Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Die Saga geht weiter: Venezuelas 31 Tonnen konfisziertes Gold bei der Bank of England

04.08.2021  |  Ronan Manly
- Seite 3 -
Aus der Klageschrift ging auch hervor, dass die Bank of England seit dem 12. August 2008 ein "Gold-Stilllegungskonto" im Namen der BCV unterhielt und dass die BCV am 14. Mai 2020 über zwei Goldkonten bei der Bank of England verfügte, "nämlich (i) das Konto 217 Banco Central de Venezuela und (ii) das Konto 571 Banco Central de Venezuela Nummer 2 (zusammen die "Konten")."

Bei der Anhörung vor dem High Court vom 22. bis 25. Juni 2020 ging es um die Frage, wer befugt war, der Bank of England die Anweisung zu erteilen, das venezolanische Gold abzuziehen: a) der von Maduro ernannte Vorstand der BCV (der Maduro-Vorstand) oder b) ein konkurrierender Ad-hoc-Verwaltungsrat der BCV, der von Guaidó ernannt worden war (der Guaidó-Vorstand). In dem Fall ging es auch um einen Betrag von 120 Mio. USD, den die Deutsche Bank im Rahmen eines der Goldswaps an die BCV zu zahlen hatte und der sich im Besitz der Insolvenzverwalter befand, wobei die Deutsche Bank ebenfalls behauptete, sie wisse nicht, von welchem "Board" der BCV sie Anweisungen erhalten sollte.

In seinem Urteil vom 2. Juli 2020 erklärte der Richter am High Court, Sir Nigel Teare, dass die britische Regierung mit ihrer Erklärung vom 4. Februar 2019 Guaidó rechtlich als verfassungsmäßigen Interimspräsidenten von Venezuela anerkannt habe. Dies hätte es dem Guaidó-Vorstand ermöglicht, einen Antrag auf Goldentzug bei der Bank of England zu stellen. Nachdem das Urteil den Anwälten beider Seiten im Entwurf vorgelegt worden war, baten die Anwälte des Maduro-Vorstands das Gericht (den Richter), "ausdrücklich" zu erklären, ob die Anerkennung Guaidós durch die Regierung Ihrer Majestät (HMG) "de jure" (rechtlich anerkannt, unabhängig davon, ob sie in der Realität existiert) oder "de facto" (eine Situation beschreibend, die in der Realität existiert) oder beides sei.

Teare antwortete, dass das britische Außenministerium Guaidó zwar als verfassungsmäßigen Interimspräsidenten Venezuelas anerkannt habe, was einer Anerkennung de jure entspreche, dass das britische Außenministerium aber unabhängig von der Grundlage für die Anerkennung Guaidó "eindeutig als Präsident Venezuelas anerkannt" habe, was bedeute, dass die britische Regierung Maduro nicht mehr als Präsident Venezuelas anerkenne. Die Anwälte des BCV Maduro-Vorstands erklärten jedoch sofort, dass sie gegen das Urteil Berufung beim Berufungsgericht einlegen würden, was sie auch prompt taten.


Vom High Court zum Court of Appeal

Im August 2020 erteilte der Court of Appeal dem Maduro-Vorstand die Erlaubnis, in der Frage der Anerkennung (d. h. der Frage, wer als weisungsbefugt gegenüber der Bank of England und der Deutschen Bank anerkannt ist) Berufung einzulegen, und im September 2020 fand die Berufungsverhandlung vor dem Court of Appeal vom 22. bis 24. September 2020 vor drei Lordrichtern statt, nämlich Lord Justice Lewison, Lord Justice Males und Lord Justice Phillips.

Der Court of Appeal veröffentlichte dann sein Urteil am 5. Oktober 2020. In seinem Urteil hob der Court of Appeal das Urteil des High Court auf, das Guaidó "eindeutig als Präsident Venezuelas anerkannt" hatte, wobei Lord Justice Males vom Appeal Court feststellte, dass die Anerkennung Guaidós durch das Vereinigte Königreich "meines Erachtens zweideutig oder jedenfalls nicht eindeutig ist." Mit dieser Entscheidung des Berufungsgerichts wurde der Fall Maduro gegen Guaidó an den High Court zurückverwiesen. Der Guaidó-Vorstand wandte sich daraufhin an den High Court und bat um die Erlaubnis, gegen das Urteil des Berufungsgerichts Berufung einzulegen.

Open in new window

Vom Berufungsgericht zum Supreme Court

Am 9. Dezember 2020 gewährte der Supreme Court dem Guaidó-Vorstand die Genehmigung zur Berufung. Der High Court ordnete daraufhin an, dass sein Verfahren bezüglich des BCV-Goldes bis zum Ausgang der Berufung des Guaidó-Vorstands beim Supreme Court ausgesetzt werden sollte. Die Anhörung vor dem Supreme Court wurde dann für Juli 2021 angesetzt. Anfang Januar 2021 gab die Europäische Union (EU) bekannt, dass sie Guaidó nicht weiter als Präsident Venezuelas anerkennen werde, da Guaidó bei den Wahlen im Dezember 2020, als Maduro die Kontrolle über das venezolanische Parlament zurückerlangte, sein Amt als Vorsitzender der venezolanischen Nationalversammlung verloren habe.


Fünf Lords auf dem Sprung

Die Berufungsverhandlung vor dem Supreme Court begann am 19. Juli 2021 in London und dauerte drei Tage bis zum 21. Juli (der 22. Juli wurde bei Bedarf als Reserve gehalten), wobei der Kläger der "Guaidó-Vorstand" der Zentralbank von Venezuela und der Beklagte der "Maduro-Vorstand" der Zentralbank von Venezuela war. Die Anhörung wurde von nicht weniger als fünf Richtern geleitet, nämlich Lord Reed, Lord Hodge, Lord Lloyd-Jones, Lord Hamblen und Lord Leggatt. Bei der Anhörung wurden sowohl die Berufung von Guaidós Seite als auch eine Gegenberufung des BCV-Vorstands verhandelt.

Wie ein Uhrwerk setzte die britische Regierung ihre Intervention fort und gab am 19. Juli eine Erklärung über das britische Außenministerium, in der sie bekräftigte, dass die britische Regierung (HM Government) Guaidó als Präsident von Venezuela anerkennt. Ein Vertreter des britischen Außenministeriums äußerte sich während der Anhörung vor dem Supreme Court auch gegenüber dem Gericht.

Bei der Anhörung vor dem Supreme Court ging es im Wesentlichen darum, Art, Umfang und Wirkung der Anerkennung Guaidós als Interimspräsident durch die britische Regierung zu prüfen und festzustellen, ob dies angesichts der Realität vor Ort in Venezuela (wo Maduro noch immer an der Macht ist) gerechtfertigt ist und ob die Anerkennung Guaidós durch die Regierung des Vereinigten Königreichs in rechtlicher Hinsicht angefochten werden kann.


Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"