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Geld und Inflation - Die Sicht der Wiener Schule

28.07.2008  |  Mag. Gregor Hochreiter
- Seite 3 -
Inflation und Teuerung

Sprachlich gilt es die beiden Phänomene Inflation und Teuerung klar abzugrenzen. Der entscheidende Grund für die fortwährende Geldentwertung liegt in der Inflation, die Folge der Inflationierung bezeichnen wir hingegen als Teuerung. Bis in die 1950er war diese Unterscheidung Allgemeingut. Seitdem verwischte die von Milton Friedman angeführte monetaristische Revolution die Begriffsgrenzen bis zur Unkenntlichkeit. Heute werden Inflation und Teuerung nahezu synonym verwendet. Diese Begriffsverwirrung hat schwerwiegende Konsequenzen. Sprachlich erblindet vermögen wir nicht die Ursache-Wirkung-Beziehung zu benennen und das Problem an der Wurzel zu packen. Stattdessen werden Unschuldige zu Sündenböcken gestempelt oder untaugliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Teuerungswelle wie Preisregulierungen und Verstaatlichungen gefordert, während im Hintergrund die Inflationierung munter vorangetrieben wird, wie es gegenwärtig der Fall ist.

Das soll nicht bedeuten, daß es bei einem gedeckten Geld nicht auch zu einer Teuerungswelle kommen kann. Dies ist allerdings äußerst unwahrscheinlich, eben weil die Produktion eines Warengeldes mit erheblichen Kosten verbunden ist. Eine Ausnahme stellt die Entwicklung Spaniens des 16. und 17.Jahrhunderts dar, als große Mengen Gold und Silber aus Mittel- und Südamerika nach Spanien flossen. Der damit einhergehende Kaufkraftverlust bewirkte sogar, daß Silber seine Geldfunktion verlor. Für die ökonomische Betrachtung entscheidend ist jedoch, daß die Inflation zum einen das Preisniveau zusätzlich zu den natürlichen Schwankungen ansteigen läßt und zum anderen nicht den Wohlstand erhöht.

In einem Artikel in der New York Times im Jahre 1982 wies Friedrich A. von Hayek nachdrücklich auf die Staatsverschuldung als wichtigsten Motor für die Inflationierung hin, ist doch das Drucken von zusätzlichem Papiergeld für den Staat der bequemste Weg zur Entschuldung. Diese Vorgehensweise erweist sich für den Staat schon allein deswegen als vorteilhaft, weil es sich im Unterschied zum offenen Staatsbankrott bei Zahlungseinstellung um eine versteckte Form des Staatsbankrotts handelt. Schließlich werden in einer Hyperinflation die Schulden offiziell getilgt. Daß die Kaufkraft der Rückzahlung im Extremfall gegen Null geht, stellt für die augenblickliche Gesetzeslage kein Problem dar. Geschuldet werden nominell 100 Euro und nicht das Kaufkraftäquivalent von 100 Euro.

Die quantitativ wichtigere Inflationsquelle ist heute jedoch das Teilreserve-Bankensystem (engl. fractional-reserve banking), das durch die Institution der Zentralbank als "Kreditgeber letzter Instanz" (engl. lender of last resort) nahezu ohne Risiko Kredite aus dem Nichts schöpfen kann und ein riesiges Pyramidenspiel aus ungedeckten Krediten - in der Diktion von Ludwig von Mises der sogenannte Zirkulationskredit - auftürmt. Es liegt am Wesen eines Pyramidenspiels, das es exponentiell verläuft und über kurz oder lang in sich zusammenbricht. Das Ende dieses spezifischen Pyramidenspiel kündigt sich mit Liquiditätsproblemen und vereinzelten Bank-Runs an. Schließlich kollabiert das Pyramidenspiel über Nacht, es sei denn, die Zentralbank stellt die geforderte "Liquidität" zur Verfügung, ein Euphemismus für die weitere Inflationierung. In diesem Fall endet das Teilreserve-Bankensystem ebenso in einer Hyperinflation wie die unablässige Fortführung der Staatsverschuldung. Unter keinen Umständen läßt die Zentralbank den Staat in den offenen Staatsbankrott laufen.


Inflation und Umverteilung

Im Englischen ist das Papiergeld unter der Bezeichnung "fiat money" (lat. fiat = es werde) bekannt, weil die Inflation gleichsam aus dem Nichts zusätzliche, ungedeckte Geldmittel erschafft. Da die Inflationierung unter der Verletzung von Eigentumsrechten erfolgt, löst sie eine systematische Umverteilung aus. Denn die neu geschöpfte, ungedeckte Geldmenge erreicht die einzelnen geldhaltenden Mitglieder der Gesellschaft weder zum selben Zeitpunkt, noch wird die inflationierte Geldmenge anteilsmäßig aufgeteilt. Vielmehr tritt sie an den Produktionsstätten in den Geldkreislauf ein und sickert erst allmählich durch die gesamte Gesellschaft, wodurch sich die Erstbezieher des neuen Geldes auf Kosten der Letztbezieher bereichern. Denn die Erstbezieher können mit dem neu geschaffenen Geld zu den alten, niedrigen Preisen einkaufen und erfahren derart einen realen Einkommensanstieg.

Dieser Anstieg der Realeinkommen ist jedoch unverdient, weil er nicht die höhere Produktivität der Branche reflektiert, sondern allein auf die relative Positionierung innerhalb der Bezieherkette zurückzuführen ist. Da die Inflationierung als umverteilendes Nullsummenspiel zu charakterisieren ist, geht der Anstieg der Realeinkommen der Erstbezieher notwendig auf Kosten der sogenannten Letztbezieher. Die Letztbezieher sehen sich mit steigenden Preisen konfrontiert, während die Nominaleinkommen dieser Bevölkerungsgruppe noch nicht nachgezogen sind. Das Realeinkommen sinkt. Typischerweise zählen Rentenbezieher zu dieser Gruppe. Mit Fortdauer der Inflationierung driften daher die Einkommen und Vermögen immer weiter auseinander, insbesondere dann, wenn kein Austausch zwischen den beiden Bevölkerungshälften der Erst- und Letztbezieher vonstatten geht.

Wie jedes andere Umverteilungsmaßnahme, beschwört die Inflationierung systematisch gesellschaftliche Konflikte hervor, denn je weiter vorne man in der Bezieherkette des neu geschöpften, ungedeckten Papiergeldes steht, desto größer der Vermögenszuwachs; je weiter hinten man sich befindet, desto größer der reale Vermögensverlust. Ein mit allen Mitteln geführtes Gerangel um die vorderen Plätze bricht aus.




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