanleihe auf das Niveau von 2016 zurücksinken, als sie bei etwa 1,4% lag, und die Zinskurve wird eine sehr, sehr steile Umkehr aufweisen. Warum ist das so wichtig? Weil dann das Kreditangebot versiegt. Der Liquiditätshahn wird abgedreht. Anders gesagt: Wenn die Banken auf Einlagen und kurzfristig am Geldmarkt aufgenommene Kredite (Commercial Papers) mehr Zinsen zahlen müssen, als ihre Aktiva, d. h. die von ihnen vergebenen Kredite, Erträge generieren, hören sie auf Geld zu verleihen. Der Treibstoff der Spekulationsblasen an den Finanzmärkten versiegt und es kommt zu einer Rezession. Auf diesem Weg befinden wir uns.
Mike Gleason: Die sogenannte Trump-Rally an den Aktienmärkten ist in großen Teilen auf die Aktienrückkäufe vieler Unternehmen zurückzuführen, die zu diesem Zweck sehr günstig Geld geliehen haben. Das war nur aufgrund der äußerst niedrigen Zinsen möglich. Infolgedessen hat die Nachfrage nach Aktien stark zugenommen und die Kurse erhielten zusätzliche Unterstützung. Denken Sie, dass sich dies nun ändern wird, wenn die Zinsen weiter steigen und die Unternehmen dann nicht mehr die gleichen günstigen Kreditkonditionen bekommen wie zuvor? Könnte das der Tropfen sein, der das Fass zum Überlaufen bringt und das Ende der langen Hausse an den Aktienmärkten einleitet?
Michael Pento: Das ist einer der Punkte, die mir mit Blick auf den Herbst dieses Jahres Sorgen machen. Tatsächlich kommen im Herbst verschiedene Faktoren zusammen, die die Aktienkurse meiner Meinung nach sinken lassen werden. Auf CNBC hört man immer wieder, dass die Aktien billig sind, weil das Kurs-Gewinn-Verhältnis gemessen am erwarteten Gewinn des nächsten Jahres im Schnitt nur bei 17 liegt. Sie betrachten dabei aber nur den Gewinn je Aktie und das Kurs-Gewinn-Verhältnis, ohne die Gründe für die Werte zu analysieren. Wie Sie schon gesagt haben - diese beruhen zum großen Teil auf schuldenfinanzierten Aktienrückkäufen.
Kurse in Höhe des 17-Fachen der künftigen Gewinne sind übrigens nicht günstig, vor allem dann nicht, wenn sie eine Folge von neuen Schulden sind. In den USA hat die Unternehmensverschuldung gemessen am Bruttoinlandsprodukt ein Rekordhoch erreicht und die Unternehmen haben diese Schulden verwendet, um ihre eigenen Aktien zurückzukaufen.
Wenn man auch andere Kennzahlen wie das Kurs-Umsatz-Verhältnis, mittlere KGVs oder die Gesamtmarktkapitalisierung im Verhältnis zum BIP heranzieht, dann ist das heute der teuerste Markt, den es je gab. Ich fürchte, dass sich die Gewinne je Aktie ab Herbst und im nächsten Jahr alles andere als positiv entwickeln werden. Statt Jahr für Jahr um 25% zu steigen, wird sich das Plus im niedrigen einstelligen Bereich bewegen und der Grund dafür werden die steigenden Kreditkosten und der stärkere Dollar sein.
Das Gewinnwachstum je Aktie wird sich meiner Ansicht nach dramatisch verringern und die Vergleiche zum Vorjahr werden erschreckend ausfallen. Damit wird eine wichtige Stütze der Wirtschaft und der Erholung an den Märkten wegfallen.
Mike Gleason: Präsident Trump sorgte kürzlich für Schlagzeilen, weil er sich kritisch über die Straffung der Geldpolitik durch die Fed äußerte. Das ist interessant, weil Trump als Präsidentschaftskandidat Janet Yellen und die Notenbank noch dafür kritisierte, dass sie zu politisch seien. Er warf ihnen vor, die Zinsen auf Geheiß von Präsident Obama künstlich niedrig zu halten, um den Demokraten und Hillary Clinton zum Wahlsieg zu verhelfen. Er schien das Problem einer zu lockeren Geldpolitik zu erkennen und erwähnte sogar Gold als ehrliches Geld das ein oder andere Mal.
Als Präsident hat Trump allerdings eine 180-Grad-Wende hingelegt. Jetzt wünscht er sich Unterstützung durch die Fed. Wir können davon ausgehen, dass die politische Lage und die bevorstehenden Wahlen ihn dazu veranlassen, den Druck auf den Fed-Vorsitzenden Jerome Powell zu erhöhen. Was halten Sie von der Kritik Trumps? Glauben Sie, dass das Folgen haben wird? Immerhin war bislang praktisch mit Sicherheit davon auszugehen, dass in diesem Jahr noch zwei Zinsanhebungen folgen werden. Sollten wir unsere Erwartungen nun anpassen?
Michael Pento: Ich weiß nicht. Angesichts der Sitzungsprotokolle des letzten Treffens hat es fast den Anschein, als würde Jerome Powell etwas von dem strafferen geldpolitischen Kurs abrücken. Er sagte, dass der Handelskrieg ihnen Sorgen bereitet, aber wissen Sie, die Fed hat gar keine Wahl. Die jährliche Inflationsrate ist auf 2,9% gestiegen und liegt damit deutlich über dem illusorischen Ziel von 2%, das sich die Notenbanker gesetzt haben. Ihnen bleibt nicht anderes übrig als darauf zu reagieren, wenn sie keinen steilen Anstieg der langfristigen Zinsen riskieren wollen.
Und das wäre so ziemlich das Letzte, was sie brauchen. Ein Anstieg der Zinsen würde zwar bedeuten, dass sich die Zinsstrukturkurve nicht umkehrt, aber dafür würde er einen Einbruch der Immobilienmärkte mit sich bringen, die ohnehin nur künstlich am Leben gehalten werden.