Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Der Besitz von realen Assets inmitten surrealer Märkte

19.02.2021  |  Stefan Gleason
Im aktuellen Marktumfeld zählt nichts anderes so sehr wie Momentum. Was sich nach oben bewegt, wird von Investoren weiter nach oben gejagt. Und was sich nach unten bewegen kann, wird von Spekulanten verfolgt, die darauf hoffen, einen Momentum-Trade zu starten. All das wird durch billiges Geld und staatlichen "Stimulus" angetrieben. Die Konsequenzen?

Der US-Aktienmarkt wird zu einem historisch hohen Aufpreis gegenüber dem BIP gehandelt (der sogenannte "Buffett-Indikator"). Spekulativer Handelswahnsinn in Aktien wie GameStop widersprechen jeder Art von fundamentaler Analyse. Manische Aufwärtsentwicklungen in ungedeckten Kryptowährungen wie Bitcoin scheinen anzudeuten, dass digitale Assets einen unbegrenzten Wert zu besitzen scheinen.

Rekordverdächtige Zuflüsse zu börsengehandelten Produkten, die behaupten, Edelmetalle zu halten, konnte man in den letzten Wochen ebenfalls beobachten. Doch ob diese Instrumente die Menge physisches Gold und Silber erworben haben oder machbar erwerben können, um ihre Anteile ausreichend zu decken, ist eine andere Frage - eine, die sich nur wenige Momentum-Jäger derzeit stellen. Das sollten sie aber.

Wo ist das Ertragswachstum hinter stetigen Aktienkursanstiegen? Wo ist der tatsächlich Reichtum, der durch extrem langsame und Elektrizität hortende, digitale Blockchains erschaffen wird? Wo sind die physischen Bullion, die Silber-ETFs angeblich decken sollen? Einige börsennotierte Silberprodukte könnten sehr wohl nachweisen, dass sie all die versprochene Menge Metall in Tresoren einlagern. Doch der größte von ihnen, der iShares Silver Trust (SLV), gibt praktisch zu, dass er das nicht tut.

Nachdem der SLV in der ersten Februar-Woche eine Flut von Rekordzuflüssen über 1,5 Milliarden Dollar verzeichnete, erlitt er in der darauffolgenden Woche hohe Abflüsse, als ein Großteil der Trader-Herde weiterzog. Die hohen Kauf- und Verkaufsvolumen sorgten für Unstimmigkeiten zwischen dem Marktpreis des SLV und dem Wert seiner zugrundeliegenden Assets.

SLVs Prospekt wurde rasch aktualisiert, um Investoren davor zu warnen, dass der Fonds die Ausgabe von Anteilen "suspendieren oder einschränken könnte", sollte er nicht in der Lage sein, genügend Metall zu erhalten. Als offener Fonds hält der SLV keine festgelegte Menge Silber. Eine genaue Überprüfung seines Prospekts enthüllt, dass er sich auf eine Schicht finanzieller Mittelsmänner ("autorisierte Teilnehmer") verlässt, um Anteile zu erschaffen und Zu- sowie Abflüsse zu verwalten.

Dies erschafft enormes Gegenparteirisiko, einschließlich des Risikos, dass ein Teil des Silbers, das sich laut SLV angeblich in Tresoren befindet, weiterverpfändet werden könnte oder sich simultan im Besitz einer anderen Partei befindet. Der SLV wird von BlackRock Inc. kontrolliert, dem weltweit größten Assetmanager. Finanzielle Offenlegungen zeigen, dass BlackRocks Filialen im vierten Quartal 2020 etwa 36,5% ihrer Gold-ETF-Bestände loswurden, die Bestände des SLV jedoch um 4.848% (26,9 Millionen Dollar) zunahmen.

Es ist keine enorme Summe im Vergleich zu den Gesamtassets, die das Unternehmen besitzt, doch es könnte ein Hinweis darauf sein, dass dessen Analysten einen starken Aufwind für Silber erwarten. Wenn die Silber-These bestätigt wird, werden andere institutionelle Investoren zweifelsohne dem Geld folgen - so wie es auch bei Bitcoin der Fall war. Für Milliardäre und institutionelle Investoren wie Hedgefonds ist es einfacher, Millionen Dollar in Gold oder Silber via ETFs zu investieren anstatt durch Käufe von Bullionmünzen. Ein Teil des "Smart Money" bewegt sich vor allem via dieser Route zu Silber.

Der indirekte Silberbesitz durch finanzielle Instrumente ist offensichtlich nicht die sicherste oder effektivste Strategie, um eine echte Diversifizierung zu Finanzassets zu erhalten. Doch die Wall-Street-Typen, die den Finanzmärkten folgen, nehmen Finanzinstrumente tendenziell als die einzige Möglichkeit war. Dass so viel Nachfrage zu Wall-Street-Produkten anstatt Bullionprodukten gelenkt wird, hat die physischen Käufe sicherlich in gewisser Weise unterdrückt.

Diese Ablenkung der Nachfrage zu Papier könnte wiederum auch als Deckel der Spotpreise fungieren - vor allem wenn börsennotierte Vehikel Lösungen anbieten, echte, physische Bestände zu erhalten. ETFs wie der iShares Silver hängen fast vollständig von der London Bullion Market Association (LBMA) ab, was ihre physischen Silberbestände angeht. Bestände von LBMA-Silberbarren sind angesichts der kürzlichen Nachfragezunahme zunehmend knapper geworden. Ob sich dies zu einer echten Knappheit entwickelt, bleibt abzuwarten.

Die Gelegenheit ist hierbei, dass diese Milliarden Dollar, die in Gold- und Silberderivaten geparkt werden, um Edelmetall darzustellen, eine Art Force Majeure gegenüber einer oder mehrerer Bullionbanken erschaffen könnten - oder sogar dem Futuresmarkt an sich. Papiergold und -silber mögen "bequem" sein, doch sind grundsätzlich unzuverlässig. Wenn Angst die Märkte gefangen hält, ist die Bequemlichkeit nebensächlich. Reichtumserhalt zählt.

Wir konnten beobachten, dass spekulativer Momentumhandel den Silbermarkt beeinflussen kann - wobei rekordverdächtige Käufen börsennotierter Instrumente zum Bullionmarkt überschwappen, der kürzlich einen großen Anstieg der Kaufvolumen zu verzeichnen hatte. Doch langfristige Silberinvestoren sind zurecht skeptisch gegenüber Rallys, die durch "Papier" angeführt werden und flüchtig sein können.

Wo ist also der Haken? Wo ist das echte Nachfragewachstum hinter der Silberstory? Laut dem Silver Institute wird die weltweite Nachfrage nach Silber in diesem Jahr auf 1.025 Milliarden Unzen steigen. Die industrielle Nachfrage, die starkes Wachstum durch Elektrofahrzeuge und Solarenergie verzeichnet, soll von 2020 um 9% wachsen. Es ist schwierig, Investmentnachfrage zu prognostizieren, doch sie könnte die Wild Card sein, die mögliche Knappheiten der physischen Börsen - und deutlich höhere Preise - vorantreibt.


© Stefan Gleason
Money Metals Exchange



Der Artikel wurde am 17. Februar 2021 auf www.moneymetals.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.


Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"