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Contango am Ölmarkt kehrt zurück

20.05.2008  |  Eugen Weinberg
Energie

Zwar hat sich das vordere Ende der Forward-Kurve bei Rohöl gestern kaum bewegt. Dafür haben die langlaufenden Kontrakte stark angezogen. Seit Monaten befand sich der Terminmarkt für Rohöl in einer ausgeprägten Backwardation-Konstellation, d.h. die längeren Terminkontrakte notierten stark unter dem Kassakurs. Diese Konstellation wird von den Investoren meist bevorzugt, weil sie optisch günstiger aussieht und eine höhere Partizipationsrate beim Preisanstieg ermöglicht.

Die massive Veränderung des Kurvenverlaufs deutet einerseits auf ein verstärktes Engagement der Anleger, die Öl-Derivate erwerben, und höhere Markterwartungen hin. Andererseits sehen wir dieses Phänomen als Tribut an die erneut aufflammenden Diskussionen über die Peak-Oil These. Die dadurch induzierten Käufe betreffen vor allem das lange Ende der Kurve, weil man an eine reale physische Knappheit in einigen Jahren glaubt. Außerdem signalisiert die Veränderung der Kurve offensichtlich eine komfortable Liefersituation. Obwohl die Situation um die Ölversorgung derzeit entspannt ist und die Lagerbestände auf einem hohen Niveau liegen, geht man davon aus, dass sich diese einengen werden, was die Preise nach oben treiben würde.

Insgesamt bleibt die Dynamik des Preisanstiegs sehr ausgeprägt, und wir können noch keine Abschwächung dieses Trends erkennen. Die Nähe zu der neuen Marke von 130 USD je Barrel sollte weiteres spekulatives Interesse anziehen. Dies wird auch von der Nachrichtenfront unterstützt. Gestern hat die kasachische Regierung die Ausfuhr von Ölprodukten aus dem Lande verboten, da man um die Teuerung im Lande selbst fürchtet.

Bislang war der Anreiz für die Raffinerien, die knapp 200 Tsd. Fass pro Tag produzieren, hoch, ihre Produkte im Ausland zu verkaufen, da dort bessere Preise erzielt wurden. Kasachstan, das bald zu einem sehr bedeutenden Ölproduzenten avancieren sollte, reiht sich damit in die lange Liste der Länder ein, die nationalistische Interessen im Ölsektor verfolgen. Im Übrigen hat sich die Erschließung des gigantischen Kashagan Ölvorkommens im Lande nicht nur auf nun über 130 Milliarden USD verteuert, auch der Zeitplan für die Produktionsaufnahme wurde erneut verschoben, auf nun 2012-2013 bzw. rund 8 Jahre später als anfänglich geplant.

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Edelmetalle

Laut World Gold Council belief sich die Nachfrage nach Gold weltweit im 1.Quartal 2008 nur auf 701,3 Tonnen, rund 16% weniger als im Vorjahr. Vor allem die Schmucknachfrage, auf die 2007 knapp 70% der Gesamtnachfrage entfiel, ging deutlich zurück: Mit Ausnahme von China, Russland, Vietnam und Ägypten war in allen Regionen ein Rückgang zu verzeichnen. In Indien, dem weltweit größten Abnehmer, brach die Nachfrage um 50% ein. Auf der anderern Seite war die Investmentnachfrage hoch: mit knapp 73 Tonnen, doppelt so hoch wie im Vorjahr, war vor allem die Nachfrage der ETFs eine wichtige Stütze. Auf der Angebotsseite ist die Minenproduktion um 3% gegenüber Vorjahr gefallen, während gleichzeitig das Angebot an Altgold um 30% stieg.

Gestern hat Johnson Matthey die lang erwartetet Studie zum Markt für Platinmetalle vorgelegt. Wie erwartet schloss der Platinmarkt 2007 im Defizit: Während die Nachfrage vor allem wegen des hohen hohen Bedarfs für Autokatalysatoren (+8,2%) und einer höheren industriellen Nachfrage (+6%) auf 7,03 Mio zunahm, sank das Angebot wegen hoher Ausfälle in Südafrika um gut 4% auf 6,55 Mio Unzen. Im laufenden Jahr dürfte die Produktion wegen der Stromausfälle in Südafrika weiter rückläufig sein, während die Investmentnachfrage, die sich bereits 2007 nach dem Deinvestment im Vorjahr auf 170 Mio Unzen belief, zusätzliche Impulse geben wird. Die Verknappung der Marktbilanz wird die Platinpreise weiter stützen.


Industriemetalle

Das indonesische Handelsministerium teilte mit, dass die Zinnexporte im April um 8,7% im Vergleich zum Vorjahr auf 7858 Tonnen zurückgingen. Wir glauben, dass die Produktions- und Exporteinschränkungen beim zweitgrößten Zinnproduzenten der Welt die Zinnpreise auf dem hohen Niveau derzeit unterstützen, zumal sich der Lagerabbau an der LME gestern nach den leichten Anstiegen an den beiden Vortagen wieder fortgesetzt hat.

China gibt bekannt, dass man 32 kohlebetriebene Kraftwerke mit einer Gesamtkapazität von knapp 5 Gigawatt (1% der gesamten Kraftwerksleistung) vom Netz genommen habe, weil die Kohlevorräte unter die kritische Schwelle von 7 Tagen Reichweite gefallen seien. Das betrifft vor allem die Region Shanxi, wo viel Stahlindustrie ansässig ist.


© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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