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"Not A Bear Among Them"

22.02.2007  |  Claus Vogt
Das hoch angesehene US-Finanzmarktmagazin Barron’s lädt jedes Jahr eine Gruppe der bekanntesten Wall Street-Strategen zu einem Gespräch am runden Tisch, um seinen Lesern die Gedanken und Prognosen dieser erlauchten Runde vorzustellen. Anlässlich der Jahreswende 1972/73 wählte das Magazin die oben zitierte Überschrift ("Kein einziger Bär unter ihnen"), und brachte damit die euphorische Stimmung jener Tage auf den Punkt.

Der US-Aktienmarkt erreichte im Januar 1973 einen wichtigen Hochpunkt und begann eine fast zweijährige Baisse, in deren Verlauf die Kurse rund 50% abstürzten.

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S&P500, 1970 bis 1975. Quelle: Bloomberg
Zur Jahreswende 1972/73 war die Börsenstimmung ähnlich zuversichtlich wie 2006/07.


Dieselbe Überschrift hätte Barron’s auch für die diesjährige Gesprächsrunde zum Jahreswechsel auswählen können. Denn auch zur Jahreswende 2006/07 zeigte sich ein ausgeprägter Börsen- und Wirtschaftsoptimismus der Teilnehmer.

Das ist allein deshalb schon erstaunlich, weil die laufende zyklische Börsenhausse jetzt bereits ins fünfte Jahr geht. Damit hat sie längst ein Greisenalter erreicht, das in der Vergangenheit nur sehr selten überschritten wurde. Noch erstaunlicher ist diese extrem weit verbreitete Zuversicht allerdings aufgrund der deutlichen Signale, die für eine baldige Rezession in den USA sprechen.


Sanfte Landung oder Rezession?

In der Dezember-Ausgabe der Performance habe ich Ihnen unter anderem die zahlreichen Argumente vorgestellt, die für eine im Jahr 2007 beginnende Rezession in den USA sprechen. Laut dem von Hedgefondsmanager John P. Hussman entwickelten Rezessionsindikator beträgt die Wahrscheinlichkeit einer bereits im 1. Halbjahr 2007 beginnenden Rezession 79%. Und die Wahrscheinlichkeit, dass die Rezession irgendwann im Lauf des Jahres losgeht, beläuft sich sogar auf 92%.

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Der von John P. Hussman entwickelte Rezessionsindikator, 1968 bis 2006. Quelle: www.hussmanfunds.com
Er gibt die Wahrscheinlichkeit einer Rezession in den kommenden sechs Monaten mit 79% an.
Derselbe Indikator gibt einer Rezession in den kommenden 12 Monaten eine Wahrscheinlichkeit von 92%.


Über die Bedeutung der Zinsstrukturkurve als Rezessionsindikator habe ich Sie an dieser Stelle bereits mehrfach aufmerksam gemacht. Sie ist weiterhin invers, das heißt die kurzfristigen Zinsen sind höher als die langfristigen. In Kombination mit einigen anderen Indikatoren, die ich Ihnen in den vergangenen Monaten vorgestellt habe, signalisierte diese Konstellation in der Vergangenheit immer eine bevorstehende Rezession. Wird es dieses Mal anders sein? Und wird sich der Rest der Welt unbeeindruckt zeigen?


"Wenn Amerika niest, bekommt Europa eine Grippe"

An diesem altbekannten Zusammenhang wird heutzutage massiv gezweifelt. Ich bin an diesem Punkt sehr viel vorsichtiger und nicht bereit, über lange Zeit bestehende Zusammenhänge leichtfertig als obsolet zu erklären. An die immer wieder postulierte Abkopplung Europas von den USA werde ich erst dann glauben, wenn sie tatsächlich sichtbar werden sollte.

