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Interview mit David Morgan: Erkennen Sie die Realität, handeln Sie entsprechend und kaufen Sie Realwerte

09.05.2021  |  Claudio Grass
Das vergangene Jahr war eine bemerkenswert interessante Zeit für Edelmetalle und insbesondere Silber. Das Metall hatte viele Jahre im Schatten seines "großen Bruders" verbracht, legte jedoch ein beeindruckendes, rauschendes Comeback hin, das für Schlagzeilen und Mainstream-Interesse sorgte.

Wie zu erwarten, zog dies viele neue Investoren und viele Erstkäufer zu Silber. Für diejenigen von uns, die die Bedeutung von physischen Edelmetallen verstehen, war dies eine positive Entwicklung, allerdings denken wir auch, dass es für alle Investoren wichtig ist, zu wissen, was und warum sie kaufen.

Um ein klares Bild über den Status und die Aussichten des Silbermarkts zu bekommen, habe ich mich an David Morgan gewandt. Seine lange und direkte Erfahrung und seine Einblicke sind unglaublich selten und wertvoll, während er zeitgleich auch ein tiefgreifendes Verständnis des Geld- und Finanzsystems besitzt.

David Morgan ist ein Makroökonom und weiterhin anerkannter Analyst innerhalb der Edelmetallbranche. Er ist Herausgeber des The Morgan Report, einem Finanznewsletter, der Ihnen helfen soll, Vermögen aufzubauen und zu sichern. Er ist der Autor von drei Büchern und ein gefragter Redner bei Investmentkonferenzen auf der ganzen Welt sowie Botschafter für LodePay, das digitales Silber und Gold in die Welt bringt.


Claudio Grass: Nachdem es in den Augen der Mainstream-Investoren jahrelang im Schatten von Gold stand, machte Silber mit seinem beträchtlichen Preisanstieg vor kurzem Schlagzeilen und wurde von dem Wahnsinn um WallStreetBets eingeholt. Was dachten Sie sich damals? Waren Sie um das Blasen-Szenario besorgt?

David Morgan: Wir konnten stärkere Beteiligung am Silbermarkt beobachten. Das Wichtigste, woran es in der Silberbranche und in gewissem Maße auch bei Gold mangelt, ist die Aufklärung. Wenn die Menschen wirklich wüssten, wie wichtig Silber für ihr Leben ist und erkennen würden, dass es derzeit die beste Investitionsmöglichkeit ist, gäbe es eine viel stärkere Beteiligung am Silbermarkt.

Als ich sah, dass die Leute von WallStreetBets in den Vordergrund traten und anfingen, über Silber zu sprechen, hat mich das sehr gefreut, weil ich sofort wusste, dass es sich um eine jüngere Generation handelt und sich das Wort schnell verbreiten würde. Es freute mich, dass es viel mehr Menschen gibt, die bereit sind, in Silber zu investieren und das graue Metall als eine große Chance anerkennen.

Und ob ich um ein Blasen-Szenario besorgt bin... Nicht wirklich. Ich denke, dass wir uns überanstrengen könnten. Das ist möglich. Aber Silber ist weit davon entfernt, eine Blase zu sein. Es wird keine Blase in Silber und Gold geben, solange sie nicht Teil des Mainstream werden. Wenn das Time Magazine Gold auf der Titelseite zeigt, oder wenn wir beobachten können, wie man in den Mainstream-Finanzmedien jeden Tag über Silber spricht, würde das auf eine Blase hindeuten.


Claudio Grass: In den letzten Wochen ist die Rally ins Stocken geraten, und Silber hält sich stabil. Wie erklären Sie sich diese Pause und was erwarten Sie als nächstes?

