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Interview mit David Morgan: Erkennen Sie die Realität, handeln Sie entsprechend und kaufen Sie Realwerte

09.05.2021  |  Claudio Grass
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Claudio Grass: Wie ist die aktuelle Situation bei den Bullionbanken? Hat sich in den letzten Monaten etwas geändert, da JP Morgan im Grunde genommen eine so große Position aufgebaut hat?

David Morgan: Physisches Silber befindet sich primär im Besitz von JP Morgan. Soweit wir beurteilen können, ist es der große Verwahrer, der Erstanspruch auf das Silber hat; das ist jedoch nicht mit Sicherheit bekannt. Und dann gibt es unter ihnen Unterverwahrer und autorisierte Teilnehmer. Aber wie während des Subprime-Hypotheken-Fiaskos, das das Finanzsystem 2008 zum Einsturz brachte, könnte man jede Hypothek bis zur Quelle zurückverfolgen, wenn man wollte.

Das Gleiche gilt für den Silbermarkt. Sie könnten jeden Kredit, jeden Swap, jedes Leasing bis zum ursprünglichen Eigentümer des Silbers zurückverfolgen. Und täten Sie das, würden Sie wahrscheinlich nicht feststellen, dass JP Morgan die größte Menge an Silber "besitzt."

Offensichtlich besteht am Markt nun mehr Druck; die Banken besitzen jedoch noch ausreichend Kapazität, um die physische Nachfrage zu decken, die durch ihre Papierverträge derzeit erforderlich ist. Das scheint sich jedoch genau in diesem Augenblick unseres Interviews zu verändern.


Claudio Grass: Warum glauben Sie, angesichts der extremen Stimulusausgaben und des geldpolitischen Expansionismus, den wir im letzten Jahr erlebt haben, dass sich so viele Mainstream-Investoren und Experten keine Sorgen über das Inflationsrisiko machen? Wie lautet Ihre eigene Prognose?

David Morgan: Ich denke, dass sie sich aufgrund der Berichterstattung keine Sorgen wegen des Inflationsrisikos machen. Die Mainstream-Finanzmedien haben erfolgreich die Idee verbreitet, dass Inflation kein Risiko darstellt, egal wie viel Geld gedruckt wird. Nur die Österreichische Schule hat verstanden, wohin dieses Inflationsszenario führt.

Aber so ziemlich alles, was in der Wirtschafts- und Finanzwelt gelehrt wird, basiert auf den keynesianischen Prinzipien, dass die Regierung allmächtig ist und dass das Bankensystem genau weiß, was zu tun ist - egal was in der Wirtschaft vor sich geht. Offensichtlich sind das falsche Annahmen, die katastrophale Folgen haben werden.

Jede Inflation endet. Je größer die Blase, desto schlimmer die Auswirkungen, wenn sie platzt; und hier haben wir es mit der größten Blase der gesamten Geschichtsschreibung zu tun. Sie ist global, und die Menge gedruckten Geldes wird exponentiell erhöht. Man kann sich nicht wohlhabend drucken. Kein Land hat das je geschafft. Und das wird auch nie passieren.

Die Österreicher werden Recht behalten, dass man einen Preis für "kostenloses Geld" bezahlen muss. Auf die eine oder andere Weise werden alle Schulden beglichen; es erfolgt also entweder ein teilweises Abbezahlen, das vom Gläubiger akzeptiert wird, oder man gerät in Zahlungsverzug. Und weil sie als sichere Investition gelten - was eine absolute Lüge ist - ist das letzte, was die Vereinigten Staaten möchten, mit ihren Schulden in Verzug zu geraten.

Der einzige Ausweg für die USA, das am Anleihemarkt "wieder gut zu machen", besteht im Aufblähen. Sie erhalten also Ihre Zinszahlung und bekommen sogar Ihr Kapital zurück, doch der Wert des Papiers wird immer weniger und bewegt sich in Richtung völliger Wertlosigkeit. Sobald die Psychologie des Marktes diesen Punkt erreicht hat, wird es zu einem massiven Anleihecrash kommen. Und wenn das passiert, kann es nicht mehr rückgängig gemacht werden. Das ist wie Humpty Dumpty, der von der Mauer fällt. Das ist meine Prognose.


Teil 2

Im zweiten Teil widmen wir uns den extremen Risiken, die sich aus der Schuldenproblematik und der scheinbaren "Trennung" zwischen Aktienmärkten und Realwirtschaft ergeben, während wir zudem die Auswirkungen der jüngeren Anlegergeneration auf die Zukunft untersuchen.


Claudio Grass: Während der ersten Welle von Lockdowns und Reiseverboten konnten wir eine Menge Störungen am physischen Edelmetallmarkt beobachten. Hat sich die Situation für physisches Silber heute trotz Lieferverzögerungen und Logistikproblemen vollständig normalisiert, oder erleben Sie Engpässe?

David Morgan: Wir erleben noch immer Engpässe. Ich meine, die Investmentnachfrage hat 2020 einen Rekordwert erreicht und ist auch 2021 robust geblieben. Der Druck auf den Markt ist teilweise der Lieferkette zuzuschreiben, die primär aufgrund eines Rückstaus noch immer leicht gestört ist, jedoch größtenteils repariert wurde.

Es ist ein Rückstau an Bestellungen für das Produkt der U.S. Mint, der Silver Eagle, weil aus Sicherheitsgründen eine Umstellung vorgenommen wird. Es gibt jedoch auch eine Vielzahl von Einzelhändlern, die Produkte wie Münzen, Ronden, kleine Barren sowie Kilo- und 100-Unzen-Barren verkaufen. Sie müssen ihre Anleger drei, vier oder sogar sechs Wochen lang in einer Warteschlange platzieren.

Hinzu kommt ein Herr namens John Adams aus Australien, der in den letzten Monaten eine Kampagne startete, um die Leute darüber aufzuklären, dass nicht allokierte Konten im Grunde genommen nur ein Stück Papier sind und man von einem Stück Papier an den physischen Markt wechseln muss, indem man ein allokiertes Konto und/oder das physische Metall besitzt. Das übt zusätzlichen Druck auf die bereits robuste Investmentnachfrage durch den Einzelhandel aus.


Claudio Grass: Edelmetallinvestoren sind sich des Risikos außer Kontrolle geratener Defizite seit langem bewusst, bisher konnte eine groß angelegte Schuldenkrise jedoch vermieden werden. Glauben Sie angesichts der Rekordexplosion der Staatsverschuldung im letzten Jahr denn, dass die Zeit für die Schuldenbombe ablaufen könnte?

David Morgan: Ich denke, dass uns die Zeit davonläuft. Wie ich bereits sagte, liegt der Schlüssel am Anleihemarkt und ich denke, er wird nicht in Verzug geraten, sondern weginflationiert werden. Das Wichtigste, was man beachten muss, ist der Zinssatz. Im Moment bezieht sich jeder auf die 10-Jahresstaatsanleihe als Benchmark. Es ist die Zinsmarke, die verwendet wird, um den Zinssatz für andere große Kredite im System festzulegen, wie Hypotheken, Autokredite oder Studienkredite...

In den letzten Jahren lag der Zinssatz bei bis zu 2%. In letzter Zeit lag er bei etwa 1,7% und ist nur leicht zurückgegangen, während wir das Interview führten. Es ist möglich, dass die Fed ausreichend Macht besitzt, ihn auf einem bestimmten Niveau zu halten, so dass er nicht über 2% steigen kann.


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