Gold und Silber in 2020: Bullenmärkte, keine Blasenmärkte
25.01.2020 | Prof. Dr. Thorsten Polleit
- Die Expansion der Weltwirtschaft wird auch in 2020 vermutlich noch weitergehen.
- Aber gleichzeitig steigen die Abwärtsrisiken, weil die Konjunkturen künstlich angetrieben werden durch extrem laxe Geldpolitiken, die Ungleichgewichte verursachen.
- Die Null- und Negativzinsen und die steigenden Vermögenspreise höhlen die Kaufkraft des Geldes weiter aus.
- In diesem Umfeld halten wir es für sehr wahrscheinlich, dass sich der Anstieg der Edelmetallpreise fortsetzen wird.
- Der Goldpreis hat Steigerungspotential bis auf knapp 1.700 USD/oz Ende 2020, der Silberpreis bis auf ungefähr 25 US/oz.
- Beim Platinpreis sehen wir Aufwärtspotential bis 1.256 USD/oz, beim Palladiumpreis hingegen Abwärtspotential auf 1.536 USD/oz.
- Anleger haben weiterhin gute Gründe, Gold und Silber als Teil ihrer liquiden Mittel zu halten:
- Denn diese Edelmetalle haben nicht nur Preissteigerungspotential, sondern sie versichern auch gegen mögliche Krisenverluste.
- Aus Anlegersicht können Gold und Silber daher als risikomindernd und renditeerhöhend für das Portfolio eingestuft werden.
Konjunktur bricht nicht ein
Im Januar 2018 lautete die Überschrift des Degussa Marktreports "Die Weltwirtschaft in 2018: Der Ikarus-Aufschwung geht weiter". Im Januar 2019 war der Titel "Der Ikarus-Aufschwung dauert an, die Abwärtsrisiken steigen". Auch mit Blick auf das Jahr 2020 halten wir am Bild des Ikarus fest: Die konjunkturelle Aufwärtsbewegung der Weltwirtschaft - angetrieben durch extrem niedrige Zinsen und anschwellende Geldmengen - scheint auch in diesem Jahr noch nicht abreißen zu wollen. Konjunkturverlangsamung möglicherweise ja, Rückfall in die Rezession nein - so lassen sich die Wirtschaftsaussichten der Welt - mit der gebotenen Vorsicht - vielleicht am treffendsten einstufen.
Doch wir wollen in der Überschrift, die der erste Degussa Marktreport des Jahres trägt - "Bullenmärkte, keine Blasenmärkte: Gold und Silber 2020" - die Konsequenz des Ikarus-Booms hervorheben, die immer deutlicher zutage tritt: Dass viele Märkte blasenhaft, inflationär aufgebläht werden, während die Märkte für Gold und Silber aus unserer Sicht von dieser Preisinflation noch nicht beziehungsweise nicht in diesem Ausmaß erfasst sind. Gold und Silber bergen vielmehr noch erhebliches Preissteigerungspotential, und die Edelmetalle sind auch eine Versicherung gegen die Tücken des ungedeckten Papiergeldsystems, das seit Jahren ungestraft für einen künstlichen Aufschwung antreibt.
Quelle: Thomson Financial, Internationaler Währungsfonds; Darstellung Degussa. Geschätzt für 2019, 2020 und 2021.
Niemand kann eine plötzliche Krise ausschließen; die Wahrscheinlichkeit für ein solches Szenario ist nicht null. Aber zum einen deuten die laufenden Konjunkturindikatoren (noch) nicht darauf hin, dass mit einer unmittelbar bevorstehenden Umkehr des Konjunkturverlaufs zu rechnen ist. Zum anderen - und das ist eine besonders wichtige Einsicht - haben die Zentralbanken die "Korrekturkräfte", die dem Ikarus-Aufschwung den Garaus machen könnten, mehr oder weniger ganz gezielt lahmgelegt. Und zwar indem sie die Kredit- und Kapitalkosten in den Volkswirtschaften mit aller Macht künstlich niedrig halten.
Kein Ende der Zinsrepression
Die Niedrigzinspolitik der großen Zentralbanken der Welt wird sehr wahrscheinlich auch im laufenden Jahr anhalten. Das gilt vor allem für den Euroraum und Japan. In den Vereinigten Staaten von Amerika ist die Wahrscheinlichkeit recht groß, dass die Leitzinsen noch etwas weiter gesenkt werden. Ebenfalls sehr wahrscheinlich ist, dass die chinesische Zentralbank die heimische Geldpolitik weiter lockern wird. Insgesamt ist damit zu rechnen, dass die Kapitalmarktzinsen weiterhin sehr niedrig bleiben beziehungsweise in einigen Währungsräumen sogar weiter fallen.