David Morgan: Das hängt alles damit zusammen, wie der Markt funktioniert. Der Silbermarkt basiert auf Derivaten. Der gesamte Silbermarkt, oder auch Gold und jeder andere Rohstoff, basiert auf Papierkontrakten. Und Papierkontrakte können nach Belieben der Emittenten in beliebiger Höhe abgeschlossen werden. Es gibt ein endloses Angebot an Silberderivaten.

Als die physische Nachfrage in den Silbermarkt floss, wurde sie durch die Fähigkeit des kommerziellen Interesses bedient, Quittungen für dieses Silber auszugeben. Ob dieses Silber unabhängig frei war, verpfändet, getauscht oder verliehen wurde, ist nicht bekannt. Mit anderen Worten: Die Bürohengste waren in der Lage, "Silberkontrakte" abzuschließen, die den Preis in Schach halten konnten.

Als nächstes erwarte ich mehr Aufklärung über Mechanismen der Futuresmärkte und Silber sowie dass immer mehr Menschen erkennen, dass sich echtes Silber von Papiersilberkontrakten unterscheidet. Das würde Menschen, die nicht allokiertes Silber besitzen, dazu bringen, auf allokiertes umzusteigen und eine physische Auslieferung zu beantragen. Das ist eine Veränderung, die wir bereits beobachten können und eine Schwachstelle des Systems darstellt.

Wenn Menschen physisches Silber aus einem Papierkontrakt nehmen und es in etwas umwandeln, das ein Derivat von etwas Realem ist, gibt es nicht genug Silber, um alle Verpflichtungen zu erfüllen, die auf dem Papier eingegangen wurden. Während diese Tatsache mehr und mehr bekannt wird, erwarte ich weiteren Druck am Silbermarkt sowie weiteren Druck auf den Silberpreis.


Claudio Grass: Abgesehen von der Anlageattraktivität von Silber besitzt das Metall, anders als Gold, auch eine umfangreiche industrielle Nachfrage. Könnte eine Preisexplosion zu massiven Beeinträchtigungen für die industriellen Nutzer führen?

David Morgan: Das ist schwierig zu beantworten. Der Silbermarkt ist der einzige Markt, der ein Kartell besaß, das Einfluss auf den Preis des physischen Marktes ausübte. Es wurde als die "Silver Users Association" bezeichnet. Es gibt nicht mehr viele Informationen darüber, aber im Grunde war es, wie der Name schon sagt, ein Kartell der großen Silbernutzer, wie Tiffany's in der Schmuckbranche, Dow und DuPont und Kodak in der Filmbranche, die heutzutage hier keine große Rolle mehr spielt.

Und ihre Idee war es, ein Preisniveau aufrechtzuerhalten, das ihnen den größten Profit einbrachte. Die meisten, wenn nicht alle, Großverbraucher beziehen ihr Silber direkt aus den Scheideanstalten. Sie gehen fast nie an die COMEX. Sie bekommen es von Heraeus oder einer der großen Scheideanstalten aus Hongkong, den Vereinigten Staaten, China, usw.

Es könnte also zu Störungen auf dem industriellen Silbermarkt kommen, es wird jedoch der letzte Ort sein, an dem sie auftreten. Und natürlich, wenn es genug Druck auf Silber für Münzen und Barren sowie Investitionszwecke gibt, wird die Scheideanstalt das Silber grundsätzlich an denjenigen verkaufen, der das höchste Gebot abgibt. Wenn beispielsweise die U.S. Mint ankäme und sagen würde: "Nun, es ist uns egal, dass Industrie X, Y, Z Ihr Silber direkt erwirbt. Wir werden 50 Cent mehr als sie pro Unze zahlen."

Wenn die Industrie dann nicht rechtzeitig an Silber kommt, wird sie an den Markt gehen. Es könnte einen Ansturm von Leuten geben, die Silber höher und höher bieten, nur um es dann für Investitionszwecke und nicht industrielle Zwecke zu verwenden. Ich halte dieses Szenario nicht für unwahrscheinlich, aber es bleibt natürlich abzuwarten.



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