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Sozialismus im Aufwärtstrend

08.01.2008  |  Claus Vogt
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Wer trägt die Kosten ihrer Fehlentscheidungen?

Sie "tragen trotzdem die Kosten ihrer Fehlentscheidungen", hat Herr Kohn also gesagt. An wen mag er bei diesen Worten gedacht haben? An den geradezu fürstlich abgefundenen Ex-Chef von Merrill Lynch? An den nicht weniger üppig bedachten Charles Prince, den mittlerweile ebenfalls im Ruhestand weilenden Ex-Chef der Citibank? Oder gar an Alan Greenspan, den mit Abstand wichtigsten Fehlentscheider der vergangenen Jahre, der mit seiner Geldpolitik ja erst die Voraussetzungen geschaffen hat für die zahlreichen darauf basierenden Fehlentscheidungen der vielen Princes dieser Welt?

Greenspan wurde kürzlich übrigens in der US-Presse mit der Aussage zitiert, er habe sich nichts vorzuwerfen: "I have no particular regrets. The housing bubble is not a reflection of what we did, as it is a global phenomenon." (Ich habe nichts Spezielles zu bereuen. Die Immobilienblase hat nichts mit unserer Geldpolitik zu tun, weil sie ein weltweites Phänomen ist.) Die Chuzpe dieses Mannes ist wirklich kaum zu übertreffen. Aber zumindest in den USA mehren sich nach und nach die kritischen oder sogar sehr kritischen Stimmen, die der Greenspan’schen Geldpolitik den ihr gebührenden Stellenwert zukommen lassen.


Ein vollkommen enthemmter bei der größten Bank der Welt

Apropos Charles Prince und Citibank. Am 9. Juli 2007 erschien ein Interview mit Prince in der Financial Times. Dort sagt er ein paar Worte, die das Format haben, ihn auf ganz andere Weise unsterblich zu machen als er sich das gedacht haben mag. Er sagte: "When the music stops, in terms of liquidity, things will be complicated. But as long as the music is playing, you"ve got to get up and dance. We"re still dancing." (Wenn die Musik aufhört zu spielen - im Sinne von Liquidität - dann werden die Dinge kompliziert. Aber solange die Musik spielt, musst du aufstehen und tanzen. Wir tanzen noch.)

Dieser wilde Tanz auf dem Vulkan, zu dem Prince sich öffentlich bekannte, hatte - wie Sie wissen - für die derzeit größte Bank der Welt bereits ein paar unangenehme Folgen. Insbesondere sah sich die Citibank aufgrund verheerender Verluste bereits genötigt, frisches Eigenkapital zu besorgen. Fündig wurde man bei dem Staatsfonds von Abu Dhabi, wo allerdings nur teuer bezahltes Eigenkapital in Form einer mit 11% verzinsten Wandelanleihe eingeworben werden konnte.

Die Börse nahm diese Meldung zum Anlass für ein regelrechtes Kursfeuerwerk. Dabei ist diese Entwicklung alles andere als bullish. Vielmehr macht sie deutlich, wie prekär die Lage in der Bankenwelt bereits geworden ist - obwohl die Rezession noch gar nicht begonnen hat. Die Citibank musste nicht nur bis ans andere Ende der Welt gehen, um frisches Geld zugeführt zu bekommen. Diese Form der Eigenkapitalaufnahme ist außerdem sehr teuer ausgefallen. Bemerkenswert ist sicher auch, dass die Aktienrückkaufprogramme der vergangenen Jahre natürlich auf deutlich höherem Niveau stattgefunden haben. "Buy High, Sell Low" scheint das Credo der Bankmanager gelautet zu haben.


Sind Bürokraten die besseren Investoren?

Und was ist mit dem Käufer, dem Staatsfonds von Abu Dhabi? Dessen Investment sei ein klarer Vertrauensbeweis, hieß es in der Presse, ein Indikator für ein baldiges Ende der Bankenkrise. Warum ausgerechnet das Vertrauen arabischer Bürokraten - es handelt sich ja um einen Staatsfonds - in die größte Bank der Welt das baldige Ende der Bankenkrise signalisieren soll, erschließt sich mir nicht. Aber vielleicht verstehen arabische Vermögensverwaltungsbürokraten ja wirklich mehr von platzenden Immobilienblasen und deren Folgen für das Bankwesen als die betroffenen Spitzenmanager.

Auch der Ihnen jetzt schon vertraute Herr Prince, insbesondere wohl in seine eigenen Fähigkeiten. Am 2. August 2007 erschien im International Herald Tribune folgendes Prince-Zitat: "We see a lot of people on the Street who are scared. We are not scared." (Wir sehen viele Leute an der Wall Street, die Angst haben. Wir haben keine Angst.) Klüger wäre es natürlich gewesen, aufgrund der sich deutlich abzeichnenden Risiken Angst zu haben und entsprechende Entscheidungen zu treffen. Jetzt sind es also die Vermögensverwaltungsbürokraten aus Abu Dhabi, die keine Angst haben. Wir werden es erleben, wie weit das Konzept der Angstfreiheit in diesem Fall tragen wird.


Die "Wirtschaftsweisen" können wie immer keine drohende Rezession erkennen

Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands hat mit dem gewohnten Tamtam sein sogenanntes Jahresgutachten 2007/08 vorgelegt. Ernsthafte Rezessionsgefahren mag das Gremium wie üblich nicht erkennen.

Tiefgreifende, aber politisch unkorrekte Einsichten wie eine sich abzeichnende Rezession und deren geldpolitische Ursache oder gar staatskritische, für die Freiheit des Individuums und gegen Interventionen eintretende Bekenntnisse dürfen Sie von diesem Gremium der Politikberatung selbstverständlich nicht erwarten. Schließlich handelt es sich bei den Mitgliedern um Professoren. Und universitäre Karrieren hängen bekanntlich davon ab, sich nicht zu exponieren, sich nicht zu weit von der Herde zu entfernen und den auch in der Wissenschaft gängigen durchaus politischen Modetrends weitgehend zu folgen.


Staatskritische Denker machen keine Karriere in der Politikberatung

Und die später mögliche Karriere in der Politikberatung steht und fällt natürlich mit einer prinzipiell staats- und politikfreundlichen Grundhaltung, die den von allen Politikern geforderten Primat der Politik nicht in Frage stellen darf. Insbesondere müssen staatliche Eingriffe in die Wirtschaft prinzipiell gut geheißen werden. Folglich dürfen Sie von diesem am Staatstropf hängenden Gremium nicht allzu viel erwarten, noch nicht einmal die Prognose einer Rezession und schon gar nicht deren ursächliche Erklärung aus Fehlern der Fiskal- und Geldpolitik.




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