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Sozialismus im Aufwärtstrend

08.01.2008  |  Claus Vogt
- Seite 4 -
Steht die Rezession jetzt unmittelbar bevor?

Heute möchte ich Sie auf eine Analyse des US-Ökonomen und Hegdefondsmanagers John P. Hussman hinweisen, dessen nüchterne und objektive Arbeit ich sehr schätze. Auch er hat das Rad natürlich nicht neu erfunden oder einen bahnbrechenden, bisher gänzlich unbekannten Indikator entdeckt. Vielmehr nutzt auch er die nicht allzu zahlreichen und prinzipiell für ihre guten Ergebnisse bekannten Indikatoren, aber auf eine etwas andere Weise. Sein "Trick" besteht darin, eine Gleichzeitigkeit bestimmter Ergebnisse einer Vielzahl von Indikatoren zu verlangen.

Natürlich hat auch Hussman in den vergangenen Monaten beobachtet, dass zahlreiche Rezessionssignale gegeben wurden. Deshalb hat er - genau wie ich - vorsichtigen Anlegern zu einer sehr defensiven Grundhaltung geraten. Jetzt aber geht Hussman noch einen Schritt weiter und wagt es - entgegen der großen Mehrheit der Ökonomen - den Beginn einer Rezession als unmittelbar bevorstehend zu bezeichnen.


Hussmans Indikatoren-Set warnt jetzt vor einer unmittelbar bevorstehenden Rezession

Die jetzt gleichzeitig zu beobachtende Vielzahl einzelner Rezessionssignale sei das entscheidende Signal. In der Vergangenheit sei dieses massierte, gleichzeitige Auftreten der bekannten Einzelsignale immer dann aufgetreten, wenn die US-Wirtschaft sich entweder bereits in einer Rezession befand oder innerhalb weniger Wochen eine Rezession begann. Ein Fehlsignal habe es für die Historie dieses Indikator-Sets, das die gesamte Nachkriegszeit umfasse, nicht gegeben.

Wann werden wir wissen, ob dieser interessante Indikator erneut einen Treffer verbuchen kann oder ob er stattdessen sein erstes Fehlsignal gegeben hat? Die offizielle Bestätigung des Beginns einer Rezession erfolgt gewöhnlich erst viele Monate später - wenn das Schlimmste meist schon vorüber ist. Wir werden uns also noch ein bisschen gedulden müssen.


Prüfen sie jetzt noch einmal, ob Ihr Depot zu Ihrer Risikotoleranz passt

Die Wirtschaftslage hat sich erheblich zugespitzt. Folglich hat sich das Risiko einer schmerzhaften zyklischen Baisse deutlich erhöht. Bitte überprüfen Sie Ihre Depotstruktur jetzt unbedingt daraufhin, ob sie tatsächlich Ihrer individuellen Risikotoleranz auch für den Fall entspricht, dass sich eine normale zyklische Baisse entfalten sollte. Bedenken Sie dabei, dass der Dow Jones Industrial Average in der Vergangenheit im Zusammenhang mit einer Rezession immer gefallen ist, ausnahmslos. Im Durchschnitt betrug der Verlust 36%; bei anderen Marktsegmenten und Länderindizes war es sogar deutlich mehr. Realistischerweise müssen Sie also Kursverluste von mindestens 30% bis 50% einkalkulieren. Dabei besteht aufgrund der platzenden Immobilienblase, den riesigen ökonomischen Ungleichgewichten, die ich an dieser Stelle immer wieder thematisiert habe, und der nur noch als gigantisch zu bezeichnenden Menge an Finanzderivaten, die das Finanzsystem verweben und umspinnen, ein erhebliches Risiko, dass es nicht bei einer normalen Rezession und einer normalen Baisse bleiben wird.


Das Gesamtmodell

Die fundamentale Aktienbewertung ist weltweit sehr hoch. Alle klassischen Kennzahlen der Fundamentalanalyse wie Dividendenrendite, Kurs-Gewinn-Verhältnis oder Kurs-Cashflow-Verhältnis lassen unisono keine andere Interpretation zu. Da sich die recht starken Schwankungen unterworfenen Gewinnmargen auf Rekordniveaus befinden, die nicht von Dauer sein werden, ist die Qualität der Unternehmensgewinne auch von dieser eher wenig beachteten Seite aus mit Vorsicht zu genießen. Im ungünstigsten Fall kommen die Gewinne dann gleichzeitig über die Margen und durch den Wirtschaftszyklus unter Druck.

Bei den monetären Rahmenbedingungen wirken aufgrund der sehr langen zeitlichen Verzögerung, mit der geldpolitische Maßnahmen die Wirtschaft erreichen, noch immer die restriktiven Zinserhöhungen und die über viele Monate hin inverse Zinsstrukturkurve nach. Beide sind für sich genommen gute Rezessionsindikatoren, deren Rezessionswarnungen weiterhin Bestand haben.

Und selbst das US-Geldmengenwachstum bietet noch immer ein sehr durchwachsenes Bild. Die eng gefasste Geldmenge MZM hat mittlerweile raketenartig zu steigen begonnen. Auf Jahresbasis beträgt der Zuwachs 12,6%, und die annualisierte Veränderung der vergangenen drei Monate beläuft sich auf 20,3%. Hier werden jetzt schon wieder Größenordnungen erreicht, wie wir sie auch im Jahr 2001 gesehen haben. M-2 ist im Jahresvergleich um - im Vergleich zu Europa bescheidene - 6,5% ausgeweitet worden, die annualisierte Veränderung der vergangenen drei Monate beträgt 6,6%. M-1 hat jetzt wieder aufgehört zu fallen. Sowohl auf Jahresbasis als auch im annualisierten Dreimonatsvergleich ist sie um sehr bescheidene 0,3% gestiegen.

Auch die Sentimentindikatoren zeigen ein relativ gemischtes Bild. Die langfristigen sind weiterhin eindeutig negativ. Dazu zähle ich beispielsweise die Höhe der Wertpapierkredite und den Liquiditätsanteil der Aktienfonds. Beide Größen haben in den vergangenen Monaten ihre Rekordstände des Jahres 2000 deutlich überboten. Auch der Börsenoptimismus der US-Börsenbriefschreiber hat in diesem Zyklus einen neuen Rekord aufgestellt. Zwar nicht was die Anzahl der Börsenoptimisten angeht, aber hinsichtlich der Zeit, während der ununterbrochen mehr Optimisten als Pessimisten zu beobachten waren. Ganz anders hingegen ist es um den Börsenoptimismus der Privatanleger in den USA gestellt. Diese Statistik befindet sich aktuell in der Nähe seiner in den vergangenen Jahren erreichten Tiefpunkte. Es wird interessant sein zu beobachten, ob sich die Stimmung der Privatanleger, deren Bedeutung auch an der US-Börse deutlich zurückgegangen ist, erst noch aufhellen muss, bevor die nächste Abwärtswelle an der Börse beginnt.


Fazit

Mit Sozialismus schafft man keinen Wohlstand. Fast scheint es so, als wäre auch diese theoretisch eindeutig bewiesene und in der Praxis so überzeugend demonstrierte Wahrheit in Vergessenheitgeraten. Ein Wirtschaftswunder dürfen wir in den vom sozialistischen Virus befallenen saturierten Nationen des Westens also leider nicht erwarten. Aber vielleicht genügt es langfristig ja - global betrachtet - wenn Länder wir China, Russland, Indien oder Brasilien die Weichen auf Wachstum stellen.


© Claus Vogt
Leiter Research der Berliner Effektenbank




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