Unabhängigkeitstag am Ölmarkt
04.07.2008 | Eugen Weinberg
Energie
Ein weiterer Tag, ein weiteres Rekordhoch bei Rohöl. Und das unabhängig vom stärkeren US-Dollar. Gestern stieg der Preis für WTI erstmals über die Marke von 145 Dollar je Barrel. Das neue Hoch liegt aktuell bei 145,82 $. Nordseeöl der Sorte Brent kletterte zeitweise sogar auf 146,69 $. Grund für den ungewöhnlichen Preisaufschlag für Brent waren unter anderem Schließungen von Bohrplattformen in der Nordsee zwecks Wartungsarbeiten. Treibende Kraft hinter dem Ölpreisanstieg bleibt aber der andauernde Streit um das iranische Atomprogramm. Offensichtlich ist der Iran nach wie vor fest entschlossen, das eigene Atomprogramm fortzufahren. Auch wird der Iran laut dem Chef der Iranischen Revolutionsgarde einen möglichen Angriff auf die Atomeinrichtungen als Kriegserklärung ansehen. Deswegen dürfte die Spannung am Ölmarkt weiterhin bestehen.
In dieser Situation konnte sogar der festere US-Dollar, der nach den Äußerungen vom EZB-Präsidenten Trichet gegenüber dem Euro deutlich zugelegt hat, dem Ölpreis nichts anhaben. Die gestrige Bekräftigung des saudi-arabischen Ölministers, wonach sein Land in diesem Monat 9,7 Mio Barrel pro Tag fördern werde, was einem 27-Jahreshoch entspricht, stieß auf taube Ohren. Der Anstieg der OPEC-Produktion im Juni um 1% auf nun 32,52 Mio. Barrel konnte ebenfalls die Aufwertung bei Rohöl nicht anhalten. Den Preisanstieg der letzten Tage sehen wir auch als Zeichen relativer Stärke, was kurzfristig für weiter steigende Preisnotierungen spricht. Der Anstieg auf die 150$-Marke scheint somit nur reine Formsache und nur eine Frage von wenigen Wochen oder sogar Tagen zu sein, weil auch die Nähe zu dieser magischen Grenze für anhaltendes spekulatives Interesse sorgt. Die US-Märkte bleiben heute aufgrund des Unabhängigkeitstages geschlossen.
Edelmetalle
Im Gegensatz zu Rohöl konnten sich die Edelmetalle dem festeren Dollar gestern nicht entziehen. Gold verlor bis auf 928 Dollar je Feinunze, nachdem zuvor noch 10-Wochenhöchststände von $946,50 verzeichnet wurden. EZB-Präsident Trichet dämpfte gestern die Erwartungen weiterer Zinserhöhungen und löste damit eine kräftige Aufwärtskorrektur beim Dollar aus, der gegenüber dem Euro um zwei Cents auf 1,57 USD aufwerten konnte. Die Investmentnachfrage nach Gold bleibt derweil robust. Das Volumen des weltweit größten Gold-ETF von World Gold Council stieg in den letzten zwei Monaten sprunghaft um über 2,5 Mio. Unzen auf rund 21,5 Mio. Unzen an und befindet sich nur knapp unter dem Allzeithoch vom Mitte März als der Goldpreis noch die Höchststände über 1000 USD je Unze markierte.
Der größte australische Goldproduzent Newcrest hat unterdessen bekannt gegeben, sein Hegdebuch mit dem Rückkauf von gut 4 Mio. Unzen nun geschlossen zu haben. Dadurch fehlen aber auch künftig die Impulse für die physische Nachfrage aus den Hedge-Büchern. Silber, Platin und Palladium gaben im Zuge des festeren Dollar ebenfalls nach. Der Rückgang bei Platin und Palladium wurde außerdem durch den Anstieg des Ölpreises verstärkt, da dies die Autoabsatzzahlen und somit auch die Nachfrage nach Autokatalysatoren weiter dämpfen dürfte.
