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Der Ölmarkt dreht wieder in Contango

25.06.2008  |  Eugen Weinberg
Energie

Das vordere Ende der Forward-Kurve bei WTI-Rohöl hat zuletzt wieder in Contago gedreht, d.h. die Terminpreise für die WTI-Kontrakte mit einer Fälligkeit bis Mai 2009 liegen nun höher als der nächstfällige Futures. So wie Backwardation der Forward-Kurve ein Ausdruck für die Knappheit ist, deutet Contango auf ausreichendes Angebot und hohe Lagerbestände hin. Die Situation am physischen Markt ist nach unserer Einschätzung derzeit relativ entspannt. Die angekündigten Produktionserhöhungen seitens Saudi Arabiens sowie eine zuletzt schleppende Nachfrageentwicklung - laut MasterCard Advisors ist die US-Benzinnachfrage in der Vorwoche um 2,7% gegenüber Vorjahr zurückgekommen – dürften für die weitere Entspannung sorgen.

Auch die Wiederinbetriebnahme der Bonga-Plattform vor der Küste Nigerias, die letzte Woche wegen Rebellenangriffeb abgeschaltet war, sollte dazu beitragen. Gleichzeitig bemüht sich jetzt der Iran zusätzlich zu den bereits angeheuerten 15 Supertankern, die bis zu 30 Mio. Barrel Öl transportieren können, einen weiteren Supertanker zu finden. Die Schiffe werden offensichtlich als vorübergehende Lager benötigt, da die Kapazitäten am Land nicht mehr ausreichen, um das Rohöl, das derzeitig nicht verarbeitet werden kann, zu lagern. Für die zuletzt ungewöhliche Form der Öl-Kurve sind außerdem u.E. die Handlungen der Finanzinvestoren verantwortlich, da sich diese hauptsächlich am vorderen Ende der Kurve konzentrieren.

Für heute Nachmittag wird mit einem erneuten Verfall der Lagerbestände für Rohöl in den USA gerechnet. Dies wäre der sechste Rückgang in Folge und könnte trotz der für diese Jahreszeit normalen Dynamik dem Ölpreis auf die Beine helfen. Bei den Lagerbeständen für Benzin rechnet der Konsens mit keiner Veränderung, bei denen für Destillate mit einem Anstieg um 2 Mio. Barrel. Ein weiterer positiver Faktor für den Ölpreis sind die zunehmenden geopolitischen Spannungen mit dem Iran, wobei nach der neuen UNO-Resolution unter anderem die Konten der staatlichen iranischen Bank Melli in Europa eingefroren wurden. Die Gerüchte eines Angriffs auf die iranischen Atomeinrichtungen wurden unterdessen sowohl vom israelischen als auch vom US-Militär dementiert.

Der enorme Anstieg der Öl-, Gas- und Kohlepreise hat auch die Strompreise weltweit massiv verteuert. In China musste die Regierung letzte Woche dem enormen Kostendruck weichen und die Strompreise anheben. Auch haben sich die Terminpreise für den deutschen Strom für das Jahr 2009 seit Jahresanfang bereits um knapp 30% erhöht.

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Edelmetalle

Das Beratungsunternehmen CPM erwartet, dass die Minenproduktion für Platin weltweit in diesem Jahr um 2,7% zurückgeht, während sich die Nachfrage um 3,2% erhöht. Dennoch dürfte der Markt einen Überschuss aufweisen, wenngleich einen unsignifikanten. Einen starken Anstieg der Nachfrage um 5,2% auf 8,4 Mio. Unzen erwartet CPM bei Palladium, wobei auch hier der Markt einen kleinen Überschuss aufweisen sollte. Wir glauben, dass der Effekt der Stromausfälle und stark steigender Kosten in Südafrika, dem größten Produzent der Platinmetalle, noch unterschätzt wird.

Der größte Silber-ETF, iShares Silver Trust, hat in den letzten Tagen einen Abfluss von 3 Mio. Unzen bzw. rund 50 Mio. USD verzeichnet. Wir glauben, dass in den kommenden 2-3 Monaten die Preise für die Edelmetalle eher volatil seitwärts verlaufen sollten und erst ab September mit weiteren Preissteigerungen zu rechnen ist. Von der heutigen Fed-Sitzung erwarten wir moderate positive Impulse für den Sektor, da eine Zinsanhebung heute unwahrscheinlich ist, wobei man auf die Gefahren einer stärkeren Inflation gleichzeitig hinweisen könnte. Dieses Umfeld ist attraktiv für die Edelmetall-Investments.


Industriemetalle

Die Industriemetalle blieben gestern durchweg schwach, wobei sich die Preise für Nickel, Blei und Zink mit einem Preisverfall von jeweils rund 25% seit Jahresanfang nahe der Mehrmonatstiefs notieren. Wir halten den Preisrutsch bei diesen Metallen für überzogen und rechnen mit einer baldigen Stabilisierung.

Der Abschluss der Preisverhandlungen zwischen Rio Tinto und dem größten chinesischen Stahlhersteller, Baosteel, ist mit einem Preisanstieg von 96,5% für Feinerz im Vergleich zum Vorjahr überraschend hoch ausgefallen. Man war offensichtlich auch durch den engen Zeitraum bedrängt, da die Verhandlungen bis zum 30. Juni abgeschlossenen werden sollten. Ansonsten dürften die australischen Eisenerzproduzenten ihr Erz auch zum Kassapreis anbieten, der noch höher liegt. Der höhere Preisanstieg bei australischem als bei brasilianischem Erz ist hauptsächlich den günstigeren Frachkosten zu verdanken.

Nun wird auch erwartet, dass der größte Rohstoffkonzern der Welt, BHP Billiton, dem gleichen Preisanstieg zustimmt. Die starke Nachfragedynamik nach Stahl in Asien wird durch die Abkühlung in den USA etwas gedämpft. Wie das Amerikanische Institut für Eisen und Stahl berichtet, sind die US-Stahlimporte im Mai um 18% auf 2,45 Mio. Tonnen gefallen.


© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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