Edelmetalle demonstrieren Stärke
19.05.2008 | Eugen Weinberg
Energie
Das neue Allzeithoch am Freitag bei WTI-Rohöl bei knapp 128 USD je Barrel wurde vom steigenden Interesse der institutionellen Investoren begleitet, die ihre Netto-Long-Positionen an der NYMEX erneut aufgebaut haben auf nun 71,8 Tsd. Kontrakte. Die negativen Nachrichten werden vom Markt derzeit scheinbar komplett ignoriert. So hat Saudi Arabien zuletzt bekannt gegeben, dass man die Produktion ab Juni um 300.000 Tsd. Barrel täglich erhöhen wird, obwohl dies scheinbar nicht einmal notwendig ist, weil die Liefersituation am Ölmarkt relativ entspannt ist.
Auch die Mitteilung, dass die USA nicht wie für dieses Jahr geplant die strategischen Ölreserven erhöhen werden, hat keinerlei negativen Effekt auf den Ölpreis gehabt. Das Problem liegt offensichtlich nicht in einem unzureichenden Angebot, sondern vielmehr in einer verstärkten Nachfrage seitens der Finanzinvestoren, die derzeit durch Befürchtungen um ein baldiges Erreichen des Produktionsmaximums, die geopolitischen Spannungen und die Umschichtung aus den anderen Anlageklassen verstärkt wird. Auch die kurzfristigen Entwicklungen, wie z.B. ein verstärkter Einsatz von Dieselgeneratoren in China nach dem Erdbeben, werden als Anlass für das spekulative Engagement genommen.
Wir erwarten, dass sich der WTI-Ölpreis kurzfristig zwischen 125 USD und 130 USD je Barrel bewegen wird, wobei ein weiterer Anstieg aufgrund der starken Preisdynamik, die noch weiteres Interesse anziehen dürfte, in den kommmenden Wochen wahrscheinlich ist. Wir führen diesen Anstieg auf steigendes Anlegerinteresse zurück und glauben, dass der mögliche negative Effekt vom „CFTC Re-Autorisierungsgesetz 2008“, das letzte Woche vom US-Kongress beschlossen wurde, noch unterschätzt wird. Demnach werden bald auch an der ICE (Intercontinenental Exchange), die den europäischen Ölhandel weitesgehend kontrolliert, Limite für die Derivate-Positionen eingeführt, was die Positionierung der Hedge-Fonds aus unserer Sicht beeinträchtigen wird.
Offensichtlich war die unterschiedliche Betrachtung der Positionierung der Spekulanten an der NYMEX und der IPE für das Amaranth-Debakel mitverantwortlich, weil die Handlungen des Fonds an der IPE von den regulierenden Organen ungeahndet blieben.
Die Tatsache, dass die Gaspreise noch über 10 USD je MMBtu notieren, verdanken sie hauptsächlich dem starken Ölpreisanstieg und dem nach wie vor hohen Short-Überhang an der NYMEX. Zwar haben die Großspekulanten ihre Short-Positionen zuletzt weiter eingedeckt, die Netto-Short-Positionen bleiben aber mit 65 Tsd. Kontrakten noch relativ hoch. Auch im Vergleich zum Ölpreis scheint Erdgas derzeit sehr günstig zu sein.
Edelmetalle
Die Netto-Long-Positionen der Großanleger bei Gold an der COMEX bleiben mit rund 153 Tsd. Kontrakten sehr hoch. Auch bei Silber überwiegt bei Finanzanlegern noch die Zuversicht: die Netto-Long-Positionen hier liegen bei über 40 Tsd. Kontrakten. Auch bei Platin und Palladium bleibt die Positionierung der nicht-kommerziellen Händler sehr positiv. Wir teilen derzeit diese Zuversicht, zumal die Preise für die Edelmetalle trotz der jüngsten Stärke des US-Dollar die psychologisch wichtigen Niveaus zurückerobern konnten. Der Goldpreis stieg über 900 USD, Silber über 17 USD und Platin über 2100 USD je Unze. Heute sollte der Jahresüber- und Ausblick "Platinum Review 2008" zum Markt der Platinmetalle von Johnson Matthey erscheinen, von dem wir weitere Impulse erwarten.
