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Märkte: Gekürzte EZB-Inflationsprognose setzt Akzente für Aktien - Bundesrechnungshof wirft Regierung Gefährdung der Stromversorgung vor – Bewertung der EZB-Verbalakrobatik

08.03.2024  |  Folker Hellmeyer
Der EUR/USD eröffnet bei 1,0947 (05:23 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0869 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 147,86. In der Folge notiert EUR-JPY bei 161,86. EUR-CHF oszilliert bei 0,9606.


Märkte: Gekürzte EZB-Inflationsprognose setzt Akzente für Aktien

Die Internationalen Finanzmärkte zeigen sich weiter in zumeist freundlicher Verfassung. Gestern wirkte sich die deutlich nach unten angepasste Inflationsprognose der EZB per 2024 für die westlichen Märkte unterstützend aus. Darauf kaprizierte sich der Markt. Das Datenpotpourri (siehe unten) lieferte keine unterstützenden Impulse. Ein höheres US-Handelsbilanzdefizit, ein neuer Rekord bei der US-Konsumverschuldung, sehr schwache japanische Konsumausgaben und ein unerwarteter Kollaps im deutschen Auftragseingang implizieren von der Wirtschaft kaum Inflationsdruck.

Westliche Aktienmärkte legten zu. Der Late DAX stieg um 0,90%, der EuroStoxx50 um 1,24%, der S&P 500 um 0,77%, der Dow Jones um 0,22% und der Citi US Tech 100 um 1,05%. In Fernost legte der Nikkei (Japan) Stand 06:42 Uhr um 0,26% zu. Der CSI 300 (China) verlor ,05%. An den Rentenmärkten ging es entspannter zu. 10-jährige Bundesanleihen rentieren mit 2,29% (Vortag 2,33%) und 10-jährige US-Staatsanleihen mit 4,08% (Vortag 4,12%).

Der USD verlor gegenüber dem EUR leicht an Boden. Gold und Silber sind wenig verändert.

Bundesrechnungshof wirft Regierung Gefährdung der Stromversorgung vor Der Bundesrechnungshof macht die Regierung wegen ihrer Energiepolitik für eine Gefährdung der Stromversorgung verantwortlich. Die sichere Versorgung sei gefährdet, der Strom teuer, während die Bundesregierung die Auswirkungen der Energiewende auf Landschaft, Natur und Umwelt nicht umfassend bewerten könne, so der Präsident des Bundesrechnungshofes.

Die Umsetzung der Energiewende sei ungenügend und berge gravierende Risiken für die energiepolitischen Ziele. Die Bundesregierung sei im Verzug beim Ausbau der erneuerbaren Energien und der Stromnetze sowie beim Aufbau von Backup-Kapazitäten, so das Fazit. Hinzu kämen Wissenslücken über die Umweltwirkungen der Transformation und ein fehlendes Konzept gegen hohe Strompreise.

Kommentar: Wir leben in einem energetischen Zeitalter (Wirtschaft und Gesellschaft). Alles hängt an Versorgungssicherheit und preislicher Konkurrenzfähigkeit. Das Maß an Verantwortungslosigkeit seitens Berlins ist Atem beraubend. Das Thema „Echokammern“ in Berlin spielt eine gravierende Rolle. Vielen Dank an den Bundesrechnungshof für Klartext.


EZB: Politik der ruhigen Hand, aber Inflationsziele laut Projektion faktisch erreicht

Die EZB hat erwartungsgemäß die Leitzinsen nicht angetastet. Der Leitzins bleibt bei 4,50% und der Anlagezins bei 4,00%. Die Beschlüsse im EZB-Rat waren allesamt einstimmig. Laut Frau Lagarde gab es keine Diskussionen über Zinssenkungen.

Kommentar: Das entsprach den Markterwartungen.

Die Leitzinsen würden sich aktuell auf einem Niveau bewegen, das bei Beibehaltung einen erheblichen Beitrag zum Erreichen des Inflationsziels von 2% leisten würde. Zukünftige Beschlüsse des EZB-Rats würden dafür sorgen, dass die Leitzinsen so lange wie erforderlich auf einem ausreichend restriktiven Niveau festgelegt würden.

Kommentar: Diese Einlassungen sind Ausdruck einer zunächst ruhigen, aber tendenziell "falkenhaften" Hand.


Lagarde stellte des weiteren fest, dass die meisten Maße für die zugrundeliegende Inflation im Januar weiter zurückgegangen wären. Es würde Zeichen geben, dass sich das Lohnwachstum etwas abschwäche und dass die Risiken für das Wachstum der Wirtschaft nach unten gerichtet wären. Man machte Fortschritte im Prozess der Disinflation. Im EZB-Rat wäre man jedoch noch nicht ausreichend zuversichtlich. Die Lohnentwicklung als auch die Entwicklung der Unternehmensgewinne stünden im Fokus des EZB-Rats. Im Juni würde man mehr wissen.

Man habe begonnen, über ein Zurückfahren des restriktiven Kurses zu diskutieren.

Kommentar: In der Tat nahm der Inflationsdruck deutlich ab. Wer dem Datenpotpourri hier im Report diesbezüglich folgt, kann zu keinem anderen Urteil kommen.

