Öl bei 100 USD - Gold bald 1.000 USD?
03.01.2008 | Eugen Weinberg
Energie
Der Preis für Rohöl der Sorte WTI ist gestern Nachmittag kurzfristig bis an die psychologisch wichtige Marke von 100 USD herangelaufen und konnte im Tagesverlauf knapp 4 USD zulegen. Die NYMEX Börse hat gestern bestätigt, dass zu 100 USD tatsächlich eine Transaktion stattfand. Neben der Dollarschwäche - der US-Dollar verlor gestern im Tagesverlauf zwischenzeitlich 1,5 Cent gegenüber dem Euro - führte vor allem die Angst vor weiteren Angebotsstörungen in Nigeria durch Rebellenagriffe zu diesem starken Anstieg. Die geopolitischen Risiken, wie z.B. die Gefahren für die Öleinrichtungen in Nigeria oder die Lage in Pakistan, welches an den Iran grenzt, werden angesichts des hohen Ölpreises und der damit verbundenen stärkeren Wahrnehmung seitens der Marktteilnehmer noch ernster bewertet.
Darüber hinaus dürfte die runde Zahl die Fantasie der Anleger auf höhere Preise deutlich beflügelt haben. Auch die Erwartung eines Verfalls bei den US-Lagerbeständen für Rohöl, die heute Nachmittag veröffentlich werden, dürfte den Anstieg unterstützt haben. Bei den Rohöllagerbeständen wird mit einem Rückgang von 2,175 Mio. Barrel gegenüber der Vorwoche gerechnet, was den siebten Rückgang in Folge darstellen würde.
Die Benzinlagerbestände sollen hingegen um 1,75 Mio. Barrel ansteigen. Für die Bestände an Destillaten rechnet der Markt mit einem marginalen Rückgang von 250 Tsd. Barrel. Die Auslastung der Raffinierkapazitäten sollte um 0,5 Prozentpunkte angestiegen sein.
Indonesien, das zweitkleinste Mitglied der OPEC, wird auf dem nächsten OPEC-Treffen im Februar vorschlagen, die Förderquote um mindestens 500 Tsd. Barrel pro Tag anzuheben, sagte der OPEC-Gouverneur von Indonesien, Maizar Rahmen. Laut einem neuen Bericht der OPEC könnte es die OPEC bereits 2037 nicht mehr schaffen, ihren Anteil der Weltölversorgung bereit zu stellen. Es wird erwartet, dass die Nicht-OPEC-Staaten trotz Produktionssteigerungen es nicht schaffen werden, den steigenden Energiehunger der Welt zu stillen.
Aus unserer Sicht sind solche langfristigen Szenarien mit Vorsicht zu geniessen, da man vor 30 Jahren auch erwartet hat, dass im Jahre 2000 der Welt das Öl ausgehen würde. Zwar kann man ein kurzfristiges Überschreiten der 100 USD Marke derzeit nicht ausschließen. Jedoch glauben wir, dass sich der Markt anschliessen wieder beruhigen wird und die folgende Korrektur sehr stark ausfallen wird. Angesichts der hohen Konjunkturrisiken ist das derzeitige Preisniveau fundamental nicht gerechtfertigt.
Edelmetalle
Der Goldpreis kletterte gestern auf Schlusskursbasis auf einen neuen Rekordstand - der höchste Schlusskurs wurde davor am 21. Januar 1980 bei 850 USD verzeichnet. Gold konnte angesichts des starken Ölpreisanstiegs und des starken Rücksetzers des US-Dollar gegenüber dem Euro seine Rolle als Kapitalschutz behaupten. Zwischenzeitlich kletterte das gelbe Metall sogar auf 860,10 USD. Der US-Dollar kam nach dem stärksten Rückgang des ISM-Index in fünf Jahren deutlich unter Druck.
