Rohöl - Totgesagte leben länger
03.04.2008 | Eugen Weinberg
Energie
Die Rohölimporte in die USA sind wie von uns erwartet in der Vorwoche um 15,6% auf jetzt 10,3 Mio. Barrel täglich gestiegen. Auch die von der DOE gemeldeten Rohöllagerbestände haben mit 7,3 Mio. Barrel erwartungsgemäß stärker zugenommen als Konsens, der von einem Anstieg über 2,3 Mio. Barrel ausging. Dass der Ölpreis daraufhin nicht unbedingt einbrechen wird, haben wir aber auch vorausgesehen. Kurz nach der Veröffentlichung der Zahlen ist der Preis zwar knapp unter die 100 USD-Marke abgetaucht, hat sich aber schnell wieder erholt und schloss über 104 USD.
Als Grund für den Anstieg wird unter anderem der starke Rückgang der Benzinlagerbestände genannt, die statt wie erwartet um 2,75 Mio. Barrel um 4,5 Mio. Barrel zurückgingen. Dies ist zwar einerseits auf eine höhere Nachfrage zurückzuführen – im Vergleich zur Vorwoche ist der implizierte Benzinverbrauch um 2,3% auf 9,5 Mio. Barrel täglich angewachsen. Dennoch liegt er immer noch 1,6% tiefer als im Vorjahr. Außerdem trug zu diesem Verfall der Bestände die nach wie vor für diese Jahreszeit untypisch geringe Auslastung der US-Raffinerien bei. Wir erwarten in den kommenden Tagen eine Stabilisierung des Ölpreises über 100 USD. Die Nähe zu den Allzeithochs könnte sogar den Preis weiter anziehen lassen.
Die Australian Petroleum Production and Exploration Association gab bekannt, dass die Explorationsausgaben in Australien für Öl & Gas in der Hochsee im Vorjahr um 70% auf 2 Milliarden USD gestiegen sind. Dies ist ein weiterer Beweis dafür, dass der Ölpreisanstieg großenteils noch auf die fundamentalen Faktoren, wie z.B. Kostensteigerungen zurück zu führen ist. Auch der immer wiederkehrende Aufruf nach einer stärkeren Besteuerung der Ölgesellschaften könnte längerfristig einen gegenteiligen Effekt haben, weil diese die Kostenbasis für die Ölproduktion erhöhen und entsprechend das Angebot drosseln und die Preise auf hohem Niveau unterstützen sollte.
Edelmetalle
Von den Strapazen der letzten Tage hat sich der Goldpreis etwas erholt und notiert wieder über 900 USD je Feinunze. Auch der Platinpreis kletterte erneut an die 2000 USD-Marke. Bei dem exzessiven Preisrückgang der letzten Tage handelte es sich aus unserer Sicht um eine notwendige Bereinigung des Marktes von kurzfristiger spekulativer Überhitzung auf dem Weg nach oben. Die latente Schwäche von US-Dollar und die zahlreichen Risiken dürften die Anlegernachfrage weitere ansporen. Auf der Angebotsseite ist längerfristig eher mit weiteren negativen Überraschungen zu rechnen.
Es wurde bekannt, dass der US-Versorger AES an seinen Plänen, bis zum Ende des nächsten Jahres in Südafrika als erster unabhängiger Energiversorger Kraftwerke mit einer Kapazität von 1000 MW zu installieren, nicht mehr festhält. Gleichzeitig versuchte Eskom die vor kurzem angekündigten Preissteigerungen für Strom von über zu 50% rechtfertigen. Diese Entwicklungen dürften auch langfristig negative Folgen insbesondere für das Gleichgewicht an den Edelmetallmärkten haben, da die Produktion weiter fallen wird.
Industriemetalle
Der Ausgang der Wahlen in Simbabwe könnte langfristig positive Folgen für die Rohstoffversorgung haben. Das afrikanische Land, das über immense Bodenschätze verfügt und in den letzten Jahren durch die Hyperinflation, ausländer- und investorenfeindliche Gesetze und die lang anhaltende Rezession geplagt wurde, könnte sich nach den Wahlen dem Westen öffnen. Für die Misere im Lande wird der Präsident Robert Mugabe, der seit 28 Jahren ununterbrochen im Amt ist, verantwortlich gemacht, der nun seinen Posten für die demokratische Opposition räumen könnte.
Die Aktien der Rohstoffunternehmen mit den Minenaktiva im Lande haben bereits in den letzten Tagen sehr positiv auf diese Entwicklung reagiert.
Die Stahlproduzenten erwarten nach dem starken Anstieg der Eisenerzpreise nun auch eine dramatische Steigerung der Preise für den anderen wichtigen Ausgangsrohstoff in der Stahlherstellung, die Kokskohle. Der Ausgang der Verhandlungen über das Ausmaß der Steigerung wird erst in einigen Wochen erwartet, dennoch rechnet der größte Stahlproduzent der Welt, ArcelorMittal, mit einem Preisanstieg von 150% bis 200%. Wir rechnen damit, dass die Preiserhöhungen für Stahl bereits im 2. Quartal erfolgen. Auch im 3. Quartal sollten die Stahlpreise, die zuletzt zum ersten Mal die psychologisch wichtige Marke von 1000 USD pro Tonne warmgewalzten Stahl erreicht haben, anziehen.
Am Kupfermarkt verfügt ein einziger Marktteilnehmer über mehr als 80% der Warrants. Obwohl die Lagerbestände in Shanghai und im LME-System zuletzt deutlich zurückkamen, führen wir den jüngsten Preisanstieg hauptsächlich auf spekulative Kräfte zurück und rechnen mit einer baldigen Korrektur der Kupferpreise unter 8000 USD je Tonne.
