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Sind Drohnen die neuen Maschinengewehre? Oder: Das Ende der unipolaren Ära

19.05.2022  |  Sascha Opel
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Dies impliziert, dass das Pentagon Switchblade als wertvolle und mächtige Waffe betrachtet. David Petraeus, der als Vier-Sterne-General die US-Kriege im Irak und Afghanistan befehligte, hob die Waffe in einem Interview mit dem Historiker Niall Ferguson hervor:

"Einen Gegenstand möchte ich besonders erwähnen: die Switchblade-Drohne. Die Light-Version kann 15 bis 20 Minuten, die schwere Ausführung 30 bis 40 Minuten mit einer Reichweite von mindestens 40 km fliegen. Der Bediener wählt ein Ziel aus, fixiert es und folgt ihm. Dann schlägt es zu, wenn der Bediener den Befehl dazu gibt. Dies ist außerordentlich effektiv, da Sie es am Boden nicht hören können. Das erste Mal, dass der Feind weiß, dass das Ding da ist, ist, wenn er explodiert. Wenn wir genug davon in die Ukraine bringen können, könnten sie ein echter Wendepunkt sein."


Warum können also Drohnen für die Finanzmärkte wichtig sein?

1.) Wenn leicht verfügbare Drohnen den Krieg revolutionieren, so wie es die Maxim-Maschinenkanone vor 140 Jahren tat, dann ist es fraglich, ob es noch sinnvoll ist, in Panzer, Flugzeuge, Flugabwehr und Anti-Raketensysteme zu investieren. Wenn nein, was bedeutet das für den Wert der großen, börsen-notierten Rüstungskonzerne? Wird man nach diesem Krieg weiter die teuren Systeme von Raytheon, Boeing, Lockheed Martin (Chart unten in USD) und dergleichen kaufen, wenn diese Systeme anfällig für Angriffe von relativ billigen Drohnen sind?

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2.) Treue Leser wissen, dass DIE Vereinbarung, die nach Ende des Goldstandards 1971 herrschte, dass der Ölpreis in US-Dollar gehandelt wird ("USD-Öl-Standard" - "Petrodollar") und dass die ölexportierenden Regime in Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten oder Kuwait diese US-Dollar verwenden würden, um in den USA hergestellte Waffen (und US-Staatsanleihen) zu kaufen. Damit garantierten die USA implizit das Überleben der arabischen Golfregime.

Nun fällt folgendes auf: Nach der Invasion der Ukraine haben Länder wie Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate es unterlassen, Russland zu verurteilen. Darüber hinaus ließ Saudi-Arabien sogar wissen, dass es möglicherweise damit beginnen könnte, Zahlungen für sein Öl in Renminbi zu akzeptieren. Vielleicht ist dies sinnvoll, wenn Saudi-Arabien nach den Angriffen auf seine Öl-Anlagen das Gefühl hat, dass es nicht länger für 85 Millionen US-Dollar F-35 Kampfjets braucht, sondern stattdessen nur 1 Million US-Dollar für eine in der Türkei hergestellte Drohne?

3.) Wenn, wie der aserbaidschanische und der ukrainisch-russische Krieg nahelegen, Drohnen das Schlachtfeld im Krieg radikal verändert haben, hat diese eine Vielzahl von Auswirkungen, da es die lang gehegte Überlegenheit enorm teurer Rüstungssysteme untergräbt und das Gleichgewicht zugunsten viel billigerer und weit verbreiteterer Waffen verschiebt. Dies untergräbt jedoch auch den Status der Reservewährung des US-Dollars, da dann die militärische Macht nicht länger das Monopol einer einzelnen Supermacht ist, sondern multipolar wird.

Gäbe es in einer solchen Welt immer noch einen zwingenden Grund dafür, dass der Handel zwischen Ländern wie China und Saudi-Arabien, oder Malaysia und Indonesien weiter in US-Dollar statt in ihren eigenen Währungen abgewickelt wird?

Klar: Drohnentaktiken sind eine radikal andere Form der Kriegsführung und entwickeln sich schnell weiter. Daher wäre es verfrüht, endgültige Schlussfolgerungen darüber zu ziehen, inwieweit Drohnen die Kriegsführung in Zukunft dominieren werden. Ihr jüngster Einsatz in der Ukraine (und Jemen, Aserbaidschan und Äthiopien) bedeutet jedoch, dass Investoren offen für die Idee sein müssen, dass Drohnen das Schlachtfeld der Zukunft verändern werden. Denn wenn sie das Schlachtfeld der Zukunft verändern werden, dann werden sie auch die wirtschaftlichen und finanziellen Realitäten von heute verändern.

Hinzu kommt: Wir haben in den letzten 25 Jahren (seit der Asienkrise 1997) in einer Welt gelebt, in der unterbewertete Währungen in Schwellenländern es westlichen Verbrauchern ermöglichten, aus Entwicklungsländern importierte Waren und Dienstleistungen zu attraktiven Preisen zu kaufen.

In der Zwischenzeit legten die Regierungen in den Schwellenländern, ihr Kapital weitgehend in westliche Vermögenswerte - weil westliche Vermögenswerte als "sicher" wahrgenommen wurden. Aber diese Wahrnehmung von Sicherheit könnte sich jetzt ändern. Denn:

Staatsanleihen der Industrieländer haben sich als alles andere als sicher erwiesen. Während Anleger in indonesischen und brasilianischen Staatsanleihen in lokaler Währung sowie in Gold positive Renditen zwischen 3% und 4% in US-Dollar erzielt haben, haben US-Staatsanleihen fast 10% verloren. Anleihen der Eurozone und japanische Staatsanleihen haben irgendwo zwischen -17% und -23% verloren.


Die Beschlagnahme der russischen USD-Reserven und das Ende der Sicherheit von Eigentumsrechten

Die Entscheidung, Russlands Zentralbankreserven einzufrieren, ist für große US-Dollar-Staatsanleihenhalter wie Saudi-Arabien, die VAE oder China ein absolutes Warnsignal. Auch die aufstrebenden Schwellenländer werden es sich nun zweimal überlegen, in US-Anleihen zu investieren. Die Message ist draußen: Die gesamte Sicherheit eines US-Schatzpapiers hängt nur noch davon ab, wem es gehört. Eigentumsrechte zu schützen, war einer der wichtigsten Vorteile des Westens. Diesen Vorteil haben die Amerikaner mit dem Einfrieren der russischen USD in Frage gestellt.

Es bleibt weiter das stärkste Militär der Welt, der Sitz der besten Universitäten der Welt und noch die Hoheit über die Reservewährung der Welt. Die Heiligkeit der Eigentumsrechte ist dagegen futsch. Diese Sicherheit der Eigentumsrechte war der Hauptgrund, warum Chinesen jahrelang Immobilien in Vancouver, Zentralbanken rund um die Welt US-Treasuries kauften und saudische Prinzen ihr Vermögen in der Schweiz parkten. Es war die Gewissheit, dass man, was auch immer passierte und woher man kam, Eigentumsrechte und einen garantierten Prozess zur Feststellung dieser Rechte in jedem Gerichtssaal der westlichen Welt anstreben konnte.


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