Ölpreis koppelt sich von der Dollarentwicklung ab
08.05.2008 | Eugen Weinberg
Energie
Die Rallye am Ölmarkt ist nicht zu bremsen: Trotz eines überraschend hohen Lageraufbaus konnte der Ölpreis gestern ein neues Rekordhoch bei knapp 124 Dollar je Barrel markieren. Der Vorratsaufbau bei Rohöl in der Woche zum 2.Mai war mit 5,7 Mio. Barrel im Vergleich zur Vorwoche dreieinhalb mal so hoch wie erwartet. Auch die Benzinvorräte wurden erstmals seit sieben Wochen wieder aufgestockt und übertrafen mit einer Zunahme um 794 Tsd. Barrel im Vergleich zur Vorwoche ebenfalls deutlich die Erwartungen. Die Lagerbestände für Benzin liegen damit 2,5% über dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre. Diese eigentlich für eine Entspannung am Markt sprechende Nachricht wurde aber durch den im Vergleich zur Vorwoche deutlichen Anstieg der implizierten Benzinnachfrage wettgemacht.
Für Beunruhigung sorgt auch der spürbare Rückgang der Kapazitätsauslastung, die im historischen Vergleich ohnehin sehr niedrig war. Sie fiel um 0,4 Prozentpunkte auf knapp 85% zurück. Letzteres spricht aber weniger für steigende Rohölpreise als für steigende Destillatpreise. Der Abstand zwischen Destillatpreisen bewegt sich gemessen am Crack Spread 321 seit Mitte März tendenziell seitwärts.
Bemerkenswert ist vor allem, dass sich die jüngste Dollarstärke nicht in den Ölpreisen niedergeschlagen hat. Immerhin hat der Dollar gegenüber dem Euro in den letzten zwei Wochen gut 4% auf nun 1,53 Dollar je Euro zugelegt, während sich Öl im gleichen Zeitraum nochmals um 4 Dollar verteuert hat. Wir hatten schon früher darauf hingewiesen, dass der Zusammenhang zwischen Dollar und Öl in der Vergangenheit nicht immer so eng war wie in den letzten zweieinhalb Jahren. Offensichtlich ist die Rallye am Ölmarkt stark genug, um eine Abkoppelung der beiden Tendenzen zu ermöglichen.
Wir sehen weiteres Preissteigerungspotenzial bei Rohöl. Erdgas der Sorte Henry Hub ließ sich gestern vom Rohöl leicht mitziehen und verteuerte sich auf 11,4 Dollar je MMBtu. Heute Nachmittag werden die Lagerbestandsdaten veröffentlicht. Der Konsens rechnet mit einem Aufbau um 62 Mrd. Kubikfuß.
Edelmetalle
Anders als Öl können sich Gold und Silber der momentanen Dollarstärke nicht ganz entziehen. Gold fiel zurück auf 865 Dollar je Feinunze, konnte sich aber über dem jüngsten Zwischentief Anfang Mai halten. Das Direktorium des IWF hat gestern die Anfang April angekündigten Pläne bewilligt, 403,3 Tonnen der Goldreserven zu verkaufen. Gestern wurde darüber hinaus die "World Silver Survey 2008" veröffentlicht. Das Silver Institute verzeichnet einen starken Anstieg um 4% bei der Minenproduktion. Vor allem Chile,China und Mexiko hätten ihre Produktion stark ausgeweitet.
Auf der Nachfrageseite gaben die industrielle Nachfrage, das Investoreninteresse und ein starkes De-Hedging der Unternehmen wichtige Impulse; die Schmucknachfrage ist vor dem Hintergrund der stark gestiegenen Preise verhältnismäßig schwach gefallen, während die Nachfrage für photographische Zwecke - der Tendenz der letzten Jahre folgend - abermals stark zurückgegangen ist. Für das laufende Jahr sei laut World Silver Survey mit einem spürbar geringeren Zuwachs der industriellen Nachfrage zu rechnen. Zugleich dürfte aber die Minenproduktion abermals deutlich zulegen. Die Lücke dürfte durch ein starkes Investoreninteresse gefüllt werden. Bislang sei dies intakt: in den ersten drei Monaten des Jahres wären die Bestände der ETFs insgesamt um 32 Mio. Unzen gewachsen.
Industriemetalle
Der Industriemetalle gaben gestern mehrheitlich leicht ab. Aluminium verbilligte sich im Drei- Monatskontrakt auf gut 2900 Dollar je Tonne. Das chinesische Forschungsinstitut Antaike äußert, dass die Hüttenkapazitäten im laufenden Jahr deutlich stärker ausgebaut werden als bislang angenommen. Es dürften zusätzliche Kapazitäten in Höhe von 3,8 Mio. Tonnen geschaffen werden statt wie bislang angenommen nur 2,2 Mio. Tonnen. Dies könnte zu einer überraschend starken Angebotsausweitung in der zweiten Jahreshälfte führen.
Zinn konnte sich gegen den allgemeinen Trend gut behaupten. Vor allem der anhaltende Lagerabbau stützt den Preis. Die Lagerbestände haben sich seit Ende August letzten Jahres mehr als halbiert. Zinn markierte mit über 24 000 je Tonne im Dreimonatskontrakt ein neues Rekordhoch.