Industriemetalle
Das erneute Nachbeben in China dürfte die Ängste vor einer geringeren Blei- und Zinkproduktion in der chinesischen Provinz Sichuan nach wie vor schüren bzw. die Preise für die beiden Metalle unterstützen. Nicht nur die Schmelz- oder Minenkapazitäten wurden dadurch beeinflusst, sondern auch die Energiezufuhr und der Transport, was auch die Produktion von Aluminium und Kupfer negativ beeinträchtigen könnte.
Laut der vorläufigen Statistik der chinesischen Zollbehörde waren die Aluminiumimporte im April zum zweiten Mal in Folge höher als die Exporte. Wir erwarten, dass China in diesem Jahr ein nachhaltiger Netto-Importeur wird, was sich positiv auf die Preise auswirken dürfte. Auch sollten die gestiegenen Produktionskosten diesen Trend unterstützen. Wir bleiben ür Aluminium positiv gestimmt.
Obwohl bei Kupfer China nach wie vor ein großer Netto-Importeur bleibt, sind die Importe zuletzt eher gesunken, während die Exporte weiter zugenommen haben. In den ersten vier Monaten des Jahres sind die chinesischen Exporte von Kupfer und Kupferprodukten um 36,2% gestiegen, wobei die Importe in dieser Zeit um 11,8% fielen. Nach dem Ende des Streiks bei Codelco in Chile rechnen wir damit, dass am Markt die Entspannung einkehrt und die Preise in Kürze unter 8000 USD je Tonne sinken. Auch wurde ein Streik der Minenarbeiter in Peru durch die günstige pro-aktive Regierungspolitik unwahrscheinlicher.
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.
Das neue Allzeithoch am Freitag bei WTI-Rohöl bei knapp 128 USD je Barrel wurde vom steigenden Interesse der institutionellen Investoren begleitet, die ihre Netto-Long-Positionen an der NYMEX erneut aufgebaut haben auf nun 71,8 Tsd. Kontrakte. Die negativen Nachrichten werden vom Markt derzeit scheinbar komplett ignoriert. So hat Saudi Arabien zuletzt bekannt gegeben, dass man die Produktion ab Juni um 300.000 Tsd. Barrel täglich erhöhen wird, obwohl dies scheinbar nicht einmal notwendig ist, weil die Liefersituation am Ölmarkt relativ entspannt ist.
Auch die Mitteilung, dass die USA nicht wie für dieses Jahr geplant die strategischen Ölreserven erhöhen werden, hat keinerlei negativen Effekt auf den Ölpreis gehabt. Das Problem liegt offensichtlich nicht in einem unzureichenden Angebot, sondern vielmehr in einer verstärkten Nachfrage seitens der Finanzinvestoren, die derzeit durch Befürchtungen um ein baldiges Erreichen des Produktionsmaximums, die geopolitischen Spannungen und die Umschichtung aus den anderen Anlageklassen verstärkt wird. Auch die kurzfristigen Entwicklungen, wie z.B. ein verstärkter Einsatz von Dieselgeneratoren in China nach dem Erdbeben, werden als Anlass für das spekulative Engagement genommen.
