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Ölpreis: 100 USD sind in greifbarer Nähe

19.10.2007  |  Eugen Weinberg
Energie

Der Ölpreis ist aktuell scheinbar nicht zu bremsen und überschritt heute um Mitternacht kurzfristig eine neue magische Grenze von 90 USD. Brentöl stieg gleichzeitig bis knapp 85 USD. Somit stieg der WTI-Ölpreis seit Jahresbeginn bereits um über 50%; seit Mitte August betrug der Anstieg allein 30%. Trotz der Versuche der irakischen Regierung, das Problem mit der PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) aus eigener Kraft zu lösen, preist der Markt derzeit einen hohen Risikoaufschlag ein. Dazu tragen auch die Sorgen um eine mögliche Destabilisierung in Pakistan bei.

Der Anschlag auf den Konvoi der ehemaligen Ministerpräsidentin Pakistans, Benazir Bhutto, bei dem gestern mindestens 145 Leute ums Leben kamen, dürfte diese Sorgen nun weiter anheizen. Der nigerianische Ölminister sagte gestern, dass der Ölpreis aktuell mehr von Spekulation als von politischen Ereignissen oder der Nachfrage getrieben werde. Er meinte darüber hinaus, dass eine weitere Erhöhung der OPEC-Förderung im Bereich des Möglichen liege.

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Wir glauben ebenfalls, dass die derzeitige "Ölkrise" keinesfalls auf eine physische Knappheit, sondern vielmehr auf die starke spekulative Nachfrage zurückzuführen ist und eine Produktionserhöhung seitens der OPEC derzeit nicht notwendig ist. Auf eine sinkende Bereitschaft, die hohen Preise für Ölprodukte zu zahlen, deuten auch die fallenden Raffineriemargen hin. Sogar die Preise für Heizöl, die in der Vorbereitungsphase auf die Heizsaison wegen starker Nachfrage traditionell stärker als andere Produkte abschneiden, haben zuletzt deutlich schlechter als der Ölpreis abgeschnitten. Noch stärkere Reaktion zeigt die Benzinnachfrage, da in den USA die Steuern im Gegensatz zu Europa nur einen geringen Anteil des Tankstellenpreises ausmachen und der Konsument somit jeden Anstieg stärker zu spüren bekommt.

Darüber hinaus wird der Anstieg derzeit vom schwachen US-Dollar, - gestern erreichte der Euro ein neues Allzeithoch bei 1,4310 USD - unterstützt. Aufgrund der zuletzt schwachen Konjunkturzahlen rechnet man mit einer weiteren Zinssenkung seitens der Fed am Monatsende. Dies ist als negativ für den US-Dollar und positiv für den Sachwert Rohöl zu werten. Aufgrund der immensen Dynamik der Ölhausse und der Nähe zu magischen 100 USD ist derzeit ein weiterer Anstieg nicht auszuschliessen. Ein solcher Anstieg dürfte jedoch durchaus zu einem Nachfrageschock und langfristig negativen Folgen für den Ölpreis führen, da sich neue Technologien und Verbrauchsmuster durchsetzen könnten.


Edelmetalle

Der Goldpreis konnte dank des schwachen US-Dollar und der Zinssenkungsfantasie, d.h. fallenden Realzinsen, heute Morgen bei 771,10 USD je Unze ein neues 27-Jahreshoch markieren. Die neuen Rekordwerte bei EUR/USD und dem Ölpreis stützen derzeit auch den Goldpreis, ansonsten wäre aufgrund des starken Optimismus bereits eine Korrektur fällig. Sollte EUR/USD nun in Richtung 1,45 USD laufen, könnte der Goldpreis gleichzeitig ohne Zwischenkorrektur auf 800 USD steigen. Die traditionell starke Nachfrage im Oktober vor den großen Feiern in Indien bietet auch an der physischen Front weitere Unterstützung an. Der Chef von Newmont Mining teilte gestern mit, dass Gold seiner Meinung nach noch über weiteres Potenzial verfüge. Wir bleiben mittel- bis langfristig weiter positiv für den Goldpreis gestimmt, sehen aber kurzfristig eine Korrektur als notwendig an.

Der weltgrößte Platinproduzent Anglo Platinum erwartet einen Verlust von 1.300 Unzen Platin täglich - das Unternehmen wird seine Produktionsziele für 2007 voraussichtlich um 12% verfehlen - nachdem die südafrikanische Regierung die vorübergehende Schließung von drei Schächten der größten Mine angeordnet hat. Der Preis für Platin setzt auch dank des festen Goldpreises seinen Anstieg fort und erreicht mit 1450 USD ein neues Hoch.


Industriemetalle

Die LME-Lagerbestände für die meisten Industriemetalle sind gestern wieder gestiegen. Am stärkten mit knapp 6% nahmen erneut die Bleibestände zu, die in nur drei Tagen um insgesamt 40% anzogen. Dennoch konnte sich der Bleipreis sehr gut behaupten und steig gleichzeitig um 3% an. Diese eher einseitige Wahrnehmung der Marktteilnehmer dürfte sich aus unserer Sicht bald rächen und der Bleipreis wieder sinken.

Auch bei Kupfer setzt sich der Lageraufbau fort, die Lager stiegen gestern um weitere 4.625 Tonnen oder 3,2%. Der Kupferpreis reagierte mit einem weiteren Rückschlag, auch wegen schwächeren US-Konjunkturdaten. Die Rohstoffunternehmen, wie z.B. gestern vom großen australischen Kupferproduzenten Oxiana, mitgeteilt, sehen dennoch die chinesische Nachfrage als sehr stark an und rechnen im nächsten Jahr mit Rekordpreisen.

Wir führen die Stärke der Industriemetalle hauptsächlich auf steigende Ölpreise, einen schwächeren US-Dollar und eine lebhafte Nachfrage nach Rohstoff-Derivaten zurück.


© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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