Frau Lagarde teilte uns zwischen den Zeilen mit, dass man den Rückgang des Preisniveaus unterschätzte. Deswegen sei man jetzt noch nicht handlungsbereit. Als die Inflation anzog, hat man das Ausmaß unterschätzt und zu spät agiert. Jetzt, da die Preisinflation rückläufiger ist als erwartet, ist man erneut zunächst nicht handlungsbereit.

Auch wird der "Erfolg" Japans in der Reduktion der Preisinflation (2,2%), ohne die Zinsen je erhöht zu haben (Leitzins aktuell -0,10%), vollständig intellektuell ignoriert, ergo das Thema Zinssensibilität im aktuellen Inflationsumfeld.

Gut, man diskutiert ein Zurückfahren des restriktiven Kurses. Das verwundert nicht, denn die "Tauben" hatten im EZB-Rat in den letzten Wochen vereinzelt mit den Flügeln geschlagen. Zudem gab es neue Prognosen für Inflation und Wachstum der Eurozone. Sowohl bei der Inflation als auch dem BIP-Wachstum wurden die Projektionen per 2024 gesenkt.


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Bei diesen Erwartungen der Fachleute der EZB für einen knapp dreijährigen Zeitraum mit einer Inflationsrate zwischen 1,9% und 2,3% bei einem markant restriktiven Leitzins von 4,5% stellen sich so manche Fragen! Eine Frage ist, ob der wirtschaftliche Stress bei mildem Inflationsdruck durch EZB-Politik noch verschärft werden soll? Die zweite Frage lautet: Ist das der Job der EZB?

Fazit: Losgelöst von der gelieferten Ambivalenz in der Verbalakrobatik impliziert die normative Kraft des Faktischen eine erhöhte Wahrscheinlichkeit eines ersten Zinssenkungsschrittes im Juni, sofern exogene Einflüsse, allen voran die Geopolitik, keine unerwarteten, die Inflation forcierenden Einflüsse generieren.



Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden

Eurozone: Deutschlands Auftragseingang bricht nach starkem Vormonat ein

Deutschland: Der Auftragseingang der deutschen Industrie sank per Januar unerwartet stark im Monatsvergleich um 11,3% (Prognose -6,0%). Auch die Revision des Vormonatswerts getragen von hohen Flugzeugorders (nicht extrapolierbar) von +8,9% auf +12,0%, nivelliert das negative Monatsergebnis per Januar nur in Teilen.

Griechenland: Die Arbeitslosenquote sank im 4. Quartal auf 10,5%. Es ist die geringste Quote seit dem 4. Quartal 2009.

Griechenland: Die Wirtschaftsleistung (BIP) stieg im 4. Quartal 2023 im Quartalsvergleich um 0,2% (Vorquartal -0,1%) und im Jahresvergleich um 1,2% (Vorquartal 2,1%).


USA: Höheres Handelsbilanzdefizit, Konsumverschuldung mit neuem Rekord

Die Handelsbilanz wies per Berichtsmonat Januar ein unerwartet hohes Defizit in Höhe von 67,4 Mrd. USD aus (Prognose -63,5 Mrd. USD, Vormonat -64,2 Mrd. USD revidiert von -62,2 Mrd. USD).

Die Arbeitslosenerstanträge stellten sich per 2. März 2024 auf 217.000 (Prognose 215.000) nach zuvor 217.000 (revidiert von 215.000).

Die US-Verbraucherkredite legten per Berichtsmonat Januar um 19,49 Mrd. USD (Prognose 9,25 Mrd. USD) nach zuvor 0,92 Mrd. USD (revidiert von 1,56 Mrd. USD) zu. Damit markierte die gesamte US-Konsumverschuldung mit 5.039,2 Mrd. USD einen neuen historischen Rekord

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China: Devisenreserven etwas höher

Die Devisenreserven stellten sich per Berichtsmonat Februar auf 3.226 Mrd. USD (Prognose 3.205 Mrd. USD) nach zuvor 3.219 Mrd. USD.


Russland: Devisenreserven geringfügig niedriger

Die Devisenreserven lagen per 1. März 2024 bei 581,1 Mrd. USD nach zuvor 582,0 Mrd. USD.


Japan: Konsumausgaben privater Haushalte enttäuschen markant

Die Ausgaben der privaten Haushalte verzeichneten per Januar im Monatsvergleich einen unerwarteten Rückgang um 2,1% (Prognose +0,4%) nach zuvor -0,9%. Im Jahresvergleich ergab sich ein Rückgang um 6,3% (Prognose -4,3%) nach zuvor -2,5%. Es ist der höchste Rückgang im Jahresvergleich seit Februar 2021.

Der Index „Economy Watcher‘s Poll“ stellte sich per Berichtsmonat Februar auf 51,3 nach zuvor 49,5 Punkten.

Derzeit ergibt sich für den EUR gegenüber dem USD eine positive Tendenz. Ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1,0540 – 1,0570 negiert das für den EUR positive Szenario.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefvolkswirt der Netfonds Gruppe



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