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Verschnaufpause am Rohölmarkt

13.05.2008  |  Eugen Weinberg
Energie

Nachdem der Ölpreis am Freitag mit 126 Dollar je Fass WTI einen weiteren Rekordwert markiert hatte, gab er im gestrigen Handel spürbar nach. Ausschlaggebend für die Korrektur war die Meldung, dass Chinas Rohölimporte im April erstmals seit 18 Monaten unter dem Vorjahreswert lagen. Die April-Zahl ist aber zweifellos im Kontext mit den extrem hohen Importen im März zu sehen, als die Raffinerien in China ihre Lager deutlich aufgestockt hatten. Insgesamt lagen die Importe in den ersten vier Monaten gut 9% über dem Vergleichszeitraum im Vorjahr. Die Aufwärtsdynamik ist nach wie vor hoch.

Auch in Nigeria könnte die Entspannung der Lage nur von kurzer Dauer sein. Ende letzter Woche hatte sowohl Exxon Mobil gemeldet, nach 8-tägigem Streik die Produktion wieder aufzunehmen, und auch Royal Dutch Shell gab an, in zwei Wochen wieder auf Normalniveau produzieren zu wollen. Jedoch ließ zugleich die nigerianische Befreiungsorganisiation MEND, die sich für die meisten Anschläge der jüngsten Vergangenheit verantwortlich zeigt, wissen, dass man die Aktionen gegen die Mineralölgesellschaften intensivieren würde.

Der heute Morgen veröffentlichte Monatsbericht der IEA zeichnet ein gemischtes Bild: zwar hat man die Prognose für die weltweite Nachfrage abermals wegen einer rückläufigen Bedarfs in den OECD Ländern nach unten genommen. Ingesamt wurde der weltweiten Ölnachfrage um 400 Tsd. Barrel nach unten revidiert, wobei diese Anpassung teilweise auf Revisionen für das Jahr 2007 zurückzuführen ist. Gleichzeitig bleibt aber gerade die Situtation am aktuellen Rand angespannt, denn die Angebotsausweitung außerhalb der OPEC bleibt deutlich hinter den Erwartungen zurück. Die Lagerbestände in den OECD Ländern sanken im März geringfügig um 1,3 Mio Barrel im Vergleich zum Vormonat.

Alles in allem denken wir, dass die Verschnaufpause am Ölmarkt nur von kurzer Dauer sein wird und das starke Investoreninteresse die Ölpreise auf neue Rekordwerte treiben wird. Auch das spekulative Interesse könnte erneut anziehen, nachdem es in der Woche zum 2. Mai zurückgekommen war. Die Anzahl der Netto-Longpositionen ist im Vergleich zur Vorwoche um 17 Tsd. Kontrakte gefallen und damit nur halb so hoch wie Mitte März.

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Erdgas in New York gab gestern ebenfalls nach. Bemerkenswert sind die hohen Netto-Shortpositionen am Gasmarkt trotz einer seit Jahresbeginn andauernden Rallye. Letzte Woche sind sie nach einem überraschenden Anstieg in der Vorwoche leicht gefallen.


Edelmetalle

Edelmetalle konnten sich gestern dank des schwächeren Dollar gegen den Trend am Ölmarkt gut behaupten. Allerdings ist ein nachlassendes spekulatives Interesse am Goldmarkt zu beobachten: Die Anzahl der Netto-Longpositionen sank zum 2. Mai bereits die dritte Woche in Folge. Sie liegt aber noch immer nur 16 Tsd. Kontrakte unter dem Niveau Mitte April. Anders dagegen die Tendenz bei Platin: hier ist auch das spekulative Interesse in den letzten Wochen wieder gestiegen. Mit rund 8.000 Kontrakten ist die Anzahl der Netto-Longpositionen Anfang Mai gut 70% höher als Mitte März. Platin konnte gestern die Hürde von 2.100 Dollar je Unze zurückerobern. Nachrichten über ein neues strukturiertes Produkt auf Platin (Exchange Traded Note) stimulierten. Diese ETN muss allerdings kein physisches Metall einlagern, so dass seine Auflage keinen nachhaltigen Effekt haben sollte.


Industriemetalle

Die Auswirkungen des schweren Erdbebens im Südwesten Chinas auf die Produktionsanlagen in dieser Regionen scheinen sich in Grenzen zu halten. Sichuan Aostar Aluminium, größter Aluminiumproduzent der Region meldet, dass die Produktion bereits wieder aufgenommen sei. Auch Chalco meldet keine Ausfälle. Außerdem haben nach vorläufigen Zahlen des chinesischen Zollamtes die Aluminiumexporte Chinas im April weiter angezogen: Sie lagen 20% über den März-Ausfuhren. Damit sind die Chancen auf eine schnelle Erholung der Aluminiumpreise zunächst begrenzt: Mittelfristig sehen wir aber durchaus weiteres Preissteigerungspotenzial.

Die Kupferimporte Chinas blieben gemäß der vorläufigen Zahlen überraschend hoch. Das könnte dem zuletzt unter Druck geratenen Kupferpreis kurzfristig helfen, zumal sowohl in Chile als auch in Peru die Front zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern in der Kupferminen angespannt bleibt.


© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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