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Angebotsrisiken am Ölmarkt wenig beachtet

08.08.2008  |  Eugen Weinberg
Energie

Die Stimmung am Ölmarkt bleibt angeschlagen. Dass der Ölpreis zwischenzeitliche Gewinne bis 121,80 USD je Barrel nicht halten konnte, ist ein schlechtes Zeichen und spricht für eine Fortsetzung des Preisrückgangs in den kommenden Tagen und Wochen. Bemerkenswert ist, dass der Markt den gestiegenen geopolitischen Risiken derzeit nur wenig Beachtung schenkt. Nach dem Anschlag auf die Baku-Tbilisi-Ceyhan-Ölpipeline durch kurdische Separatisten Anfang der Woche dürfte die Ölversorgung über diese Pipeline für ein bis zwei Wochen unterbrochen sein.

Durch die Pipeline fließen normalerweise eine Mio. Barrel oder mehr als ein Prozent des täglichen Ölangebots. Das Öl kann zwar teilweise zum georgischen Hafen Supsa am Schwarzen Meer umgeleitet werden. Allerdings hat sich die Sicherheitslage in Georgien durch den Ausbruch von Kampfhandlungen in Südossetien am heutigen Morgen ebenfalls verschlechtert. Zudem ist nicht auszuschließen, dass es nach der Reparatur der BTC-Pipeline in den kommenden Wochen und Monaten zu weiteren Anschlägen durch kurdische Rebellen kommt.

Folglich hätte die Risikoprämie auf den Ölpreis steigen sollen. Auch die Wetterrisiken wurden hochgestuft: Die nationale US-Wetterbehörde NOAA hat die Wahrscheinlichkeit, dass die Hurrikansaison in diesem Jahr überdurchschnittlich ausfällt, auf 85% erhöht, von 65% im Mai. Sie rechnet in diesem Jahr mit 7-10 Stürmen in Hurrikanstärke, von denen 3-6 als große Hurrikans mit Kategorie drei oder mehr eingestuft werden. Damit steigt auch das Risiko von Förderunterbrechungen im Golf von Mexiko. Dass die gestiegenen Angebotsrisiken derzeit wenig Beachtung finden, liegt vor allem an der schwachen Nachfrage aus den USA. Aber auch in China steigt das Risiko einer Nachfrageabschwächung: Zum einen wurden die Lager im Vorfeld der heute beginnenden Olympischen Spiele aufgestockt, zum anderen haben viele Betriebe in der Region Peking ihre Produktionskapazitäten zur Verbesserung der Luftqualität nach unten gefahren.


Edelmetalle

Gold fiel gestern im Zuge der Dollarstärke unter 870 Dollar je Feinunze und notiert damit auf dem tiefsten Stand seit knapp acht Wochen. Dennoch: Gold hat sich mit einem Verlust um gut 10% seit Mitte Juli verglichen mit den meisten anderen Rohstoffen, insbesondere den übrigen Edelmetallen, gut gehalten: Silber gab seither zusätzlich belastet durch die Sorge über eine nachlassende industrielle Nachfrage über 15% ab, während Platin und Palladium, bei denen die Korrektur sogar noch früher einsetzte, allein in diesem Zeitraum über 20% verloren. GFMS schreibt in seinem jüngsten Monatsbericht, dass sich die physische Nachfrage nach Gold im Nahen Osten stabilisiere. Einen zusätzlichen Impuls könnte die nun als mit islamischen Prinzipien vereinbar geltende ETC Plattform geben, von der sich ETF Securities eine höhere Nachfrage aus dem Nahen Osten, Afrika und Asien verspricht.

Nach der rasanten Talfahrt hat sich Platin zuletzt stabilisiert: GFMS bezeichnet Platin als überverkauft, was sich auch an dem dramatischen Einbruch der Long Positionen an der Nymex zeige. Diese seien von 21,8 Tonnen Mitte Juni auf 15,7 Tonnen gefallen. Das Verhältnis der spekulativen Positionen habe sich deutlich verschoben: Während das durchschnittliche Long-Short Verhältnis in den letzten fünf Jahren bei 4,1:1 lag, hat es sich seit Jahresbeginn auf 3,1:1 verringert.


Industriemetalle

Von der gestern bereits erwähnten Überlegung des drittgrößten russischen Nickelproduzenten IMH, den Output zu kürzen, konnte Nickel deutlich profieren und zog um gut 5% an. In diesen Kontext passt die Nachricht des brasilianischen Bergbaukonzers Vale, der das Vermehlo Nickelprojekt in Brasilien angesichts stark steigender Kosten überdenken will. Hier soll ab 2012 60 Tsd. Tonnen Nickel produziert werden. Gegen eine nachhaltige Erholung der Nickelpreise auf kurze Sicht spricht aber die flaue Nachfrage im Edelstahlsektor. GFMS konstatiert in seinem jüngsten Monatsbericht nicht nur eine Sommerflaute in Europa, sondern auch in Asien eine schwache Nachfrage.

Kupfer hat von seinem Anfang Juli notierten Rekordhoch gut 13% abgeben. Wir sehen weiteres Korrekturpotenzial. GFMS weist in seinem jüngsten Monatsbericht auf die Gefahr einer Nachfrageschwäche in China hin. Auf die sogenannten "weißen Haushaltsgeräte" enftalle 20% der chinesischen Kupfernachfrage und hier sei im Verlauf eine Verlangsamung der Nachfrage zu verzeichnen.

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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