Industriemetalle
Der festere Dollar und schwächere Daten zum US-Arbeitsmarkt und zum US-Dienstleistungssektor führten zu einer Korrektur der Preise bei den Industriemetallen. Kupfer verlor um 2,5% auf 8.650 Dollar je Tonne, nachdem am Vortag noch ein Allzeithoch bei 8.940 Dollar verzeichnet wurde. Das lange Wochenende in den USA dürfte viele Marktteilnehmer zu Gewinnmitnahmen veranlasst haben, nachdem Kupfer innerhalb von drei Wochen um 14% gestiegen war.
Die Streiks in den Kupferminen in Peru halten indes an, so dass das weitere Abwärtspotenzial vorerst begrenzt sein sollte. Nach einer Beendigung der Arbeitsniederlegung sollte der Kupferpreis aber nachgeben. Der hohe Kupferpreis führt bereits dazu, dass Kupfer durch billigere Metalle substituiert wird. So will ein chinesisches Tochterunternehmen von Rio Tinto bis Jahresende damit beginnen, bei der Herstellung von Stromkabeln Aluminium statt Kupfer zu verwenden. Vor diesem Hintergrund überrascht nicht, dass sich Aluminium dem Trend weitgehend entziehen konnte und zwischenzeitlich sogar auf ein 4-Monatshoch steigen konnte. Der Aluminiumpreis wird derzeit hauptsächlich durch die steigenden Energiepreise unterstützt, wobei auch Anleger das Metall allmählich als indirekte Wette auf steigende Ölpreise sehen.
Zink ist gestern auf den tiefsten Stand seit Dezember 2005 gefallen. Hier erachten wir das Abwärtspotenzial als nahezu ausgereizt. Seit Jahresbeginn hat Zink gut 30% verloren. Vom Hoch Ende 2006 hat sich der Preis mehr als halbiert. Auch dürften die Preise für Nickel und Blei in den kommenden Wochen eine Bodenbildung beginnen.
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.
Ein weiterer Tag, ein weiteres Rekordhoch bei Rohöl. Und das unabhängig vom stärkeren US-Dollar. Gestern stieg der Preis für WTI erstmals über die Marke von 145 Dollar je Barrel. Das neue Hoch liegt aktuell bei 145,82 $. Nordseeöl der Sorte Brent kletterte zeitweise sogar auf 146,69 $. Grund für den ungewöhnlichen Preisaufschlag für Brent waren unter anderem Schließungen von Bohrplattformen in der Nordsee zwecks Wartungsarbeiten. Treibende Kraft hinter dem Ölpreisanstieg bleibt aber der andauernde Streit um das iranische Atomprogramm. Offensichtlich ist der Iran nach wie vor fest entschlossen, das eigene Atomprogramm fortzufahren. Auch wird der Iran laut dem Chef der Iranischen Revolutionsgarde einen möglichen Angriff auf die Atomeinrichtungen als Kriegserklärung ansehen. Deswegen dürfte die Spannung am Ölmarkt weiterhin bestehen.
In dieser Situation konnte sogar der festere US-Dollar, der nach den Äußerungen vom EZB-Präsidenten Trichet gegenüber dem Euro deutlich zugelegt hat, dem Ölpreis nichts anhaben. Die gestrige Bekräftigung des saudi-arabischen Ölministers, wonach sein Land in diesem Monat 9,7 Mio Barrel pro Tag fördern werde, was einem 27-Jahreshoch entspricht, stieß auf taube Ohren. Der Anstieg der OPEC-Produktion im Juni um 1% auf nun 32,52 Mio. Barrel konnte ebenfalls die Aufwertung bei Rohöl nicht anhalten. Den Preisanstieg der letzten Tage sehen wir auch als Zeichen relativer Stärke, was kurzfristig für weiter steigende Preisnotierungen spricht. Der Anstieg auf die 150$-Marke scheint somit nur reine Formsache und nur eine Frage von wenigen Wochen oder sogar Tagen zu sein, weil auch die Nähe zu dieser magischen Grenze für anhaltendes spekulatives Interesse sorgt. Die US-Märkte bleiben heute aufgrund des Unabhängigkeitstages geschlossen.
