Ein Herbst der epischen Einbrüche - Aktien, Schulden, Währungen, sehr starke Inflation - Folgen: Armut & soziale Unruhen
29.08.2022 | Egon von Greyerz
- Seite 3 -
Hinzu kommt die Bilanzsumme der EZB, die sich seit 2004 verachtfacht hat und inzwischen bei 8,7 Bill. € liegt (siehe Diagramm unten). Man kann mit gutem Gewissen feststellen, dass die gesamte Europäische Wirtschaftsgemeinschaft inzwischen zu einer Europäischen Schuldengemeinschaft - ESG - geworden ist.
Eines ist zumindest klar: Zu den unmittelbaren Bedrohungen für die EU und den Euro zählen die altbekannten "hoffnungslosen Fälle" - Griechenland, Italien und Spanien -, die von Brüssel zum politischen Führungswechsel und erhöhter Schuldenaufnahme gezwungen worden waren.
Nehmen wir allein das Beispiel Italien. Seit 2000 hat sich die Verschuldung des Landes auf 2,7 Bill. € verdoppelt. Das sind 150% der nationalen Wirtschaftsleistung! Das heißt also auch, dass das Land am Rande des Bankrotts steht. Doch nicht allein Italiens Staatsverschuldung ist sprunghaft angestiegen, sondern, und das ist noch schlimmer, auch die Finanzierungskosten dieser Schulden. Seit September 2021 hat sich die Anleiherendite italienischer Staatsanleihen mit 10-jähriger Laufzeit verachtfacht (8x) - von 0,5% auf 3,4% Das ist eindeutig mehr als sich Italien leisten kann!
Griechenland und Italien sollten die EU jetzt verlassen
Wie der Bundesbankchef Joachim Nagel klarstellte, wäre es fatal, wenn die EZB die Kreditkosten für undisziplinierte Eurozone-Mitglieder niedrig halten würde. Seiner Einschätzung nach seien solche Maßnahmen ein "gefährliches Fahrwasser". Italien und Griechenland können also nicht mehr davon ausgehen, von der EU Zinssubventionierung zu erhalten.
Italien muss jährlich 300 Mrd. $ Schulden refinanzieren und zudem noch ein Jahresdefizit von 100 Mrd. € stemmen. Ein wahre Sisyphusarbeit. Als Deutschland der reiche Onkel der EU war, wurden solche Schuldenstände noch toleriert, damit der Dinosaurier nicht wegstirbt. Doch mit dem kommenden schweren Wirtschaftsabschwung in Deutschland und in Anbetracht der unlösbaren Schulden- und Strukturprobleme in allen EU-Ländern ist der Zusammenbruch des europäischen Traums, den ich seit über 20 Jahren vorhersage, jetzt Realität.
Politiker begreifen wie immer viel zu spät, dass politische Träume und ökonomische Realität so weit auseinanderliegen wie Himmel und Hölle. Hätten diese Politiker sich jemals tiefergehend mit Geschichte befasst, so hätten sie gelernt, dass derartiger Größenwahn nicht nur in Tränen endet, sondern stets in einem kompletten Zusammenbruch.