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Die Bärenmarkt-Wasserfolter

29.04.2008  |  Dr. Marc Faber
"Die größten Schwierigkeiten liegen dort, wo wir nicht nach ihnen suchen." Diese Feststellung wurde von Johann Wolfgang von Goethe niedergeschrieben und es ist möglich, dass sie für die heutigen Wirtschafts- und Finanzbedingungen sehr vorausahnend ist.

Wir wollen einmal davon ausgehen, dass das Undenkbare passiert: Das chinesische Wirtschaftswachstum schwächt sich sehr stark ab... oder schrumpft sogar - und es gibt Gründe, die das möglich machen. Die Rohstoffpreise fallen und bringen wirtschaftliche Schwierigkeiten in den Ländern mit sich, die die Ressourcen produzieren. Die Folge davon ist, dass in diesen Ländern die Importe von Kapital- und Verbrauchsgütern aus Europa und Japan zurückgehen.

Damit hätten wir dann das perfekte Umfeld für einen weltweiten Wirtschaftsabschwung mit düsteren Konsequenzen für die Unternehmenseinkünfte und die Preise der Vermögenswerte. Nun, ich gebe zu, dass es nicht sehr wahrscheinlich ist, das dieses Szenarium auftreten wird. Doch bei einem Besuch in Dubai konnte ich kürzlich sehen, wie es sich absspielen könnte.

Ich reise seit 1977 in den Nahen Osten und ich habe aus erster Hand den Ölboom der späten Siebziger und den Einbruch der Wertpapiere und der Immobilienpreise erlebt, als die Ölpreise in den frühen Achtzigern fielen. Vor ungefähr drei Jahren hatte ich bei einer Reise in den Nahen Osten das Gefühl, dass der gewaltige Equity-Boom zu einem Ende kommen würde.

Im Jahr 2006 sind die meisten Aktienmärkte im Nahen Osten um 50% und mehr eingebrochen, obwohl die Ökonomien nicht gelitten haben. Doch in den vergangenen drei Jahren sah es so aus, als könnte etwas bei dem gewaltigen Bau- und Wirtschaftsboom nicht stimmen, den Dubai und andere Länder im Nahen Osten gerade erleben. (Die größten Gebäude der Welt werden dort errichtet...) Was, wenn die Ölpreise fallen würden? Aber warum sollten sie fallen? Offensichtlich würden sie fallen, weil es aus China und den anderen schnell wachsenden Schwellenländern weniger Nachfrage gibt.

Aber warum sollte die Nachfrage nach Öl in China schwächer werden oder zurückfallen? Offensichtlich aufgrund einer wirtschaftlichen Rezession. Die Annahme, dass China und andere Schwellenländer auch weiterhin so schnell wachsen, könnte sich als sehr trügerisch herausstellen. In den vergangenen Jahren erfuhren die USA einen Kreditboom und China einen Boom bei den Kapitalausgaben. Beide könnten gleichzeitig zu Ende gehen. Ich möchte auch betonen, dass es eine gewaltige Verbindung zwischen sämtlichen Ökonomien der Welt gibt und dass es falsch wäre anzunehmen, dass die auf aktuelle Finanzkrise, deren Epizentrum in den Vereinigten Staaten zu suchen ist, nicht andere Finanz- und Wirtschaftskrisen an anderen Orten folgen könnten.

Und selbst wenn der Boom in Dubai ein für sich stehendes Ereignis wäre, wäre ich nicht sonderlich besorgt. Aber wohin ich auch Reise, kehre ich mit dem unangenehmen Gefühl zurück, dass der aktuelle Boom surreal und nicht tragbar ist. Die INDABA - die jährliche Konferenz für die Experten der natürlichen Rohstoffe - der ich Anfang des Jahres in Kapstadt beiwohnte, ist zu einem gewaltigen Zirkus geworden, der einen an die Shows für Verbraucherelektronik erinnern, die in den späten Neunzigern in Las Vegas stattfanden.