Wir rechnen weiterhin mit einer Fortsetzung der Aufwärtsbewegung bei Gold. Als nächstes Zwischenziel sehen wir den letzten Intraday-Rekord bei 871 USD. Auch Preise von 900 USD erscheinen angesichts des lehrbuchmäßigen Ausbruchs aus der Konsolidierungsformation nicht mehr unrealistisch. Anleger sollte beachten, dass heute genau wie 1980 geopolitische Risiken, ein schwacher US-Dollar sowie niedrige Realzinsen für den Anstieg des Goldpreises verantwortlich sind. Genau wie damals könnte es nun zu einer Beschleunigungsphase mit einer anschließenden Korrekturbewegung kommen, welche durch die geringe Größe der Anlageklasse Gold sowie der großen Anzahl technisch orientierter Trader begründet sind.
Industriemetalle
Die gestrigen US-Konjunkturdaten zeichnen keine guten Aussichten für die Industriemetallnachfrage. Der ISM-Index fiel stärker als erwartet von 50,8 auf 47,7 (Konsensschätzung lag bei 50,2) und damit auf den niedrigsten Stand seit Mai 2003. Die Metallpreise konnten sich jedoch vom Geschehen an den Aktienmärkten - Dow Jones erlebte den schlimmsten Jahresauftakt seit 1983 - abkoppeln und blieben durchweg stabil bzw. stiegen teilweise stark an
Die Reaktion der Industriemetalle deutet eher darauf hin, dass die starken Verkäufe zum Jahresende bereits eine mögliche Abschwächung der US-Konjunktur eingepreist haben bzw. dass die Metallmärkte jetzt ähnlich wie andere Rohstoffe wie Rohöl, Gold oder Agrarprodukte hauptsächlich von Investoren dominiert werden.
Die chinesische Regierung hat kürzlich höhere Exportzölle für Nichteisenmetalle angekündigt. Dies sollte zusammen mit der Streichung der früher reduzierten Strompreise zu einem Anstieg der Exportpreise für diese Metalle führen. Die 10%ige chinesische Exportsteuer auf Rohzinn sollte die Zinnexporte 2008 begrenzen und die Exportquote von 33,3 Tsd. Tonnen Zinn sollte nicht ausgeschöpft werden, was den Zinnpreis stützten wird.
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.
Der Preis für Rohöl der Sorte WTI ist gestern Nachmittag kurzfristig bis an die psychologisch wichtige Marke von 100 USD herangelaufen und konnte im Tagesverlauf knapp 4 USD zulegen. Die NYMEX Börse hat gestern bestätigt, dass zu 100 USD tatsächlich eine Transaktion stattfand. Neben der Dollarschwäche - der US-Dollar verlor gestern im Tagesverlauf zwischenzeitlich 1,5 Cent gegenüber dem Euro - führte vor allem die Angst vor weiteren Angebotsstörungen in Nigeria durch Rebellenagriffe zu diesem starken Anstieg. Die geopolitischen Risiken, wie z.B. die Gefahren für die Öleinrichtungen in Nigeria oder die Lage in Pakistan, welches an den Iran grenzt, werden angesichts des hohen Ölpreises und der damit verbundenen stärkeren Wahrnehmung seitens der Marktteilnehmer noch ernster bewertet.
Darüber hinaus dürfte die runde Zahl die Fantasie der Anleger auf höhere Preise deutlich beflügelt haben. Auch die Erwartung eines Verfalls bei den US-Lagerbeständen für Rohöl, die heute Nachmittag veröffentlich werden, dürfte den Anstieg unterstützt haben. Bei den Rohöllagerbeständen wird mit einem Rückgang von 2,175 Mio. Barrel gegenüber der Vorwoche gerechnet, was den siebten Rückgang in Folge darstellen würde.
Die Benzinlagerbestände sollen hingegen um 1,75 Mio. Barrel ansteigen. Für die Bestände an Destillaten rechnet der Markt mit einem marginalen Rückgang von 250 Tsd. Barrel. Die Auslastung der Raffinierkapazitäten sollte um 0,5 Prozentpunkte angestiegen sein.