Diese konservative Sichtweise halte ich zusätzlich aufgrund einiger Entwicklungen in Europa und anderen Teilen der Welt für angemessen. Beispielsweise befinden sich fast alle Notenbanken weltweit in einer Zinsanhebungsphase und die europäische Zinsstrukturkurve ist zwar nicht invers, verläuft aber sehr flach. Früher waren steigende Zinsen für die Wirtschaft und die Aktienmärkte bekanntlich Gift. Und dafür gab und gibt es gute Gründe.

Schließlich basiert die gesamte "Wirtschaftssteuerung" - liberale Denker sprechen zu Recht von staatlichen Manipulationen der Wirtschaft - der Notenbanken darauf, dass sie mit Zinssenkungen die Wirtschaft ankurbelt und mit Zinserhöhungen die Wirtschaft bremst. Weshalb dieser schlichte Mechanismus heute nicht mehr gelten soll, kann ich nicht nachvollziehen.

Außerdem haben wir in der Bundesrepublik Deutschland gerade die größte Steuererhöhung erlebt. Auch diese Maßnahme hat laut Lehrbuch eine bremsende Wirkung auf das Wirtschaftsgeschehen. Weshalb soll auch dieser Zusammenhang heute nicht mehr gelten?

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US-Zinsstrukturkurve. Quelle: Bloomberg
Die Grafik zeigt die Höhe der Zinsen in Abhängigkeit von der Restlaufzeit. Die horizontale Achse beginnt bei drei Monaten und
endet bei zehn Jahren. Die obere Linie zeigt die Zinsstruktur vom 30. Januar 2007, die untere die vom 30. Januar 2006.
In der Vergangenheit signalisierte eine inverse Zinsstrukturkurve verlässlich bevorstehende Rezessionen.



"Der Weg zur Knechtschaft"

Interessant ist diese Steuererhöhung einer großen Koalition übrigens weit über den aktuellen Anlass hinaus. Sie demonstriert dem Wähler, der sehen und hören will, in klarer Anschaulichkeit den Grundkonsens der politischen Klasse, der ganz offensichtlich lautet: "Mehr Staat um jeden Preis."

Wohin diese Reise führt, hat der große Ökonom Friedrich August von Hayek in seinem Buch "Der Weg zur Knechtschaft" bereits vor Jahrzehnten überzeugend und anschaulich beschrieben. Der östliche Teil Deutschlands und seine östlichen Nachbarn sind diesen Weg bereits einmal bis zum Ende gegangen. Eine von der Postbank in Auftrag gegebene Allensbach-Umfrage zeigt allerdings, dass viele Bürger sich durchaus über den eingeschlagenen Weg im Klaren sind. Fast jeder Sechste befürchte Altersarmut, 46% hielten sich für nicht ausreichend abgesichert und fast 90% haben das Vertrauen in die gesetzliche Renten-"versicherung" verloren - die bekanntlich keine Versicherung ist, sondern ein gigantischer Umverteilungsmechanismus, der von der Hand in den Mund lebt.


Sie müssen ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen

Wer seinen Wohlstand halten oder sogar mehren möchte, kommt an den Finanzmärkten nicht vorbei - einen Begriff, den ich hier so verwende, dass er auch Rohstoffe und Edelmetalle umfasst. Sie müssen Ihr finanzielles Schicksal selbst in die Hand nehmen - soweit der wuchernde Staat es Ihnen erlaubt - und Ihre eigene Altersvorsorge aufbauen. Die permanente staatlich verursachte Geldentwertung, unter der wir seit Jahrzehnten leiden, macht Ihnen diese Aufgabe allerdings sehr schwer. Da Zinserträge zusätzlich besteuert werden - und die Freibeträge wurden gerade drastisch gekürzt - hat der ehrliche Sparer allerdings kaum eine Chance zum Vermögensaufbau. Er sieht sich gezwungen, vom einfachen Sparer zum (Klein)-Anleger zu werden. Nur so ist es möglich, das doppelte Hindernis Inflation und Steuern zu überwinden.




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