Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Bärenfalle am Ölmarkt

29.05.2008  |  Eugen Weinberg
Energie

Die jüngste Korrektur war wie von uns erwartet sehr kurzlebig. Noch sehen einige Anleger den Ölpreisanstieg skeptisch, was Raum für weitere Spekulationen lässt. Gestern ist der WTI-Ölpreis zwar um weitere 3 USD auf 126 USD je Barrel gefallen, hat sich aber danach wieder erholt und schloss bei 131 USD. Es ist aus unserer Sicht vergeblich, nach fundamentalen Gründen dieses Anstiegs zu suchen. So sollte eigentlich die zuletzt aufflammende Stärke des US-Dollar das Risiko von Angriffen der Rebellen auf Öleinrichtungen in Nigeria zum einjährigen Amtsjubiläum des Präsidenten Umaru Yar'Adua überwiegen. Dennoch stieg der Ölpreis erneut über 130 USD je Barrel und dies dürfte die Spekulation weiter anheizen.

Der russische Ministerpräsident Putin hat zuletzt angekündigt, dass die Steuern auf die Ölförderung in Russland bald gesenkt werden, um die Ölkonzerne zu entlasten und eine Produktionssteigerung im Lande zu bewirken. Auch weitere "Steuergeschenke" sind wahrscheinlich. Nun hat auch der britische Ministerpräsident Gordon Brown mitgeteilt, dass man für derzeit unprofitable 30 Ölfelder in der Nordsee einen Steuererlass verabschiedet hat, um die Produktion anzukurbeln. Solche Maßnahmen, wenn auch langfristig, dürften zum Produktionsanstieg beitragen.

Heute Nachmittag werden die US-Öllagerbestände veröffentlicht. Der Konsens rechnet mit unveränderten Lagerbeständen bei Rohöl und Benzin, während bei Destillaten eine Steigerung um 1 Mio. Barrel erwartet wird. Im Moment dürfte in Hinblick auf die begonnene Sommerfahrsaison vor allem die Veränderung der Benzinlagerbestände von größter Bedeutung sein. Laut MasterCard Advisors war die Nachfrage letzte Woche 5,5% niedriger als im Vorjahr. Diese Werte sind allerdings sehr volatil, und es bleibt spannend, ob die API und DOE heute zu ähnlichem Ergebnis kommen werden.

Open in new window


Die Benzinpreise in den USA sind nun bei der psychologisch wichtigen Marke von 4 USD je Gallone Normalbenzin angekommen, wo man bereits mit einem Rückgang der Nachfrage rechnen kann. Zwar sind kurzfristig auch Hamsterkäufe nicht auszuschließen, weil man aus Angst vor weiteren Preissteigerungen mehr als üblich tankt. Mittelfristig sollte sich aber ein Nachfrageverfall bemerkbar machen. Man sollte nicht aus den Augen verlieren, dass die USA nach wie vor der größte Ölverbraucher weltweit sind und für rund ein Viertel der Weltnachfrage verantwortlich sind. Sollte die US-Nachfrage in diesem Jahr um 3-5% fallen, kann dies auch nicht durch eventuelle Konsumsteigerungen in China und Indien kompensiert werden.


Edelmetalle

Die Edelmetallpreise haben sich von den Entwicklungen am Ölmarkt abgekoppelt und hängen derzeit mehr vom US-Dollar ab. Wir rechnen deswegen angesichts der jüngsten Stärke des US-Dollar mit eher schwächeren Preisen, wobei stark anziehende Ölnotierungen dem Edelmetallsektor sicherlich Auftrieb geben könnten. Statistics SA, eine unabhängige Research-Gruppe aus Südafrika, teilte mit, dass die Minenproduktion im 1. Quartal um 22,1% im Vergleich zum Vorquartal gefallen ist.

Dies unterstreicht unsere Meinung, dass die Kostensteigerung und die Stromknappheit in Südafrika noch nicht ausreichend berücksichtigt bzw. eingepreist sind. Insbesondere die Preise für Platin, dessen Produktion zu 80% aus Südafrika stammt, dürfte dadurch positiv unterstützt sein. Auch für die Goldpreise ist die fallende Minenproduktion längerfristig positiv. Dennoch rechnen wir in den kommenden Wochen eher mit einem volatilen Verlauf zwischen 850 und 950 USD je Feinunze.


Industriemetalle

Bei Industriemetallen setzte sich die allgemeine Schwäche gestern fort, wobei der LME-Metallindex um 1,5% zurückging. Begleitet wird diese Korrektur von stetig steigenden Lagerbeständen der Industriemetalle. Die LME-Lagerbestände für Zink und Blei markieren jeweils die höchsten Stände seit 1,5 Jahren, die für Aluminium sind sogar auf 4-Jahreshoch. Auch haben die LME-Lagerbestände für Kupfer zuletzt angezogen.

Bei Kupfer schätzen wir derzeit die Korrekturgefahr und das Potenzial am höchsten ein. Den Preisverfall bei Nickel erachten wir mittlerweile als übertrieben. Zwar haben wir in den letzten Monaten auf die Gefahr eines Überschusses und einer Korrektur am Nickelmarkt hingewiesen. Künftig dürfte sich aber der Preis wieder stabilisieren, zumal die zurzeit fallenden LME-Lagerbestände mittlerweile auf eine verstärkte Nachfrage hindeuten. Auch sollten sich die Zinkpreise bald stabilisieren, da das Angebot sich eventuell einengen wird und die Nachfrage nach galvanisiertem Stahl offensichtlich robust bleibt.


© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.



Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"