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Kapitulation bei den Edelmetallen

15.08.2008  |  Eugen Weinberg
Energie

Wie gewonnen, so zerronnen! Der WTI-Preis fiel gestern wieder bis auf 113 USD je Barrel zurück. Diese Entwicklung bestätigt einmal mehr, dass die Bären am Ölmarkt weiter die Oberhand haben. Wurden bis vor wenigen Wochen Kursrückgänge als Kaufgelegenheit erachtet, so wird nun jeder Preisanstieg dazu benutzt, Gewinne mitzunehmen bzw. bestehende Positionen abzubauen. Wie bereits gestern erwähnt, waren die Daten zu den US-Lagerbeständen nicht so bullish, wie sie auf dem ersten Blick aussahen.

Die schwachen Daten und Nachrichten der vergangenen Tage zur Entwicklung der US-Nachfrage und der erste Quartalsrückgang des BIP in der Eurozone seit 1993 dürften ebenfalls dafür gesorgt haben, dass die Kursgewinne beim Ölpreis nicht von Dauer waren. Zudem sind die Angebotsrisiken etwas gesunken, auch wenn sich die Reparaturarbeiten an der BTC-Pipeline weiter verzögern und die Ölpipeline von Baku nach Supsa nach wie vor geschlossen bleibt. Das Feuer, welches vor über einer Woche die BTCPipeline lahmlegte, scheint Untersuchungen zufolge nicht durch kurdische Separatisten, sondern durch einen technischen Defekt verursacht worden zu sein. Damit sinkt auch das Risiko, dass es nach der Wiederinbetriebnahme der Pipeline zu weiteren durch Anschläge hervorgerufenen Unterbrechungen kommt. Potenziell preisstützende Nachrichten kommen weiterhin nicht zum Tragen.

China hat im Vorfeld der Olympischen Spiele im großen Ausmaß Benzin und Diesel importiert. Nach Angaben der chinesischen Zollbehörde stiegen die Benzineinfuhren im Juli auf 606.123 Tonnen Benzin, was einem Rekordwert entspricht. Damit ist China den dritten Monat in Folge Benzin-Nettoimporteur. Die Dieselimporte stiegen auf 970.000 Tonnen, den höchsten Stand seit einem Jahrzehnt. Nach dem Ende der Olympischen Spiele ist mit einer erheblich schwächeren Nachfrage zu rechnen. Erdgas der Sorte Henry Hub ist im Zuge des Ölpreisrückgangs bis auf 8 USD je mmBtu zurückgefallen, den niedrigsten Stand seit sechs Monaten. Die US-Lagerbestände stiegen in der vergangenen Woche um 50 Mrd. Kubikfuß und damit etwas weniger als erwartet, konnten den Preisrückgang um 5% aber nicht verhindern. Erdgas sollte weiter den Bewegungen beim Ölpreis folgen. BP hat gestern die Gaspipeline von Aserbaidschan in die Türkei wieder in Betrieb genommen, welche am Dienstag aus Sicherheitsgründen wegen des Georgien-Konflikts vorübergehend geschlossen wurde.


Edelmetalle

Der festere US-Dollar und der fallende Ölpreis lassen den Goldpreis erstmals in diesem Jahr unter die Marke von 800 USD je Feinunze fallen. Paradoxerweise wurde die auf ein 17-Jahreshoch gestiegene US-Inflationsrate zu einem Belastungsfaktor für Gold, weil dadurch der US-Dollar weiter an Wert gewinnen und gegenüber dem Euro auf ein 6-Monatshoch steigen konnte. Solange der US-Dollar weiter aufwertet, sollte Gold in der Defensive bleiben. Das Abwärtspotenzial bei Gold sollte allerdings begrenzt sein.

Der südafrikanische Goldproduzent Harmony berichtet von einer verbesserten Nachfrage der Schmuckindustrie im vergangenen Monat und von einer deutlich höheren Goldnachfrage bei einem Preis von 800 USD. Noch deutlicher als Gold geriet Silber unter die Räder, welches seit gestern mehr als 10% verloren hat und bei 12,50 USD je Feinunze auf dem niedrigsten Stand seit 11 Monaten notiert. Silber neigt dazu, die Kursbewegungen von Gold zu überzeichnen. Zudem hat es eine stärkere industrielle Verwendung als Gold und ist daher anfälliger gegenüber der an Breite gewinnenden Konjunkturabschwächung. Das Ausmaß des aktuellen Rückgangs bei Silber kann damit aber kaum erklärt werden. Vielmehr dürften Finanzinvestoren nach dem Bruch wichtiger technischer Marken Positionen liquidiert haben.

Der Ausverkauf bei den Edelmetallen machte auch vor Platin und Palladium nicht Halt. Platin fiel auf den tiefsten Stand seit November 2007, Palladium erstmals seit zwei fast Jahren unter die Marke von 300 USD je Feinunze.

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Industriemetalle

Nach einem guten Tagesbeginn gaben die meisten Industriemetalle gestern ihre Gewinn wieder ab. Aluminium verliert weiter und notiert heute morgen trotz der Bekanntgabe fallender chinesischer Exportzahlen im Juli nur noch bei 2.750 Dollar je Tonne. Nickel gibt ebenfalls die Hälfte der Vortagesgewinne wieder ab, nachdem die International Nickel Study Group für Juni erneut einen Angebotsüberschuss von 7.600 Tonnen meldet. Die Produktion läge zwar 3,2% unter Vorjahr, aber der Nachfragerückgang fiel mit 4,2% noch stärker aus. Wir denken, dass die Korrektur am Nickelmarkt trotz der belastenden Entwicklung der stark zyklischen Edelstahlindustrie übertrieben ist: Der Nickelpreis liegt derzeit lediglich rund 10% höher als Anfang 2004. Bei diesem Preis dürfte die Produktion für einige Nickelproduzenten unrentabel sein, weshalb in den kommenden Monaten mit weiteren Angebotskürzungen zu rechnen ist.

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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