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Was die US-Mint mit Saudi-Arabien zu schaffen hatte

26.12.2018  |  John Paul Koning
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Die Briefe, die Boosel als Antwort auf seine Fragen erhielt, deuteten weiterhin darauf hin, dass diese Scheiben von der US-Mint im Namen der arabischen Regierung produziert wurden. Das Gold hatten die Saudis vom US-amerikanischen Finanzministerium erworben, indem US-Dollar zu Gold und zu einer gesetzlich festgelegten Rate von 35 Dollar umgewandelt wurden.

Damals gab es innerhalb der USA noch immer einen Goldstandard. Das goldene Fenster war zu dieser Zeit also noch geöffnet. Die Saudis baten die US-Mint darum, das Gold, das sich in ihrem Besitz befand, zu diesen Scheiben zu formen. Das war nicht der erste Auftrag, den die Prägestätte für Saudi-Arabien übernommen hatte, wies einer von Boosels Briefpartner hin. Zuvor hatte diese silberne Riyal-Münzen sowie kupferne "Girshs" produziert.

Doch Boosel war genervt. Auch wenn er einen Großteil der Rätsel bezüglich der mysteriösen saudischen Goldscheiben aufdecken konnte, so wusste er noch immer nicht, warum diese letztlich in Auftrag gegeben wurden. Seine Frustration war derartig groß, dass er seinen Artikel mit seiner eigenen Lieblingstheorie beendete: Dass die US-Mint die Scheiben für ARAMCO produziert hatte.

Boosel erzählt uns, dass Gold während und nach dem Krieg knapp war, also wurde es zu einem höheren - beinahe dem doppelten - Aufpreis gegenüber seinem offiziellen Preis von 35 Dollar gehandelt. Das entspricht der Wahrheit. ARAMCO wollte keinen derartig hohen Preis für Gold bezahlen, behauptet er, und wandte sich demnach an Vater Staat, um an die Scheiben zu kommen. Boosel stellte keine Dokumente zur Verfügung, um seine Behauptung zu unterstützen.

Boosels aufgestellte ARAMCO-Theorie ist seitdem ein Teil der akzeptierten Hintergrundgeschichte der Scheiben geworden. Ein Artikel der New York Times aus dem Jahr 1991, der sich mit den Scheiben befasste, vermerkte beispielsweise das Folgende:

"ARAMCO bat um Unterstützung der US-amerikanischen Regierung. Konfrontiert mit der Aussicht von wesentlichen Mengen des mittelöstlichen Öls abgeschnitten zu werden oder hohe Preiszunahmen des arabischen Rohöls in Kauf nehmen zu müssen, prägte die Regierung 91.120 große Goldscheiben, die mit dem amerikanischen Adler und den Worten "US-Mint Philadelphia" versehen waren. ARAMCO zahlte für die Prägung und die Bullion. Die Münzen wurden dann nach Saudi-Arabien verschifft."

In den 2000er Jahren griffen Münzwebseiten Boosels ARAMCO-Theorie eifrig wieder auf. Kann man ihnen Vorwürfe machen? Eine Verbindung zur Ölbranche verleiht der Hintergrundgeschichte der Scheiben etwas mehr Würze. Und ein provokativer Hintergrund kann ihren Marktpreis steigern. Auch wenn eine Scheibe aus dem Jahr 1945 nur etwas weniger als eine Unze Gold enthielt, wird sie an der APMEX dennoch für 2.749 US-Dollar verkauft.

Eine normale Goldmünze enthält eine Unze Gold. Der American Eagle beispielsweise wird derzeit für etwa 1.250 US-Dollar verkauft. Der Markt verknüpft also offensichtlich einen sehr hohen Aufpreis mit der Seltenheit und der einzigartigen Geschichte der saudischen Goldscheiben.


Neue Dokumente tauchen auf

Die ARAMCO-Geschichte ist sicherlich plausibel, aber ich halte sie nicht für sachlich. Das Federal Reserve Archival System for Economic Research, oder kurz FRASER, ein relativ neues Archiv, beherbergt mehrere Dokumente, die Aufschluss über die Scheiben geben. Das umfasst unter anderem eine Vielzahl an klassifizierten Diskussionen zwischen Offiziellen der Federal Reserve und des Finanzministeriums über den Goldmarkt, die zwischen dem Ende des Krieges und bis 1950 stattfanden. Diese Informationen waren für Boosel noch nicht verfügbar, als er seine Nachforschungen anstellte.

Boosel liegt sicherlich richtig damit, dass ARAMCO das Gold benötigte, um Öl zu bezahlen. Als der saudische Monarch Ibn Saud und ARAMCO ihren Vertrag im Jahr 1933 unterzeichneten, legten die Bedingungen der Vereinbarung fest, dass ARAMCO der saudischen Regierung für jede Tonne produzierten Öls eine Gebühr von vier Goldschillingen zu entrichten hatte. Diese Menge war in Gold-Sovereigns zu zahlen, einer britischen Münze, die zu dieser Zeit weitläufig im Nahen Osten zirkulierte. Jeder Sovereign enthielt 0,2354 Unzen Gold.

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Britischer Gold-Sovereign von 1893


Der Sovereign war jedoch eingestellt worden. Zum größten Teil hatten die Briten bis zum Jahr 1917 aufgehört, diese Münzen zu prägen, also war deren Angebot begrenzt. Die FRASER-Dokumente bieten uns mehrere Momentaufnahmen, wie ARAMCO verzweifelt versuchte, an alte Gold-Sovereigns heranzukommen. Im Jahr 1948 wandte man sich an die Zentralbank Argentiniens, mit dem Angebot, deren Bestand an Sovereigns zu erwerben. Im Jahr 1950 tat man das Gleiche dann mit der südafrikanischen Regierung.

Es scheint demnach logisch, dass ARAMCO angesichts der Seltenheit dieser Sovereigns eine Vereinbarung mit dem US-Finanzministerium schloss, Goldscheiben produzieren zu lassen. Dass diese Scheiben als Ersatz für Sovereigns galten, wird von der Tatsache unterstrichen, dass die Prägestätte in Philadelphia die Variante aus dem Jahr 1947 mit den gleichen Spezifikationen eines britischen Sovereign produzierte. Sowohl der Sovereign als auch die Scheiben enthalten 0,2354 Unzen Gold und besitzen einen Feinheitsgrad oder Reinheit von 0,9167.


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