Angstbetreuung statt Selbstverantwortung
27.06.2020 | Prof. Dr. Eberhard Hamer
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3. Der konjunkturelle Wechsel von Boom und Rezession ist wie die Jahreszeiten ein Normalisierungs- und Gesundungsprozess - wenn man ihn lässt. Unsere Politik hat aber über ein Jahrzehnt die normale Unternehmensauslese einer Rezession durch Gelddrucken, Schuldenexplosion, Nullzins und illegale Anleihekäufe verhindert und nicht nur den echten Boom dadurch zur Scheinblüte mutieren, sondern auch immer mehr nicht mehr marktgerechte Unternehmen und unproduktive öffentliche Bereiche überleben lassen. Die Politik hätte also die begonnene Rezession erst einmal zur Regeneration unserer Wirtschaft wirken lassen und dann erst in der zweiten Phase des Abschwungs durch Hilfsmaßnahmen eingreifen dürfen. Die Regierung Merkel dagegen wollte überhaupt jede Regeneration und Sanierung unserer Wirtschaft ausschalten, indem sie Geldflutung schon zu Beginn dieser Rezession statt erst in deren Verlauf verordnet hat. Das Geld ist verloren, hat nur die zwangsläufig fällige Regeneration verschoben, verlängert und erschwert. Richtig wäre gewesen, diese Gelder im nächsten Jahr einzusetzen, wenn der Markt entschieden hat, welche Unternehmen zukunftsfähig sind und welche nicht.
4. Auch bei der Bestimmung der Gelder hat die Regierung große Fehler gemacht:
- Eine vorübergehende Mehrwertsteuersenkung auf ein halbes Jahr bringt überhaupt nichts. Die 20 Milliarden werden weder marktwirksam noch helfen sie jemandem wirklich, weil in vielen Fällen die doppelten Umstellungskosten den Ertrag aufzehren.
- Statt weitere Milliardenbeträge in den Konsum, nämlich in Kindergeld und Kurzarbeitergeldaufstockung, oder als Hilfe an Konzerne zu versenken, hätte die Regierung das Wirtschaftswunderkonzept von Ludwig Erhard wiederbeleben müssen: "Steuerfreiheit des im Unternehmen verbleibenden Gewinns." Oder anders ausgedrückt: Die Begrenzung des Gewinnbegriffs auf Ausschüttungen.
Dies hätte gesunde, überlebensfähige Unternehmen gestärkt, die Auslese der schwachen erleichtert, hätte vor allem den mittelständischen Unternehmen geholfen, aus eigener Kraft (Gewinn) zu überstehen und zu wachsen und hat vor allem schon einmal Deutschland aus dem Kriegszusammenbruch zur Wirtschaftsblüte gebracht. Marktwirtschaftlich ist es immer sinnvoller, den Betrieben ihren Erfolg zu lassen als diesen zu zwei Dritteln abzusteuern, diese Steuern durch dutzende bürokratische Kanäle zu leiten und dann Teile davon als Staatsgeschenke oder Staatsdarlehen wieder zurückzugeben.
Würden die Gewinne in den Unternehmen bleiben und nur die Ausschüttungen versteuert, würde dies nach Berechnungen des Mittelstandsinstituts Niedersachsen in den nächsten zwei Jahren 40 bis 45 Milliarden Euro kosten, also nur etwa zwei Drittel der von der Regierung vorgesehenen Gelder. Vor allem aber wären damit Investitionen und Arbeitsplätze gefördert worden statt Konsum, dessen Gelder ohne Multiplikatorwirkung versickern.
Die Regierung hat also förderpolitisch alles falsch gemacht, was man falsch machen konnte. Statt die Krise als Chance zur Regeneration, zur Stärkung der gesunden, zukunftsfähigen Firmen und zum Gewinn neuer wirtschaftlicher Dynamik zu nutzen, hat sie wirtschaftliche Statik, Konsum und alte Strukturen zu erhalten versucht.
5.Der Verfasser hat in seinem Crash-Buch schon vorausgesagt, dass der bevorstehende größte Crash unserer Wirtschaftsgeschichte nicht kurzfristig sein würde, auch nicht kurzsichtig bekämpft werden dürfte. Die angebliche „Geld-Bazooka“ der Regierung wird sich gegenüber den in eine Depression laufenden Korrekturkräften unserer und der Weltwirtschaft nicht durchsetzen, war untaugliches Mittel zur falschen Zeit mit falschem Ziel, für welches die nächste Generation abzahlend büßen muss. Gleiches gilt für die europäischen Milliardengeschenke an die Zombiebanken und konkursreifen Mitgliedsländer, die letztlich keine Regeneration bewirken, sondern Korruption und Sozialmisswirtschaft erhalten.
Nur wenn aus dieser Krise Regeneration wird, kann Europa wieder wachsen. Wenn dagegen die nicht zukunftsfähigen Betriebe und Branchen sowie die mehr als die Hälfte der Staatsausgaben ausmachenden Sozialversorgungen und übersetzten Bürokratien erhalten bleiben, wird Europa nicht zukunftsfähiger, würden wir mit dieser Rezession eine Chance versäumen, welche uns im internationalen Wettbewerb zurückfallen lässt und unseren Wohlstand reduziert.
Mehr wirtschaftliche Dynamik und zukunftsfähige Betriebe bekommen wir nur, wenn wir die veralteten Strukturen reduzieren und alle Fördergelder aus den Konsumausgaben in Investitionen umlenken. Was wir nach 1947 geschaffen haben, würde auch jetzt möglich sein - allerdings auch nur, wenn wir unsere Spiel-, Spaß- und Genuss-Mentalität wieder wie in den 1950er Jahren durch Fleiß, Leistung, Sparsamkeit und Bescheidenheit ersetzen.
© Prof. Dr. Eberhard Hamer