Tritt Regel 589 in Kraft? (Teil1/2)
03.10.2018 | Prof. Dr. Hans J. Bocker
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Alle ruhen friedlich vereint im Mausoleum der bewegten Finanzgeschichte und warten geduldig auf die Neuankömmlinge, allen voran Dollar und Euro. Umgekehrt warten die Edelmetallinvestoren auf den erlösenden Anstieg der Preise, der den sich global rapide verschlechternden Konditionen und Umständen in den Bereichen Finanzen, Verschuldung, Sozialpolitik, Kriegsvorbereitungen, Energieversorgung und dem Säbelrasseln der Großmächte und ihrer Vasallen entsprechen würde.
Der Goldpreis dümpelt im Bereich von 1250 $ und der Silberpreis in der Gegend von 14 bis 16 $ pro Unze herum - und liegt zeitweilig sogar unter den Produktionskosten. Steigt oder fällt Gold um 3 $ und Silber um 50 Cents löst das in den Finanzmedien bereits Sensationsmeldungen aus. Beide Metalle scheinen in den letzten drei Jahren in eine Art tiefen Winterschlaf gefallen zu sein - außer einigen extrem gedämpften Schnarchtönen ist nichts zu vernehmen.
Eine Untersuchung des französischen Edelmetallanalysten und Währungschronisten Cyrille Jubert könnte in diese Marktidylle etwas neues Leben und ein wenig mehr an Stimmung bringen; ganz besonders, was die Chancen für Silber betrifft. So könnte nach all den Jahren preisdrückerischer Manipulationen der Wall Street die COMEX-Regel 589 demnächst Anwendung finden. In Kraft ist diese Regel formell bereits seit dem 22. Dezember 1914. Sollte sie tatsächlich benutzt werden, könnte der Silberpreis theoretisch den Preis des Goldes erreichen (siehe CyrilleJubert.com).
Jedenfalls würde dann Silber den klebrigen Schlammtümpel des Manipulationssumpfes endlich verlassen und der Endlosfrust wiche Endlosjubel aus der Brust. Dieser Jubel der Lust wäre wohl begründet, denn 2017 fiel der gesamte Wert des Silbers (also physisch, Münzen, Barren und ETFs, in die investiert wurden) um rund 40%. Und investiert wurden 2,6 Milliarden $ für das gesamte Jahr. In den ersten sechs Monaten 2018 wurden jedoch bereits 27,3 Milliarden $ in Silber investiert; ein sehr ermutigendes Zeichen. Der Silberpreis verblieb jedoch, dank Manipulationen an der COMEX, noch immer im Bereich von etwa 16 $ pro Unze.
Hierbei erinnere man sich der eisernen Faustregel - sie gilt für alle Investoren im Edelmetallbereich bzw. in der gesamten Edelmetallbranche: Was man nicht physisch selbst hält, verbürgt kein Eigentum, bestenfalls ein zweifelhaftes Versprechen, mehr aber auch nicht. Die USA haben ihre 2 Milliarden Unzen, die sie nach WK II hielten (entsprach damals der Weltproduktion von zwölf Jahren), verplempert, den Bullionbanken geschenkt oder zur Preisdrückung genutzt. Und der amerikanische Anteil am globalen BIP fiel wie gesagt von damals 51% auf heute 17%.
Damit nicht genug. Im Juli 1965 verbot Präsident Johnson das Silber (das war der dicke Wall-Street-Günstling, der als erste Amtshandlung Kennedys Gesetzesentwurf zur Einführung eines echten staatlichen Dollars zu Fall brachte und den Vietnamkrieg als kriechender Diener der Rüstungsindustrie zu immer neuen Höhen trieb).
Aus den Erfahrungen dieser bitteren Jahre stammt denn auch die große Erkenntnis, die sich alle NATO-Generäle in ihre mit Steuergeldern dick gepolsterten Brieftaschen und Notizbücher in mehrfachen Kopien und sogar in Blindenschrift stecken und schreiben sollten: Ein vom sog. tiefen Staat so dringend gewünschter Landkrieg in Asien ist von keiner westlichen Macht zu gewinnen - nicht einmal mit frisch gedruckten Dollarbergen in der doppelten Größe des Matterhorns. Wenn schon das kleine, verarmte Vietnam die erste Weltmacht in die Knie zwang, wieviel mehr schafft dann die Doppelgroßmacht aus China und Russland - auch wenn diese bei jeder neuen Sanktion ein wenig zusammenzuckt?
Allein den Gesichtsverlust, den China wegen des betrügerischen Verlustes der 5000 t Goldleihe durch Wall Street & Co erlitt, werden die an dieser Stelle überempfindlichen Chinesen Amerika nie verzeihen. Gesichtsverlust entspricht in ihrem Kulturverständnis in etwa dem, was uns im Westen einem Kapitalverbrechen gleicht. Umso bedeutender ist Pekings Weltmonopol im Bereich der Seltenen Erden als mögliches Druckmittel im Konfliktfall.
Hinzu kommt eine Art Silbermonopol der BRICS-Staaten. Indien kaufte im Laufe dieses Jahres mehr als die Hälfte der Weltproduktion in Höhe von 860 Millionen Unzen - sie erwarben also etwa 500 Millionen Unzen des ökonomisch unverzichtbaren Industriemetalls Silber. Und die Chinesen und Russen beschafften sich, was am Markt sonst noch irgendwie und irgendwo zu erhalten war.
Ohne Seltenen Erden und ohne Silber bleibt die moderne Welt der Industrie, und ganz besonders die anspruchsvolle Hochtechnologie, rasch stehen.
Hat der Westen nennenswerte Minen für Seltenen Erden? Die letzte Mine in den USA (Mountain Pass) wurde vor drei Jahren aus Rentabilitätsgründen geschlossen. Würde der zufällige Fund eines S.E.-Vorkommens im Westen helfen? Nein, denn die Chinesen produzieren auf jeden Fall wirtschaftlicher und effizienter. Nicht umsonst erklärte der Nachfolger Maos in seiner Antrittsrede selbstbewusst in weiser Vorausschau: "Der Mittlere Osten hat das Öl, Amerika hat Bankenpaläste, Gelddruckmaschinen und einen gigantischen Militärapparat, der ab einer gewissen Grenze nicht mehr finanzierbar ist. Aber wir haben die Seltenen Erden"!