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.
Die Rohölimporte in die USA sind wie von uns erwartet in der Vorwoche um 15,6% auf jetzt 10,3 Mio. Barrel täglich gestiegen. Auch die von der DOE gemeldeten Rohöllagerbestände haben mit 7,3 Mio. Barrel erwartungsgemäß stärker zugenommen als Konsens, der von einem Anstieg über 2,3 Mio. Barrel ausging. Dass der Ölpreis daraufhin nicht unbedingt einbrechen wird, haben wir aber auch vorausgesehen. Kurz nach der Veröffentlichung der Zahlen ist der Preis zwar knapp unter die 100 USD-Marke abgetaucht, hat sich aber schnell wieder erholt und schloss über 104 USD.
Als Grund für den Anstieg wird unter anderem der starke Rückgang der Benzinlagerbestände genannt, die statt wie erwartet um 2,75 Mio. Barrel um 4,5 Mio. Barrel zurückgingen. Dies ist zwar einerseits auf eine höhere Nachfrage zurückzuführen – im Vergleich zur Vorwoche ist der implizierte Benzinverbrauch um 2,3% auf 9,5 Mio. Barrel täglich angewachsen. Dennoch liegt er immer noch 1,6% tiefer als im Vorjahr. Außerdem trug zu diesem Verfall der Bestände die nach wie vor für diese Jahreszeit untypisch geringe Auslastung der US-Raffinerien bei. Wir erwarten in den kommenden Tagen eine Stabilisierung des Ölpreises über 100 USD. Die Nähe zu den Allzeithochs könnte sogar den Preis weiter anziehen lassen.
Die Australian Petroleum Production and Exploration Association gab bekannt, dass die Explorationsausgaben in Australien für Öl & Gas in der Hochsee im Vorjahr um 70% auf 2 Milliarden USD gestiegen sind. Dies ist ein weiterer Beweis dafür, dass der Ölpreisanstieg großenteils noch auf die fundamentalen Faktoren, wie z.B. Kostensteigerungen zurück zu führen ist. Auch der immer wiederkehrende Aufruf nach einer stärkeren Besteuerung der Ölgesellschaften könnte längerfristig einen gegenteiligen Effekt haben, weil diese die Kostenbasis für die Ölproduktion erhöhen und entsprechend das Angebot drosseln und die Preise auf hohem Niveau unterstützen sollte.
Edelmetalle
Von den Strapazen der letzten Tage hat sich der Goldpreis etwas erholt und notiert wieder über 900 USD je Feinunze. Auch der Platinpreis kletterte erneut an die 2000 USD-Marke. Bei dem exzessiven Preisrückgang der letzten Tage handelte es sich aus unserer Sicht um eine notwendige Bereinigung des Marktes von kurzfristiger spekulativer Überhitzung auf dem Weg nach oben. Die latente Schwäche von US-Dollar und die zahlreichen Risiken dürften die Anlegernachfrage weitere ansporen. Auf der Angebotsseite ist längerfristig eher mit weiteren negativen Überraschungen zu rechnen.
Es wurde bekannt, dass der US-Versorger AES an seinen Plänen, bis zum Ende des nächsten Jahres in Südafrika als erster unabhängiger Energiversorger Kraftwerke mit einer Kapazität von 1000 MW zu installieren, nicht mehr festhält. Gleichzeitig versuchte Eskom die vor kurzem angekündigten Preissteigerungen für Strom von über zu 50% rechtfertigen. Diese Entwicklungen dürften auch langfristig negative Folgen insbesondere für das Gleichgewicht an den Edelmetallmärkten haben, da die Produktion weiter fallen wird.
Industriemetalle
Der Ausgang der Wahlen in Simbabwe könnte langfristig positive Folgen für die Rohstoffversorgung haben. Das afrikanische Land, das über immense Bodenschätze verfügt und in den letzten Jahren durch die Hyperinflation, ausländer- und investorenfeindliche Gesetze und die lang anhaltende Rezession geplagt wurde, könnte sich nach den Wahlen dem Westen öffnen. Für die Misere im Lande wird der Präsident Robert Mugabe, der seit 28 Jahren ununterbrochen im Amt ist, verantwortlich gemacht, der nun seinen Posten für die demokratische Opposition räumen könnte.
Die Aktien der Rohstoffunternehmen mit den Minenaktiva im Lande haben bereits in den letzten Tagen sehr positiv auf diese Entwicklung reagiert.
Die Stahlproduzenten erwarten nach dem starken Anstieg der Eisenerzpreise nun auch eine dramatische Steigerung der Preise für den anderen wichtigen Ausgangsrohstoff in der Stahlherstellung, die Kokskohle. Der Ausgang der Verhandlungen über das Ausmaß der Steigerung wird erst in einigen Wochen erwartet, dennoch rechnet der größte Stahlproduzent der Welt, ArcelorMittal, mit einem Preisanstieg von 150% bis 200%. Wir rechnen damit, dass die Preiserhöhungen für Stahl bereits im 2. Quartal erfolgen. Auch im 3. Quartal sollten die Stahlpreise, die zuletzt zum ersten Mal die psychologisch wichtige Marke von 1000 USD pro Tonne warmgewalzten Stahl erreicht haben, anziehen.
Am Kupfermarkt verfügt ein einziger Marktteilnehmer über mehr als 80% der Warrants. Obwohl die Lagerbestände in Shanghai und im LME-System zuletzt deutlich zurückkamen, führen wir den jüngsten Preisanstieg hauptsächlich auf spekulative Kräfte zurück und rechnen mit einer baldigen Korrektur der Kupferpreise unter 8000 USD je Tonne.
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
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