Wie kommen wir am besten durch die Krise?
06.01.2024 | Prof. Dr. Eberhard Hamer
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3. Was könnte ein Unternehmer jetzt tun?Für einen guten Unternehmer kommt es darauf an,
1. die Zeichen der Zeit richtig zu erkennen,
2. seine Strategien auf die jeweilige Situation kurz-, mittel- und langfristig einzustellen
3. und das Tagesgeschäft nach der Tagessituation, z. B. Preisniveau, einzurichten, das Unternehmen aber langfristig zu sichern.
Das ist immer möglich. Man kann nicht nur im Boom Sieger werden, sondern auch in der Krise, in der Rezession, sogar in der Depression. Man muss nur die richtige Strategie haben.
Bisher waren wir mit Offensivstrategien der Unternehmen erfolgreich. Nun müssen wir lernen, dass auch Defensivstrategien nicht nur zum Überleben, sondern auch zum Erfolg führen können.
Solche Defensivstrategien sind in der Deflationskrise nötig. Was können wir dazu tun?
- 3.1 Die Verminderung der Geldmenge bedeutet, dass unsere Hauptsorge im Unternehmen der Liquidität gelten muss. Sie können nicht mehr damit rechnen, neue Kredite zu bekommen. Es ist nicht einmal sicher, ob sie bestehende Kredite noch verlängert bekommen. Wer also in den nächsten drei Jahren Kredite auslaufen hat, sollte noch jetzt sofort eine Prolongation dieser Kredite zu erreichen versuchen. Die Verhandlungspositionen werden für uns immer schwieriger.
3.2 Wir müssen zur Sicherheit des Unternehmens, aber auch aus Bonitätsgründen das Verhältnis von Eigenkapital zu Fremdkapital zu verbessern versuchen, indem wir schon jetzt im ersten Drittel der Krise uns von überflüssigen Anlagegütern und von viel Umlaufvermögen trennen, um dadurch Zusatzliquidität zu gewinnen. Dies ist möglich etwa durch Fremdvermietung überflüssiger Räume oder gar Verkauf unrentabler Geschäftsstellen und vor allem durch Reduzierung des Lagers und der Vorräte. Bei Deflation sollte die Lagerhaltung so gering wie möglich sein.
3.3 Ein Liquiditätsproblem wird unser Umsatz. Nicht nur weil dieser in der Deflation sinken dürfte, sondern weil auch die Umsatzausfälle zahlungsunfähiger Kunden steigen werden. Gegen schlechtere Zahlungsmoral hilft die Mahnabteilung, gegen sinkenden Umsatz aber nur bessere und stärkere Werbung.
Dabei haben wir im Mittelstandsinstitut herausgefunden, dass die mittelständischen Inhaberbetriebe auf ganz anderer Werbeschiene erfolgreich sind als die großen Kapitalgesellschaften: Der Werbeerfolg von Personalunternehmen ist das personale Vertrauen der Kunden zur Inhaberfamilie, mehr als Konditionenwerbung. Wer deshalb als Inhaberbetrieb versucht, mit den Großen in Konditionenwettbewerb zu gehen, wird verlieren. Wer aber die Vertrauensschiene richtig mobilisieren kann, dem können die anonymen Großunternehmen nicht folgen, der kann seinen persönlichen Vertrauensumkreis behaupten.
In der Krise der dreißiger Jahre haben die Unternehmen Umsatzrückgänge von im Schnitt 30% hinnehmen müssen (bei allerdings auch um ca. 25% gesunkenen Löhnen und Sachkosten). Überlebt haben zwei Drittel der Unternehmen, welche ihre Liquidität trotz dieser Umsatzrückgänge halten konnten. Diese konnten sich im nachfolgenden Wiederaufschwung dann wieder erholen. Hiermit sollten auch Sie rechnen.
3.4 Zur Liquiditätsvorsorge gehört insbesondere auch die Schuldenpolitik. Wer in der Krise weniger Schulden hat, kommt besser durch die Krise als derjenige, der mehr Schulden hat, weil dieser eben eine zusätzliche Zins- und Amortisationslast in der Konkurrenz zu verkraften hat. Sie können also – grob gesagt – an den Schulden Ihrer Konkurrenten ablesen, wer im Verlauf der Krise als erster aufgeben muss. Wer keine Schulden in der Krise hat und sich sonst richtig verhält, wird am längsten überleben, kommt am besten durch.
Dies bedeutet, dass wir wesentliche Investitionen nicht machen sollten, solange Deflation herrscht, sondern alles auf den Umsatz, auf den Absatz, auf das laufende Geschäft konzentrieren sollten.
3.5 In Krisenzeiten ist es immer wichtig, auf alle Fälle vorbereitet zu sein. Viele von Ihnen haben deshalb auch mit Recht ihr Geschäfts- und Privatvermögen so getrennt, dass Schwierigkeiten in der Firma nicht auch zum Verlust des Privatvermögens führen können. Wer dies noch nicht getan hat, für den wird es höchste Zeit, entsprechende rechtliche Trennung zwischen Firmen- und Privatvermögen – notfalls durch Übertragung an Familienmitglieder – durchzuführen. In der Krise kann immer etwas Unvorhergesehenes passieren, sollten wir also unser Geschäftsrisiko auf das Geschäft begrenzen, um nicht im Alter mittellos dazustehen. Auch dies ist langfristige Liquiditätspolitik.
4. Neben Liquiditätsstrategien stehen Kostenstrategien wie immer an.
Neben den üblichen Kostenfaktoren, die Sie schon immer im Blick und in Arbeit haben, werden in der Krise vor allem Personalstrategien wichtig. Es hat sich bewährt, das eigene Personal in drei Gruppen einzuteilen,
1. die A-Gruppe der Unverzichtbaren und nicht zur Diskussion stehenden Kräfte,
2. die B-Gruppe der ebenfalls nur schwer verzichtbaren, aber in der Not zur Verfügung stehenden Kräfte.
3. C-Kräfte dagegen sind entbehrlich und sollten zuerst zum Abbau vorgesehen werden.
Zumeist sind die drei Gruppen etwa gleich groß. Es macht allerdings größte Mühe, solche Quotierungen überhaupt einzuteilen und ist dazu mehr Härte notwendig, als viele Unternehmer jetzt noch aufbringen wollen. Ist man sich aber rechtzeitig über den Stellenwert aller Mitarbeiter klar, kann man konjunkturbedingten Abbau in Ruhe vorbereiten und nicht erst unter Zwang.
In der Deflation wird es notwendig, sich auf die folgende Inflation vorzubereiten, also statt Senkung der Geldmenge wieder eine Steigerung und auch Steigen der Güterpreise.