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Nur Ausschüttungen als Gewinn besteuern?

26.11.2023  |  Prof. Dr. Eberhard Hamer
Nach dem letzten Weltkrieg war die Krise der deutschen Wirtschaft viel stärker als heute, gab es aber trotzdem Optimismus, Investitionsbereitschaft und Wirtschaftswachstum – das nachher immer bestaunte "Wirtschaftswunder".

Was waren die Gründe dafür:
  • Während sich heute mehr als die Hälfte der Bevölkerung zurücklehnt und auf öffentliche Gaben für ihren Lebensunterhalt wartet, musste damals jeder selbst sehen, wo er blieb, musste man sich schon selbst regen, wenn man aus der Not kommen wollte.

    Das Selbstverantwortungssystem der Marktwirtschaft ist nach der zusammengebrochenen Verwaltungswirtschaft begriffen worden, weil Regierung, Wissenschaft und Publizistik diese Selbstverantwortung der Bürger einhellig abforderten und voraussetzten. Damals gab es nur Hilfe bei Not, heute gibt es Sozialleistung für alle, nicht nur für diejenigen, welche nicht können, sondern auf für diejenigen, die nicht ernsthaft wollen oder sogar für diejenigen, welche zu diesem Zweck zu uns gekommen sind.

  • Nach dem letzten Weltkrieg waren alle Nazi-Gesetze abgeschafft und hatten wir die größte Gesetzesfreiheit der deutschen Geschichte. Man konnte also etwas beginnen, ohne gleich von Kompanien von Bürokraten verfolgt, gegängelt, kommandiert und abgezockt zu werden. Inzwischen muss derjenige, der sich selbständig machen oder etwas investieren will, 90.000 deutsche und mehr als 40.000 europäische Vorschriften beachten, muss sich der Zwangsfürsorge von Kammern, Berufsgenossenschaften, Sozialkassen, Gewerbeaufsicht, Gewerkschaften und Ordnungsämtern erwehren. Nicht einmal die Hälfte aller Projekte kommt dabei durch.

  • Nach dem Zusammenbruch 1945 dominierten die Direktlöhne. Die Lohnnebenkosten lagen unter 30%. Heute sind die Lohnzusatzkosten fast dreimal so hoch und das Sinkgewicht für Investitionen und Arbeitsplätze. Wer einen Mitarbeiter einstellen will, muss ca. 40.000,- Euro Jahreslohnkosten rechnen.

    Der Mitarbeiter selbst hat aber davon nicht einmal die Hälfte verfügbar. Die Differenz zwischen dem, was unsere Mitarbeiter verdienen und dem was sie kosten, ist durch den gefräßigen Steuerstaat, den ausgeuferten Sozialfeudalismus und durch die auf die Löhne aufgeschlagenen "Sozialleistungen für alle" untragbar und vor allem international nicht mehr wettbewerbsfähig.

    Dazu hat eine öko-trunkene Regierung ("Ökonomie statt Ökologie") auch noch unsere billige russische Energie gekündigt und dafür dreifach so teure amerikanische eingekauft, uns zum Höchstenergiekostenland der Welt gemacht und aus dem gleichen Wahnsinn für unseren Wohlstand wichtige Branchen bis zur Unrentabilität umzuerziehen versucht.

    Die Folge: Die Kapitalgesellschaften wandern mit den Arbeitsplätzen in die Billiglohnländer Osteuropas ab, der Mittelstand kann nicht flüchten, sondern muss leiden und sterben. Wir haben inzwischen die höchste Zahl von Insolvenzen des Mittelstandes der Nachkriegszeit.

  • Ob Unternehmen investieren, neue Arbeitsplätze schaffen, wachsen und zu einem neuen Wirtschaftsaufschwung helfen, hängt von ihrer Finanzsituation ab.

    Kapitalgesellschaften können auf dem Kapitalmarkt, wenn sie sachliche Sicherheiten haben, Fremdkapital bekommen.

    Den Personalunternehmen haben aber die Basel-Regeln Fremdkapital abgeschnitten, weil die Inhaberperson nicht mehr als Kreditbasis gilt. Die mittelständischen Personalunternehmen können daher nur mit Eigenkapital wachsen. Sie werden aber höher besteuert (45%) als Kapitalgesellschaften (15%).

    96% aller unserer Unternehmen sind Personalunternehmen mit der weltweit höchsten Abgabelast.

    Nach dem letzten Weltkrieg hat der Wirtschaftsminister Ludwig Erhard gewusst, wie wichtig Eigenkapitalbildung für mittelständische Unternehmen ist. Die Unternehmer vergrößern mit Überschüssen erst ihren eigenen Betrieb, bevor sie Gewinne entnehmen. Bis 1956 hat deshalb Ludwig Erhart als zentrale Investitionsförderung, Arbeitsplatzförderung und Mittelstandsförderung immer verteidigt, dass alle Unternehmen nur ihre Entnahmen bzw. Ausschüttungen als Gewinn versteuern müssen.

    So konnten die Personalunternehmen aus eigenen Gewinnen ihren eigenen Aufstieg finanzieren und das "Wirtschaftswunder" zustande bringen. Die mittelständischen Personalunternehmen beschäftigen nämlich zwei Drittel unserer Mitarbeiter (Kapitalgesellschaften nur 23%), sind standorttreu (Konzerne verlagern) und für die Konjunktur entscheidend.

    Weil aber mittelständische Unternehmen vom Kapitalmarkt kein Fremdkapital mehr bekommen, sie also aus Eigenkapital leben und wachsen müssen, wären Gewinne die einzige Eigenkapitalbildungs-möglichkeit der mittelständischen Personalunternehmen. Diese notwendigen Eigenmittel werden ihnen aber abgesteuert und in die Welt verteilt. Wer also einen Konjunkturaufschwung haben will, muss die welthöchste Abgabenquote des Mittelstandes beseitigen, muss ihm die Möglichkeit geben, Investitionen und Arbeitsplätze aus eigener Kraft zu schaffen, muss also den im Betrieb verbleibenden Kapitalstock von der Auszehrung durch Steuern verschonen.

Die Mittelstandsforschung hat schon immer eine "einheitliche Betriebssteuer für alle Unternehmensrechtsformen" gefordert, um die Ungerechtigkeit der höheren Mittelstandsbesteuerung statt der Besteuerung der Kapitalgesellschaften zu beenden ¹. Der Mittelstand wird also bisher steuerlich diskriminiert, weil unsere Finanzpolitik die Gewinne eines mittelständischen Unternehmens zu Unrecht als Konsumeinkommen des Unternehmers sieht und versteuert. Dabei werden die notwendigen Re-Investitionen, Inflation und die Arbeitsplatzsteuern nicht berücksichtigt.


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