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De-Facto-MMT

09.05.2020  |  Steve Saville
In einem vorherigen Artikel habe ich argumentiert, dass die moderne Geldtheorie (MMT) heimlich in den USA angewendet wurde. Doch laut einem Zitat von Lacy Hunt (Hoisington Investment Management), das von John Mauldin erwähnt wurde, kann das, was die Fed und die US-Regierung tun, nicht als MMT quantifiziert werden.

Lacy Hunt meinte: "Damit die Fed echte MMT anwenden kann, bräuchte es eine große regulatorische Veränderung der Federal Reserve Acts: Die Verbindlichkeiten der Fed müssten zum gesetzlichen Zahlungsmittel gemacht werden. Indem das Finanzministerium Wertpapiere direkt an die Fed verkauft, könnte dies erzielt werden; die Einlagen des Finanzministeriums würden gutgeschrieben und das Finanzministerium würde dann Schecks gegen diese Einlagen ausstellen. In diesem Fall würde die Fed essentiell Schecks ausstellen, um Obligationen des Finanzministeriums zu zahlen. Führte man diese Veränderung durch, würde eine steigende Inflation auftreten, das gesamte internationale Geldsystem würde sich destabilisieren und das US-Bankensystem würde irrelevant werden."

Ein Problem mit dem obigen Argument ist, dass ein Teil der Verbindlichkeiten der Fed bereits gesetzliches Zahlungsmittel sind und dies schon seit langer Zeit so ist. Ich beziehe mich hier auf die 1,9 Billionen Dollar "zirkulierende Währung" (physische Noten und Münzen). Diese Währung steht der Passive-Seite in der Fed-Bilanz. Außerdem stammt das Geld, das das US-Finanzministerium ausgibt, vom Treasury General Account, der ebenfalls auf Passiva-Seite der Fed-Bilanz steht.

Die Fed kauft derzeit keine Staatsschulden direkt. Tatsächlich agiert sie durch primäre Händler. Diese Händler kaufen die Schulden von der Regierung und die Fed kauft diese Schulden von den Händlern. Wenn das passiert, dann wird das neue Geld an die Konten der Händler bei Geschäftsbanken gutgeschrieben und wird demnach zu einer Verbindlichkeit des privaten Bankensystems.

In anderen Worten: Das Geld fließt nicht direkt von der Fed zum Treasury General Account, sondern erreicht denselben Ort via primäre Händler. Dies ermöglicht es dem Geschäftsbankensystem seinen Anteil zu bekommen; doch aus Regierungs- und Geldmengenperspektive gibt es keinen Unterschied zwischen dem direkten Kauf von Regierungsschulden durch die Fed und dem Kauf via Zwischenhändler.

Die QE-Programme der Fed von 2008 bis 2014 generierten deutlich weniger "Preisinflation" als viele Leute befürchteten. Grund dafür war die Tatsache, dass neues Geld in die Finanzmärkte injiziert wurde und nur allmählich zur "realen Wirtschaft" durchsickerte. In gewisser Weise ist das, was in den vergangenen Monaten geschehen ist, ähnlich; doch es gibt zwei deutliche Unterschiede.

Ein deutlicher Unterschied ist die Tatsache, dass die Fed für einen Teil ihres Geldes die primären Händler umgeht. Dafür war keine regulatorische Veränderung notwendig. Stattdessen erschuf die Fed spezielle Vehikel, die die Monetisierung der Assets und das Verleihen neuen Geldes übernehmen. Neues Geld wird nun also von der Fed erschaffen und direkt an verschieden Nicht-Banken-Entitäten gesendet, einschließlich Gemeinden, Privatunternehmen und Anleihehalter.

Der zweite Unterschied ist der Kern des Problems und der Grund, warum die USA nun praktisch MMT durchführen. Die Essenz der MMT ist nicht der mechanische Prozess, in dessen Rahmen Geld zur Regierung fließt. Die Essenz ist das Konzept, dass die Regierung nur durch "Inflation" in ihrer Erschaffung von Geld und Schulden eingeschränkt ist. Der Gedanke ist, dass die Regierung so viel neues Geld und Schulden erschaffen kann, bis "Inflation" ein Problem wird. Eine zugehörige Idee ist, dass die Regierungsausgaben nicht durch Versteuerung finanziert werden müssen.

Gibt es wirklich irgendwelche Zweifel daran, dass die Schuldenerschaffung der US-Regierung nicht länger eingeschränkt ist, wenn der Großteil davon indirekt mithilfe des neuen Geldes erworben wird, das von der Fed erschaffen wurde? Denn schließlich hat die US-Regierung ihr jährliches Defizit von etwa 1 Billion Dollar auf etwa 4 Billionen Dollar in weniger als zwei Monaten erhöht und spricht von massiven Ausgaben, um die Wirtschaft zu unterstützen. Es ist klar, dass sich niemand darum schert, wie diese Schulden zurückgezahlt werden oder welche Konsequenzen dieses Defizit haben wird.


© Steve Saville
www.speculative-investor.com



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Dieser Artikel wurde am 4. Mai 2020 auf www.tsi-blog.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.


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