Edelmetalle
Im Gegensatz zu Rohöl konnten sich die Edelmetalle dem festeren Dollar gestern nicht entziehen. Gold verlor bis auf 928 Dollar je Feinunze, nachdem zuvor noch 10-Wochenhöchststände von $946,50 verzeichnet wurden. EZB-Präsident Trichet dämpfte gestern die Erwartungen weiterer Zinserhöhungen und löste damit eine kräftige Aufwärtskorrektur beim Dollar aus, der gegenüber dem Euro um zwei Cents auf 1,57 USD aufwerten konnte. Die Investmentnachfrage nach Gold bleibt derweil robust. Das Volumen des weltweit größten Gold-ETF von World Gold Council stieg in den letzten zwei Monaten sprunghaft um über 2,5 Mio. Unzen auf rund 21,5 Mio. Unzen an und befindet sich nur knapp unter dem Allzeithoch vom Mitte März als der Goldpreis noch die Höchststände über 1000 USD je Unze markierte.
Der größte australische Goldproduzent Newcrest hat unterdessen bekannt gegeben, sein Hegdebuch mit dem Rückkauf von gut 4 Mio. Unzen nun geschlossen zu haben. Dadurch fehlen aber auch künftig die Impulse für die physische Nachfrage aus den Hedge-Büchern. Silber, Platin und Palladium gaben im Zuge des festeren Dollar ebenfalls nach. Der Rückgang bei Platin und Palladium wurde außerdem durch den Anstieg des Ölpreises verstärkt, da dies die Autoabsatzzahlen und somit auch die Nachfrage nach Autokatalysatoren weiter dämpfen dürfte.
Industriemetalle
Der festere Dollar und schwächere Daten zum US-Arbeitsmarkt und zum US-Dienstleistungssektor führten zu einer Korrektur der Preise bei den Industriemetallen. Kupfer verlor um 2,5% auf 8.650 Dollar je Tonne, nachdem am Vortag noch ein Allzeithoch bei 8.940 Dollar verzeichnet wurde. Das lange Wochenende in den USA dürfte viele Marktteilnehmer zu Gewinnmitnahmen veranlasst haben, nachdem Kupfer innerhalb von drei Wochen um 14% gestiegen war.
Die Streiks in den Kupferminen in Peru halten indes an, so dass das weitere Abwärtspotenzial vorerst begrenzt sein sollte. Nach einer Beendigung der Arbeitsniederlegung sollte der Kupferpreis aber nachgeben. Der hohe Kupferpreis führt bereits dazu, dass Kupfer durch billigere Metalle substituiert wird. So will ein chinesisches Tochterunternehmen von Rio Tinto bis Jahresende damit beginnen, bei der Herstellung von Stromkabeln Aluminium statt Kupfer zu verwenden. Vor diesem Hintergrund überrascht nicht, dass sich Aluminium dem Trend weitgehend entziehen konnte und zwischenzeitlich sogar auf ein 4-Monatshoch steigen konnte. Der Aluminiumpreis wird derzeit hauptsächlich durch die steigenden Energiepreise unterstützt, wobei auch Anleger das Metall allmählich als indirekte Wette auf steigende Ölpreise sehen.
Zink ist gestern auf den tiefsten Stand seit Dezember 2005 gefallen. Hier erachten wir das Abwärtspotenzial als nahezu ausgereizt. Seit Jahresbeginn hat Zink gut 30% verloren. Vom Hoch Ende 2006 hat sich der Preis mehr als halbiert. Auch dürften die Preise für Nickel und Blei in den kommenden Wochen eine Bodenbildung beginnen.
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
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