Und wenn ich auch gegenüber den Rohstoffen eine recht positive Einstellung habe, bezweifle ich doch, dass die Verantwortlichen aus dem Bergbau (und zuvorderst die Promoter und Lügner) so viel Geld machen werden, wie sie hoffen, ganz einfach aus dem Grunde, dass Forschungs- und Entwicklungskosten im Bergbau in die Höhe schießen. Jede große Stadt in der Welt erfährt außerdem einen großen Bauboom bei Wohn- und Bürogebäuden und in Urlaubsgebieten gibt es gewaltige Baugebiete mit Zweitwohnungen und Häusern.

Werden all diese neunen Büros Mieter finden, falls der Finanzsektor schrumpft - und ich glaube, dass wird er in den nächsten Jahren? Ich frage mich auch, ob sich all diese Käufer der Eigentumswohnungen und Zweitwohnungen der Unterhaltskosten ihrer Wohnungen bewusst sind, und die Tatsache berücksichtigt haben, dass die Preise an einem Markt mit Überangebote scharf einbrechen können.

Zuletzt denke ich, dass die Investoren nicht in der Lage sind, den Prozess der Entschuldung nach einer Phase des beschleunigten Kreditwachstums, angemessen zu berücksichtigen. In einer von Krediten angetriebenen Wirtschaft, bedeutet ein Rückgang des Kreditwachstums eine Senkung aller Anlagenpreise und einen Übergang der Wirtschaft in eine Rezession.

In dieser Hinsicht bin ich ganz besonders überrascht, dass die Analysten immer noch damit rechnen, dass die Erträge auf den S&P 500 im Jahr 2009 pro Aktie auf über 110 US-Dollar steigen werden. In den vergangenen Monaten habe ich hin und wieder über die Unternehmensgewinne gesprochen und meine Sorge zum Ausdruck gebracht, dass wir uns inmitten einer Ertragsblase befinden könnte, die überwiegend durch eine Explosion der Erträge aus dem Finanzsektor angetrieben wurde. Richard Berner, Chefökonom bei Morgan Staney, hat zuletzt eine exzellente Studie mit dem Titel "Downside Risk for Corporate Profits" (Die Gefahr eines Rückgangs der Unternehmensprofite) veröffentlicht, in der er die Meinung vertritt, dass die Aussichten für die Gewinne enttäuschend seien.

"Die Wirtschaftsaussichten für die USA haben sich verdüstert und eine verblassende Hebelwirkung, verschwindende Preismacht und eine verschlechterte Kreditqualität werden die Gewinnspannen einschränken. Trotz der Vorteile eines schwächeren Dollars scheint geringeres Wachstum im Ausland den Übersee-Gewinnboom zu zähmen." (Morgan Stanley Research North America, US Economics, 17. März 2008)."

"Berners Ansicht zufolge, machte die Kombination aus einem schwächeren Wachstum und einer hohen Hebelwirkung der Betriebs- und Finanzeinkünfte im unternehmerischen Amerika eine Schrumpfung der Gewinne unvermeidbar, selbst dann, wenn die Wirtschaft einer Rezession entgehen würde." (Er bezieht sich damit auf den Rückgang der Unternehmenseinkünfte im vierten Quartal 2007).

"Geringere Marginalkosten aber höhere Fixkosten haben diese Hebelwirkung erhöht. Die Fähigkeit des unternehmerischen Amerikas diesen Hebel auszunutzen, hat die Gewinne auf ein Rekordniveau getrieben, solange das Wachstum noch gesünder war. Ein starker Anstieg der Gewinne ist dann direkt auf die Untergrenze gestürzt... aber die Hebelwirkung - sowohl der Betriebs- als auch der Finanzierungskosten - wirkte in beide Richtungen. Geringeres Wachstum bedeutet, dass die Hebelwirkung der Betriebskosten sich umkehrt, bei fallenden Gewinnen, die gleich die Untergrenze erreichen."




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