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Der Tag der Abrechnung

20.04.2007  |  Theodore Butler
Ich bleibe bei meiner neuen Angewohnheit, die E-Mails meiner Leser öffentlich zu beantworten. Ich möchte ein Thema ansprechen, zu dem sich mehr Fragen angehäuft haben, als zu irgendeinem anderen - so wie es sein soll. Die Fragen drehen sich um die Manipulation des Silbers, von der ich behaupte, sie existiert. Während ich versuche, über alle Aspekte des Silbermarktes zu schreiben, um Silber ordnungsgemäß als eine Investitionsform darzustellen, ist es schon lange offensichtlich, dass der Silberpreis künstlich unten gehalten wird, anders als die Kräfte des Marktes es diktieren würden. Falls meine Behauptung, dass am Silbermarkt manipuliert wird, zutrifft, dann ist dies wohl der bei weitem entscheidende Faktor. Was könnte wichtiger sein, als die Frage, ob ein Markt frei ist oder nicht?

Ich erhalte Fragen, die sich hauptsächlich um folgende Themen drehen: Was ist, wenn der COMEX und die CFTC den ganzen Markt schließen und alle Verträge für null und nichtig erklären? Was passiert, wenn COMEX und CFTC einfach schließen und, wie es auch bei LME mit Nickel geschah, den Kontrakt für nicht erfüllt erklären? Wäre es nicht möglich, dass die "Shorts" einfach den Bankrott erklären und sich davon machen? Was, wenn sie "Shorts" das richtige Silber besitzen und gar nicht "nackt" sind? Ist der Silbermarkt nicht wie die anderen Märkte, die auch alle manipuliert sind? Warum kann diese Art von Beeinflussung nicht ewig existieren? Bevor ich diese ganzen Fragen beantworten werde, möchte ich meine Sicht auf die Manipulation darlegen.

Vor mehr als 20 Jahren fing ich an in die Tiefen des Silbermarktes herabzusteigen, seine Funktionsweise, die Fakten hinter den Zahlen kennen zu lernen und hinter das Langzeit-Defizit sowie die hieraus resultierenden leeren Depots zu schauen. Während dieser ganzen Zeit passte eine Sache nicht ins Gesamtbild: Der Preis. Seit fast zwei Jahrzehnten konnte die Produktion nicht mit dem Konsum Schritt halten, was das Abschöpfen der Depotbestände bis auf einen Stand von 2 Mrd. oz notwendig machte. Dennoch blieb der Durchschnittspreis unter 5 $/oz stehen. Wie kann das sein? Auf jeden Fall gab es hierfür keine legitimen Erklärungen, die mir der freie Markt hätte liefern können und die Sinn gemacht hätten.

Entweder waren die Produktions-, Verbrauchs- und Bestandsdaten falsch oder der Preis war ungenau. Die einzige sinnvolle Erklärung war, dass "irgendetwas" Einfluss ausübte und den Preis verfälschte. Wie ich erfahren sollte, hatte dieses Etwas übergroße Mengen konzentrierter Short-Positionen geliehen, meist an der COMEX Division des New York Mercantile Exchange. Inc. (NYMEX). Seit die Zeit des Silberleihens eigentlich vorbei ist, zumindest mit Blick auf das fehlende Silberangebot, bleibt als einziger Weg zur Manipulation nur noch die konzentrierten Short-Positionen. (Wir werden dennoch die Spätfolgen der Silberverleihungen und der entleerten Bestände zu spüren bekommen - eine ganze Zeit lag noch.).

Während die Preise über die letzten Jahre ganz offensichtlich aus ihren engen Spannen ausgebrochen sind, was den Langzeitanlegern zu Gute kommt, blieben die Short-Position bestehen und haben sich zum Teil noch stärker konzentriert. Deshalb, so mein Schluss, gibt es noch immer Manipulation. Mancher würde an dieser Stelle sagen, dass der Preisanstieg der letzten Jahre doch bedeute, dass nicht mehr manipuliert würde. Ich würde jenen gerne zustimmen, wenn die Short-Position auch mit dem Preisanstieg zurückgekauft oder dagegen geliefert worden wären. Das ist jedoch nicht passiert.

Manche würden auch meinen, dass die Short-Positionen eigentlich egal seien, da zu jeder Short-Position auch eine Long-Position gehöre. Das ist offen gesagt Blödsinn. Zu lang gehört auch immer kurz - wenn dies der Fall wäre, wer bräuchte dann noch ein Rohstoffmarktgesetz oder eine Verschärfung dessen? Die Geschichte hat doch ganz deutlich gezeigt, dass die Tatsache, dass eine Long-Position für eine Short-Position existiert, die Manipulation noch lange nicht unterbindet. Es ist tatsächlich manipuliert worden auf dem Silbermarkt genauso wie auf allen andern Märkten. Die Netto-Long-Positionen als auch die Netto-Short-Positionen eines jeden Rohstoff-Derivativ-Kontraktes setzen sich aus völlig unterschiedlichen Instanzen zusammen. Für einen Kontrakt braucht man einen "Long"-Halter als auch einen "Short"-Halter, das negiert oder neutralisiert jedoch nicht die jeweiligen Vertragsverpflichtungen, die die Instanz eingegangen ist. Die Aussage für jede "Long" gäbe es eine "Short" ist ohne Substanz und wirkt sich nicht strafmildernd auf die existierende Manipulation aus.

Und es ist nicht nur eine Frage nach der etwaigen Gesamtgröße der Short- oder Long-Position. Bitte lesen sie sorgfältig! Ich behaupte nicht, dass Silber manipuliert wird, nur weil große Mengen Short-Positionen existieren (obwohl das durchaus eine Betrachtungsweise wäre). Ich sage bloß: Die Manipulation existiert, da es eine hohe Konzentration auf der Short-Positionsseite gibt. Das Schlüsselwort ist hierbei "Konzentration", die wie folgt definiert wird: Konzentration ist ein großer und dominanter Anteil auf einer Seite des Marktes (Long oder Short), der von einer nur kleinen Anzahl von Händlern gehalten wird.

Mehr als andere Marktbeobachter habe ich schon selbst auf anderen Gebieten als Silber - nämlich Orangensaft - Erfahrungen mit Manipulationsvorwürfen sammeln können. Diese Vorwürfe von versuchter Manipulation (sie konnten kurze Zeit später ausgeräumt werden) drehten sich um eine konzentrierte Long-Position an der ich selbst Anteil hatte. Trotzdem ich mir wünschte nie darin verwickelt gewesen zu sein, war es dennoch etwas Besonderes sozusagen in erster Linie zu stehen. Es schärft und schult den Verstand und erteilt Lektionen, die man so schnell nicht vergisst. Die Schule der harten Schläge lehrt nun einmal mehr als die Universität oder ein Buch je vermitteln könnten. No pain, no gain. Aus dieser Einstellung heraus schreibe ich.





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