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.
Die Rallye am Ölmarkt ist nicht zu bremsen: Trotz eines überraschend hohen Lageraufbaus konnte der Ölpreis gestern ein neues Rekordhoch bei knapp 124 Dollar je Barrel markieren. Der Vorratsaufbau bei Rohöl in der Woche zum 2.Mai war mit 5,7 Mio. Barrel im Vergleich zur Vorwoche dreieinhalb mal so hoch wie erwartet. Auch die Benzinvorräte wurden erstmals seit sieben Wochen wieder aufgestockt und übertrafen mit einer Zunahme um 794 Tsd. Barrel im Vergleich zur Vorwoche ebenfalls deutlich die Erwartungen. Die Lagerbestände für Benzin liegen damit 2,5% über dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre. Diese eigentlich für eine Entspannung am Markt sprechende Nachricht wurde aber durch den im Vergleich zur Vorwoche deutlichen Anstieg der implizierten Benzinnachfrage wettgemacht.
Für Beunruhigung sorgt auch der spürbare Rückgang der Kapazitätsauslastung, die im historischen Vergleich ohnehin sehr niedrig war. Sie fiel um 0,4 Prozentpunkte auf knapp 85% zurück. Letzteres spricht aber weniger für steigende Rohölpreise als für steigende Destillatpreise. Der Abstand zwischen Destillatpreisen bewegt sich gemessen am Crack Spread 321 seit Mitte März tendenziell seitwärts.
Bemerkenswert ist vor allem, dass sich die jüngste Dollarstärke nicht in den Ölpreisen niedergeschlagen hat. Immerhin hat der Dollar gegenüber dem Euro in den letzten zwei Wochen gut 4% auf nun 1,53 Dollar je Euro zugelegt, während sich Öl im gleichen Zeitraum nochmals um 4 Dollar verteuert hat. Wir hatten schon früher darauf hingewiesen, dass der Zusammenhang zwischen Dollar und Öl in der Vergangenheit nicht immer so eng war wie in den letzten zweieinhalb Jahren. Offensichtlich ist die Rallye am Ölmarkt stark genug, um eine Abkoppelung der beiden Tendenzen zu ermöglichen.
Wir sehen weiteres Preissteigerungspotenzial bei Rohöl. Erdgas der Sorte Henry Hub ließ sich gestern vom Rohöl leicht mitziehen und verteuerte sich auf 11,4 Dollar je MMBtu. Heute Nachmittag werden die Lagerbestandsdaten veröffentlicht. Der Konsens rechnet mit einem Aufbau um 62 Mrd. Kubikfuß.
Edelmetalle
Anders als Öl können sich Gold und Silber der momentanen Dollarstärke nicht ganz entziehen. Gold fiel zurück auf 865 Dollar je Feinunze, konnte sich aber über dem jüngsten Zwischentief Anfang Mai halten. Das Direktorium des IWF hat gestern die Anfang April angekündigten Pläne bewilligt, 403,3 Tonnen der Goldreserven zu verkaufen. Gestern wurde darüber hinaus die "World Silver Survey 2008" veröffentlicht. Das Silver Institute verzeichnet einen starken Anstieg um 4% bei der Minenproduktion. Vor allem Chile,China und Mexiko hätten ihre Produktion stark ausgeweitet.
Auf der Nachfrageseite gaben die industrielle Nachfrage, das Investoreninteresse und ein starkes De-Hedging der Unternehmen wichtige Impulse; die Schmucknachfrage ist vor dem Hintergrund der stark gestiegenen Preise verhältnismäßig schwach gefallen, während die Nachfrage für photographische Zwecke - der Tendenz der letzten Jahre folgend - abermals stark zurückgegangen ist. Für das laufende Jahr sei laut World Silver Survey mit einem spürbar geringeren Zuwachs der industriellen Nachfrage zu rechnen. Zugleich dürfte aber die Minenproduktion abermals deutlich zulegen. Die Lücke dürfte durch ein starkes Investoreninteresse gefüllt werden. Bislang sei dies intakt: in den ersten drei Monaten des Jahres wären die Bestände der ETFs insgesamt um 32 Mio. Unzen gewachsen.
Industriemetalle
Der Industriemetalle gaben gestern mehrheitlich leicht ab. Aluminium verbilligte sich im Drei- Monatskontrakt auf gut 2900 Dollar je Tonne. Das chinesische Forschungsinstitut Antaike äußert, dass die Hüttenkapazitäten im laufenden Jahr deutlich stärker ausgebaut werden als bislang angenommen. Es dürften zusätzliche Kapazitäten in Höhe von 3,8 Mio. Tonnen geschaffen werden statt wie bislang angenommen nur 2,2 Mio. Tonnen. Dies könnte zu einer überraschend starken Angebotsausweitung in der zweiten Jahreshälfte führen.
Zinn konnte sich gegen den allgemeinen Trend gut behaupten. Vor allem der anhaltende Lagerabbau stützt den Preis. Die Lagerbestände haben sich seit Ende August letzten Jahres mehr als halbiert. Zinn markierte mit über 24 000 je Tonne im Dreimonatskontrakt ein neues Rekordhoch.
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
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