Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Die Neuauflage der marxistischen "Verelendungstheorie": Klimawandel und Corona. Was Mises und Hayek dazu sagen würden

25.04.2021  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
- Seite 2 -
Gefahr der Allmacht

Dass die Entwicklung hin zu einem immer stärkeren und größeren Staat in der westlichen Welt in vollem Gange ist, lässt sich empirisch gut beobachten: Die Zahl der Verordnungen, Regularien und Gesetze wächst; die Belastung der Bürger und Unternehmer mit Steuern steigt; die Staatsverschuldung nimmt zu; immer mehr Menschen hängen am staatlichen Tropf; der Staat ist in nahezu alle Wirtschafts- und Gesellschaftsbereich vorgedrungen.

Dafür gibt es auch eine ökonomische Erklärung. Sie tritt zutage, wenn man den Staat, wie wir ihn heute vorfinden, als das sieht, was er tatsächlich ist, was ihn ausmacht. Sprechen wir es aus: Der Staat ist der territoriale Monopolist der Letztentscheidungsmacht über alle Konflikte, die auf seinem Gebiet auftreten.

Der Expansionsdrang eines solchen Staates ist in Demokratien besonders ausgeprägt. Politiker, die an die Macht gelangen wollen, brauchen Mehrheiten. Die lassen sich dann besonders gut gewinnen, wenn den Wählern Wohltaten versprochen werden: kostenlose Schulbildung, bessere Straßen, Mindestlöhne, weniger Arbeitsstunden etc. Der demokratische Staat weitet sich im Zeitablauf immer weiter aus, dringt in alle Wirtschafts- und Gesellschaftsbereiche vor. Vor allem Finanz- und Wirtschaftskrisen befördern erfahrungsgemäß die Expansion des Staates.

In der Not der Stunde rufen alle nach dem Staat - selbst dann, wenn es der Staat gewesen ist, der für die Not der Stunde die Verantwortung trägt. Hans Herman Hoppe hat das Phänomen des immer größer und mächtiger werdenden Staates prägnant auf den Punkt gebracht: Selbst ein Minimalstaat wird früher oder später zum Maximalstaat. Ganz in diesem Sinne lässt sich auch die Coronavirus-Krise deuten. Sie erweist sich geradezu als ein "Beschleuniger" auf dem Weg zur Allmacht des Staates.

Freiheitsrechte, unveräußerliche Grundrechte werden suspendiert. "Die Freiheitseinschränkungen sind ja nur vorübergehend", so wird hier und da gesagt. Doch solche Beschwichtigungen können jedoch nicht beruhigen, wenn man sich über den Expansionsdrang des Staates erst einmal Klarheit verschafft hat.


Verfehlte Anreize

In der Zeit der Angst kann der Staat seine Macht besonders einfach ausweiten - und das ist für die Regierenden eine allzu große Verlockung. Der Grund ist der Folgende: Die Regierenden haften grundsätzlich nicht mit ihrem Eigentum für die Kosten, die ihre Entscheidungen verursachen; diese Kosten haben vielmehr die anderen zu tragen. Präsidenten, Premierminister, Kanzler, Minister und Abgeordnete beziehen ihr Gehalt (und ihre späteren Pensionen) aus Steuergeld - selbst wenn sie einen Lockdown diktieren, der die Wirtschaft zusammen-brechen lässt, der Firmen in die Pleite treibt und viele Menschen arbeitslos macht.

Und wenn auch noch das Gesundheitssystem dem Staat untersteht, hat der Staat zudem die Möglichkeit, die Interpretation des Krankheitsgeschehens maßgeblich in seinem Sinne bestimmen zu können, anders lautende, kritische Stimmen beiseitezuschieben, und so seine freiheitsfeindlichen Maßnahmen scheinzulegitimieren. Die Regierenden haben die Volkswirtschaften nicht nur in eine große Wirtschaftskrise gestürzt, sondern es ist ihnen dabei sogar auch noch gelungen, sich als "Retter in der Not" darzustellen. Sie erzählen der Öffentlichkeit, sie werden die ausgefallenen Einkommen und Umsätze ersetzen. Wie? Indem ihre Zentralbanken neue Staatsschulden aufkaufen und sie mit neu geschaffenem Geld bezahlen.

Man erhöht also die Inflationssteuer, wie es zur Kriegsfinanzierung gang und gäbe ist. Die Ausweitung der Geldmenge bedeutet, dass die Kaufkraft des Geldes absinkt (und zwar notwendigerweise - gegenüber einer Situation, in der die Geldmenge nicht ausgeweitet wird). Die breite Bevölkerung, die Geld hält und Geldersparnisse hat, kommt folglich für die Kosten der politisch diktierten Lockdown-Krise auf. Nicht der Staat zahlt, die Bürger und Unternehmer zahlen die Zeche.

