Was sind SDRs und könnten sie zur nächsten Weltreservewährung werden?
18.08.2020 | Jan Nieuwenhuijs
- Seite 4 -
Was ist der echte Wert dieser SDRs, wenn sie durch keine Währung gedeckt werden und es keinen Markt gibt, an dem sie gehandelt werden? Die Wahrheit ist, dass der echte Wert der SDRs "von den Bemühungen der Mitglieder abgeleitet wird, die SDRs gegen frei verfügbare Währungen einzutauschen." Wenn Mitgliedsländer also nicht darum bemüht sind, SDRs einzutauschen, so fällt deren echter Wert auf Null. Sicherlich wird weiterhin eine fiktionale Umtauschrate veröffentlicht werden - um als Recheneinheit zu dienen - doch die tatsächliche Umtauschrate läge bei Null.Der Volkswirtschaftler Fred Hirsch, führender Berater des IWFs (1966 bis 1972) veröffentlichte 1974 ein Essay mit dem Titel "Ein SDR-Standard: Impetus, Elemente und Einschränkungen." Hirsch schrieb, dass es "allgemein in akademischen wie auch offiziellen Kreisen anerkannt war, dass SDRs in ihrer aktuellen Form mangelhaft seien... als sichere und kontrollierte Basis der Weltgeldreserven zu fungieren." Weiterhin hieß es, dass "ein umfangreicheres SDR-System einen deutlichen Schritt hin zu einer Weltzentralbank darstellen würde."
Dem stimme ich zu. Vielleicht können die SDRs Erfolg haben, wenn deren Wesen erneut verändert wird. Die Welt würde sich vollkommen finanziell integrieren und alle Länder würden einer einzigen Weltzentralbank unterliegen, die die Geldpolitik aller ihrer Mitglieder kontrollieren könnte. Doch so etwas wird nicht passieren. Erstens: Es macht keinen Sinn. Zweitens: Der aktuelle Trend ist der finanzielle Zerfall. Werfen Sei nur eine Blick auf den Brexit und den Handelskrieg zwischen China und USA. Denken wir wirklich, dass die Welt einer neuen Weltzentralbank unterstehen wird, die "SDR 11.3.4" ausgeben wird? Und dass alle Nationen ihre geldpolitische Unabhängigkeit aufgeben werden? Das bezweifle ich.
Zudem kaufen Zentralbanken Gold oder führen es zurück ins Land. Die Motivation, Gold zu kaufen, ist es, sich weg von dem zu diversifizieren, was grenzenlos gedruckt werden kann. Goldrückführungen wurden 2015 vom Geschäftsführer der österreichischen Zentralbank, Peter Mooslechner, als "wirtschaftlicher Nationalismus" bezeichnet. Das ist eine passende Beschreibung für den aktuellen Trend.
Hirsch meinte zudem, dass Integration weder machbar noch wünschenswert wäre:
"Aktuell [1974] wird dieses Integrationsziel jedoch allgemein auf weltweiter Basis als nicht machbar angesehen (und einige Leute, mir eingeschlossen, würden es nicht als wünschenswert betrachten)."
Warum China SDRs bewirbt
Einige von Ihnen mögen nun denken: "Was sollte die ganze Aufregung, als der Yuan zu den SDRs hinzugefügt wurde? Finanzblogs sprachen von einem neuen Paradigma! Was ist mit dem Bericht von Zhou Xiaochuan, dem Gouverneur der People's Bank of China (PBoC), vom 23. März 2009, in dem die SDRs diskutiert wurden?"
Ja, Zhou schrieb, dass der IWF weniger auf den US-Dollar fokussiert sein sollte und beispielsweise stärkeren Fokus auf die SDRs legen sollte. Er schrieb:
"Eine äußerst souveräne Reservewährung, die von einer weltweiten Institution verwaltet wird, könnte sowohl dazu verwendet werden, um weltweite Liquidität zu erschaffen als auch zu kontrollieren. Man sollte besonders darüber nachdenken, den SDRs eine wichtigere Rolle zukommen zu lassen. Das wird eine politische Kooperation unter den Mitgliedsländer voraussetzen."
Zhous Bemerkungen laufen auf eine Überarbeitung der SDRs und eine Weltzentralbank hinaus, wie Hirsch sie bereits erwähnte. Das ist nicht machbar.
Meiner Ansicht nach erwähnt Zhou die SDRs als Köder. Es gibt zwei Gründe, warum die Chinesen gerne über SDRs sprechen.