Wir erwarten, dass sich der WTI-Ölpreis kurzfristig zwischen 125 USD und 130 USD je Barrel bewegen wird, wobei ein weiterer Anstieg aufgrund der starken Preisdynamik, die noch weiteres Interesse anziehen dürfte, in den kommmenden Wochen wahrscheinlich ist. Wir führen diesen Anstieg auf steigendes Anlegerinteresse zurück und glauben, dass der mögliche negative Effekt vom „CFTC Re-Autorisierungsgesetz 2008“, das letzte Woche vom US-Kongress beschlossen wurde, noch unterschätzt wird. Demnach werden bald auch an der ICE (Intercontinenental Exchange), die den europäischen Ölhandel weitesgehend kontrolliert, Limite für die Derivate-Positionen eingeführt, was die Positionierung der Hedge-Fonds aus unserer Sicht beeinträchtigen wird.
Offensichtlich war die unterschiedliche Betrachtung der Positionierung der Spekulanten an der NYMEX und der IPE für das Amaranth-Debakel mitverantwortlich, weil die Handlungen des Fonds an der IPE von den regulierenden Organen ungeahndet blieben.
Die Tatsache, dass die Gaspreise noch über 10 USD je MMBtu notieren, verdanken sie hauptsächlich dem starken Ölpreisanstieg und dem nach wie vor hohen Short-Überhang an der NYMEX. Zwar haben die Großspekulanten ihre Short-Positionen zuletzt weiter eingedeckt, die Netto-Short-Positionen bleiben aber mit 65 Tsd. Kontrakten noch relativ hoch. Auch im Vergleich zum Ölpreis scheint Erdgas derzeit sehr günstig zu sein.
Edelmetalle
Die Netto-Long-Positionen der Großanleger bei Gold an der COMEX bleiben mit rund 153 Tsd. Kontrakten sehr hoch. Auch bei Silber überwiegt bei Finanzanlegern noch die Zuversicht: die Netto-Long-Positionen hier liegen bei über 40 Tsd. Kontrakten. Auch bei Platin und Palladium bleibt die Positionierung der nicht-kommerziellen Händler sehr positiv. Wir teilen derzeit diese Zuversicht, zumal die Preise für die Edelmetalle trotz der jüngsten Stärke des US-Dollar die psychologisch wichtigen Niveaus zurückerobern konnten. Der Goldpreis stieg über 900 USD, Silber über 17 USD und Platin über 2100 USD je Unze. Heute sollte der Jahresüber- und Ausblick "Platinum Review 2008" zum Markt der Platinmetalle von Johnson Matthey erscheinen, von dem wir weitere Impulse erwarten.
Industriemetalle
Das erneute Nachbeben in China dürfte die Ängste vor einer geringeren Blei- und Zinkproduktion in der chinesischen Provinz Sichuan nach wie vor schüren bzw. die Preise für die beiden Metalle unterstützen. Nicht nur die Schmelz- oder Minenkapazitäten wurden dadurch beeinflusst, sondern auch die Energiezufuhr und der Transport, was auch die Produktion von Aluminium und Kupfer negativ beeinträchtigen könnte.
Laut der vorläufigen Statistik der chinesischen Zollbehörde waren die Aluminiumimporte im April zum zweiten Mal in Folge höher als die Exporte. Wir erwarten, dass China in diesem Jahr ein nachhaltiger Netto-Importeur wird, was sich positiv auf die Preise auswirken dürfte. Auch sollten die gestiegenen Produktionskosten diesen Trend unterstützen. Wir bleiben ür Aluminium positiv gestimmt.
Obwohl bei Kupfer China nach wie vor ein großer Netto-Importeur bleibt, sind die Importe zuletzt eher gesunken, während die Exporte weiter zugenommen haben. In den ersten vier Monaten des Jahres sind die chinesischen Exporte von Kupfer und Kupferprodukten um 36,2% gestiegen, wobei die Importe in dieser Zeit um 11,8% fielen. Nach dem Ende des Streiks bei Codelco in Chile rechnen wir damit, dass am Markt die Entspannung einkehrt und die Preise in Kürze unter 8000 USD je Tonne sinken. Auch wurde ein Streik der Minenarbeiter in Peru durch die günstige pro-aktive Regierungspolitik unwahrscheinlicher.
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
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