Der Staat, der sich als Retter aufspielt, macht auf diese Weise eine wachsende Zahl von Menschen von sich abhängig. Unternehmen hängen zusehends an Subventionen, Arbeitslose immer stärker an Transferzahlungen. Der Staat schafft sich ein Heer von Bedürftigen, die ihm notgedrungen oder untertänig die Treue halten.


Dezentrale Lösungen

Es ist naiv zu hoffen, eine Pandemie ließe sich innerhalb der bestehenden Gesellschafts- und Politikstrukturen bekämpfen, ohne dabei gewaltige Kollateralschäden zu verursachen - Schäden, die bis zum völligen Verlust der freien Wirtschaft und Gesellschaft (oder dem, was davon noch übrig ist) führen können. Doch gibt es eine Alternative? Antwort: Ja, es gibt eine. Sie heißt Privatrechtsgesellschaft - und sie soll uns hier und im Folgenden als Kontrastfolie dienen.

Das Konzept der Privatrechtsgesellschaft ist denkbar einfach. Es basiert auf dem unbedingten Respekt vor dem Privateigentum und zeichnet sich durch zwei zentrale (Handlungs-)Prinzipien aus: (1) Alle unterstehen dem gleichen Recht, dem Privatrecht. Es gibt kein öffentliches Recht über und neben dem Privatrecht. Niemand hat rechtliche Privilegien gegenüber anderen. (2) Die Menschen regeln ihre Geschicke im System der freien Märkte, und das heißt durch freiwilligen Tausch.

In der Privatrechtsgesellschaft ist jeder Eigentümer seiner selbst und der Güter, die er auf nicht-aggressivem Wege erworben hat (durch Inlandnahme, Produktion und Tausch/Schenkung). Alle Güter befinden sich im Privateigentum: alles Land, Flüsse, sämtliche Häuser, die Straßen, Schulen, Krankenhäuser, die Flughäfen; sie sind Privatbesitz, den Einzelpersonen oder den Vereinigungen von Personen an ihnen haben.

Wie würden die Menschen in einer Privatrechtsgesellschaft mit einer Virus-Epidemie umgehen? Zwar gibt es keine "Erfahrungsberichte", die eine Antwort auf diese Frage liefern könnten. Jedoch lassen sich ökonomische Überlegungen anführen, wie die Privatrechtsgesellschaft mit dem Problem fertig werden würde - und dass sie sie durchaus erfolgreich und unter Wahrung der Freiheit des Individuums bewältigen könnte.

In der Privatrechtsgesellschaft sind die Menschen eigenverantwortlich und haften für ihre Handlungen. Jeder unterliegt daher den allergrößten Anreizen, die eigene Gesundheit und die anderer zu schützen. An erster Stelle würde daher die Stärkung der eigenen Immunität und der der Familie stehen - durch Ernährung, Sport, Bewegung an der frischen Luft und, wenn möglich, Genuß des Sonnenscheins. In der Privatrechtsgesellschaft entscheidet jede Person, ob er/sie mit anderen Personen in Kontakt kommen will oder nicht; und wenn er/sie mit anderen in Kontakt kommen möchte, unter welchen Bedingungen (mit oder ohne Maske, häufiges Händewaschen, Einhalten von Abständen).

Es wird Personen geben, die weiterhin erlauben, dass anderen Personen ihr Eigentum (Land, Flughafen, Straße, Haus) betreten, dann aber vermutlich unter bestimmten Sicherheitsmaßnahmen. Andere Personen hingegen werden von zwischenmenschlichen Kontakten soweit wie möglich absehen wollen - weil sie selbst stark gefährdet sind, oder weil sie für Menschen verantwortlich sind, die besonders krankheitsanfällig sind (wie z. B. alte Menschen, Menschen mit Vorerkrankungen).

Eine Stilllegung des Wirtschafts- und Gesellschaftslebens “von oben diktiert” gäbe es in der Privatrechtsgesellschaft nicht. Der Anreiz, Lockdown-ähnliche Zustände zu schaffen, ist gering, denn sie sind der Immunität abträglich: Ausgeh- und Urlaubssperren schwächen die Abwehrkräfte, gleiches gilt, wenn Menschen in die Arbeitslosigkeit gestoßen, Existenzen vernichtet werden. In einer Privatrechtsgesellschaft gibt es einen wirksamen Wettbewerb der Ideen, und die Menschen können aus ihren Erfolgen und Misserfolgen lernen: das, was sich bewährt, wird fortgeführt und verbessert, das, was nicht funktioniert, wird beendet und durch bessere Lösungen ersetzt.


Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"