Erstens: Die SDRs sind symbolisch. Chinas Ziel ist es, den Yuan als Handelswährung zu internationalisieren und ihn weltweit als Reservewährung akzeptiert zu sehen. Letztlich ist es Ziel, die chinesische Wirtschaft so zu hebeln, dass sie den Volkswirtschaften der internationalen Währungsemittenten wie den USA und der Eurozone gleichkommt. Eine Übernahme in die SDRs verschaffte dem Yuan das Genehmigungssignal zur Weltreservewährung. Das ist ein Grund, warum China die SDRs bejubelt.
Zweitens: Die Chinesen möchten die Rolle des US-Dollar in jeglicher Hinsicht mindern. Deshalb veröffentlicht China seine internationalen Reserven aktuell in US-Dollar und SDRs. Je mehr Aufmerksamkeit von den US-Einheiten abgewendet wird, desto besser.
Im Jahr 2016 änderte sich das Gewicht der chinesischen Goldanlagemünze Panda von 1 Unze zu 30 Gramm. Effektiv wurde das Gewicht der Münze von 31,103 Gramm auf 30 Gramm reduziert. Diese Veränderung war symbolisch sowie strategisch: Um so wenige US-Recheneinheiten zu verwenden wie möglich. Auch um den Wert so gut wie möglich "nicht in US-Dollar" zu benennen. Die Gewichtsanpassung der Panda-Münze optimierte sie zudem dazu, an der Shanghai Gold Exchange gehandelt zu werden, an der der Goldpreis in Yuan je Gramm angegeben ist (und nicht Unze).
Neben dem Symbolismus entwickelte China zudem auch konkrete Methoden, um den internationalen Marktanteil auf Kosten der USA zu erlangen. Indem beispielsweise internationale Handelstransaktionen in Yuan eingeführt wurden, wie Shanghai Gold und Shanghai Oil.
Bedenken Sie, dass die PBoC, seit Zhous Bericht am 23. März 2009 veröffentlicht wurde, 520 Millionen SDRs und 1.348 Tonnen Gold zu ihren internationalen Reserven hinzugefügt hat. Gemessen in ihrer eigenen Recheneinheit (ungeachtet der Goldpreisveränderungen) stiegen die SDR-Reserven Chinas um 95% und die Goldreserven um 225%.
Doch da eine Einheit Gold teurer ist und der Preis seit 2009 stieg, ist der Wert des Goldes, das die PBoC damals hinzufügte, zum aktuellen Preis nun 50 Milliarden SDRs wert, was 9.491% höher als die 50 Millionen SDR-Reserveerhöhung ist.
Wollte Zhou das internationale Geldsystem hin zu den SDRs schieben? Sah er Wert in den SDRs? Wenn das der Fall ist, warum ließ er seinen Worten dann keine Taten folgen?
Oder war es einfach Zhous Nachricht, den Dollar links liegen zu lassen und nicht über Gold zu sprechen, weil dies den Goldpreis nach oben katapultiert hätte? Ein eskalierender Goldpreis würde dafür sorgen, dass die PBoC weniger Gold kaufen kann, um ihre Fremdwährungsreserven zu diversifizieren. Ich denke, dass ist der Grund, warum Zhou die SDRs erwähnte.
Es ist immer besser, ein Auge darauf zu haben, was die Zentralbanker tun und nicht was sie sagen. Seit 2009 haben sich viele Zentralbanken dem Gold zugewandt und nicht den SDRs.
Schlussfolgerung
Schlussfolgernd und angesichts aller Mängel der Sonderziehungsrechte - sie stellen keine Währung dar, besitzen keinen eigenständigen Markt, keine Liquidität, ihr Wesen kann verändert werden, etc. - denke ich, dass die SDRs weiterhin ein marginale Rolle in der internationalen Wirtschaft spielen werden. Allenfalls wird dessen Verwendung als eine Recheneinheit ausgebaut werden.
In der nahen Zukunft erwarte ich, dass die Rolle des Goldes im internationalen Geldsystem an Wichtigkeit gewinnt. Wenn das Wirtschaftswachstum abnimmt, werden Länder ihre Währungen (wahrscheinlich) abwerten und wenn der "wirtschaftliche Nationalismus" zunimmt, werden Reserveassetmanager bevorzugt das einzige universell akzeptierte Asset halten wollen, das keinerlei Gegenparteirisiko besitzt und nicht gedruckt werden kann: Gold.
Wenn Ihnen dieser Artikel gefallen hat, dann können Sie den ursprünglichen Autor auf The Gold Observer unterstützen oder den englischen Newsletter abonnieren.
© Jan Nieuwenhuijs
The Gold Observer
Dieser Artikel wurde am 28. Februar 2020 auf www.voimagold.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.