Indonesien, das zweitkleinste Mitglied der OPEC, wird auf dem nächsten OPEC-Treffen im Februar vorschlagen, die Förderquote um mindestens 500 Tsd. Barrel pro Tag anzuheben, sagte der OPEC-Gouverneur von Indonesien, Maizar Rahmen. Laut einem neuen Bericht der OPEC könnte es die OPEC bereits 2037 nicht mehr schaffen, ihren Anteil der Weltölversorgung bereit zu stellen. Es wird erwartet, dass die Nicht-OPEC-Staaten trotz Produktionssteigerungen es nicht schaffen werden, den steigenden Energiehunger der Welt zu stillen.
Aus unserer Sicht sind solche langfristigen Szenarien mit Vorsicht zu geniessen, da man vor 30 Jahren auch erwartet hat, dass im Jahre 2000 der Welt das Öl ausgehen würde. Zwar kann man ein kurzfristiges Überschreiten der 100 USD Marke derzeit nicht ausschließen. Jedoch glauben wir, dass sich der Markt anschliessen wieder beruhigen wird und die folgende Korrektur sehr stark ausfallen wird. Angesichts der hohen Konjunkturrisiken ist das derzeitige Preisniveau fundamental nicht gerechtfertigt.
Edelmetalle
Der Goldpreis kletterte gestern auf Schlusskursbasis auf einen neuen Rekordstand - der höchste Schlusskurs wurde davor am 21. Januar 1980 bei 850 USD verzeichnet. Gold konnte angesichts des starken Ölpreisanstiegs und des starken Rücksetzers des US-Dollar gegenüber dem Euro seine Rolle als Kapitalschutz behaupten. Zwischenzeitlich kletterte das gelbe Metall sogar auf 860,10 USD. Der US-Dollar kam nach dem stärksten Rückgang des ISM-Index in fünf Jahren deutlich unter Druck.
Wir rechnen weiterhin mit einer Fortsetzung der Aufwärtsbewegung bei Gold. Als nächstes Zwischenziel sehen wir den letzten Intraday-Rekord bei 871 USD. Auch Preise von 900 USD erscheinen angesichts des lehrbuchmäßigen Ausbruchs aus der Konsolidierungsformation nicht mehr unrealistisch. Anleger sollte beachten, dass heute genau wie 1980 geopolitische Risiken, ein schwacher US-Dollar sowie niedrige Realzinsen für den Anstieg des Goldpreises verantwortlich sind. Genau wie damals könnte es nun zu einer Beschleunigungsphase mit einer anschließenden Korrekturbewegung kommen, welche durch die geringe Größe der Anlageklasse Gold sowie der großen Anzahl technisch orientierter Trader begründet sind.
Industriemetalle
Die gestrigen US-Konjunkturdaten zeichnen keine guten Aussichten für die Industriemetallnachfrage. Der ISM-Index fiel stärker als erwartet von 50,8 auf 47,7 (Konsensschätzung lag bei 50,2) und damit auf den niedrigsten Stand seit Mai 2003. Die Metallpreise konnten sich jedoch vom Geschehen an den Aktienmärkten - Dow Jones erlebte den schlimmsten Jahresauftakt seit 1983 - abkoppeln und blieben durchweg stabil bzw. stiegen teilweise stark an
Die Reaktion der Industriemetalle deutet eher darauf hin, dass die starken Verkäufe zum Jahresende bereits eine mögliche Abschwächung der US-Konjunktur eingepreist haben bzw. dass die Metallmärkte jetzt ähnlich wie andere Rohstoffe wie Rohöl, Gold oder Agrarprodukte hauptsächlich von Investoren dominiert werden.
Die chinesische Regierung hat kürzlich höhere Exportzölle für Nichteisenmetalle angekündigt. Dies sollte zusammen mit der Streichung der früher reduzierten Strompreise zu einem Anstieg der Exportpreise für diese Metalle führen. Die 10%ige chinesische Exportsteuer auf Rohzinn sollte die Zinnexporte 2008 begrenzen und die Exportquote von 33,3 Tsd. Tonnen Zinn sollte nicht ausgeschöpft werden, was den Zinnpreis stützten wird.
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
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