Extremer Pessimismus führt zu starker Reaktion
20.08.2008 | Eugen Weinberg
Energie
Ein extremer Pessimismus am Markt, wobei der Großteil der Marktteilnehmer derzeit von fallenden Ölpreisen ausgeht, und eine kurze Erholung beim Euro gaben dem Ölpreis gestern den nötigen Halt, um rund 3 USD auf 115 USD je Barrel zuzulegen. Die 200-Tagelinie verläuft bei WTI-Rohöl derzeit bei knapp 110,5 USD und bietet zunächst eine wichtige Unterstützung. Der Anstieg wurde außerdem durch preisstützende Nachrichten begleitet. So kam es im Niger-Delta erneut zu blutigen Auseinandersetzungen, was die angespannte Sicherheitslage für die Ölproduktion in Nigeria unterstrich. Außerdem sagte der venezolanische Ölminister Ramirez gestern in einem Interview, dass sein Land beim OPEC-Treffen Anfang September eine Fördermengenkürzung vorschlagen werde, wenn der Ölpreis weiter fällt.
Wir sind der Meinung, dass vor allem die falkenhafte Haltung vom Iran, Venezuela oder Lybien die Diskussion zur Produktionsreduktion anheizen und einem deutlichen Preisrückgang entgegenstehen wird. Heute werden die Lagerbestände für Rohöl und Ölprodukte in den USA veröffentlicht. Die Rohöllagerbestände sollen um 1 Mio. Barrel gestiegen sein. Dies erklärt sich vor allem mit einem Nachholeffekt, nachdem in der Woche zuvor die Ölimporte aufgrund des Tropensturms Edouard teilweise unterbrochen waren.
Bei den Benzinvorräten wird mit einem Rückgang um 3 Mio. Barrel gerechnet. Dies lässt sich mit saisonalen Faktoren erklären, da sich die Sommer-Fahrsaison ihrem Ende nähert und somit weniger Benzin produziert wird. Zudem waren einige Raffinerien aufgrund von technischen Störungen und Wartungsarbeiten geschlossen. Die Destillate, zu denen Heizöl und Diesel zählen, dürften um 1 Mio. Barrel gestiegen sein und damit ihren saisonüblichen Aufbau wieder aufnehmen. Ein starker Rückgang der Benzinlagerbestände könnte angesichts der nach wie vor sehr zurückhaltenden Stimmung am Ölmarkt die Fortsetzung der Zwischenerholung herbeirufen, wobei der übergeordnete mittelfristige Abwärtstrend weiterhin intakt bleiben sollte. Vor allem sollte aber die Entwicklung beim US-Dollar zunächst eine besonders wichtige Rolle spielen.
Chinas Regierung hat die Strompreise für die Kraftwerke ab heute um 6% angehoben, wobei die Verbraucherpreise beibehalten wurden. Auch dieser Anstieg wird u.E. nicht den Preisanstieg bei Kohle - im Juli lagen die Großhandelskohlepreise 54% höher als im Vorjahr - kompensieren können, was die Produktionsausweitung dämpfen und zu einer weiteren Energieverknappung im Lande führen sollte.
Edelmetalle
Die Erholung bei Gold fiel bedingt durch einen stärkeren US-Dollar und einen extremen Pessimismus der Marktteilnehmer vergleichbar stark aus, wobei der Goldpreis kurzfristig über 818 USD je Feinunze stieg. Auch Platin, Palladium und Silber konnten sich deutlich von den Tiefständen entfernen. Die Preise waren zuvor auf fundamental kaum mehr zu rechtfertigende Niveaus gefallen. Insbesondere bei Gold gibt es Anzeichen dafür, dass die physische Nachfrage bei den niedrigen Preisen massiv anzieht. So zahlen indische Schmuckhersteller den Gold-Importeuren deutlich höhere Aufpreise, um der steigenden Goldnachfrage nachzukommen. Indien ist der größte Goldverbraucher weltweit.
Laut World Gold Council hat sich die indischen Goldnachfrage im ersten Halbjahr auf 263,5 Tonnen nahezu halbiert. Im Juli betrugen die Importe 30 Tonnen, was einem Rückgang um 56% im Vergleich zum Vorjahr entspricht. In den kommenden Monaten ist mit einer deutlich höheren Goldnachfrage aus Indien zu rechnen, zumal die größten indischen Feier vor der Tür stehen, was die Nachfrage zusätzlich stimulieren dürfte. Vor diesem Hintergrund sollte der Goldpreis bei 800 USD einen Boden bilden und zum Jahresende wieder anziehen.
Industriemetalle
Die Industriemetalle konnten sich gestern massiv erholen. Spitzenreiter war Nickel, das 7,5% zulegen konnte. Hier beflügelte nicht nur das allgemeine Umfeld, sondern auch die Ankündigung des Schweizer Bergbaukonzerns Xstrata die Arbeiten in der Falcondo Nickelmine und -Verarbeitung in der Dominikanischen Republik für voraussichtlich vier Monate ruhen zu lassen. Hohe Energiepreise bei gleichzeitig niedrigen Nickelpreisen würden die Ertragslage stark belasten, so dass sich der jetzige Zeitpunkt für Instandthaltungsarbeiten anbiete. In Falcondo werden jährlich 29 Tsd. Tonnen Ferronickel produziert. Auch der CFO von BHP Billiton äußerte gestern Bedenken, dass das Vorzeigeprojekt des Unternehmens, die Ravensthrope-Mine in Australien, die ab 2010 mit voller Kapzatität arbeiten sollte, bei diesen Nickelpreisen wirtschaftlich arbeiten kann. Wir sehen uns angesichts dieser Nachrichten in unserer Haltung bestätigt, dass die niedrigen Preise zu Produktionskürzungen führen und damit eine Erholung der Preise begünstigen.
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.
Ein extremer Pessimismus am Markt, wobei der Großteil der Marktteilnehmer derzeit von fallenden Ölpreisen ausgeht, und eine kurze Erholung beim Euro gaben dem Ölpreis gestern den nötigen Halt, um rund 3 USD auf 115 USD je Barrel zuzulegen. Die 200-Tagelinie verläuft bei WTI-Rohöl derzeit bei knapp 110,5 USD und bietet zunächst eine wichtige Unterstützung. Der Anstieg wurde außerdem durch preisstützende Nachrichten begleitet. So kam es im Niger-Delta erneut zu blutigen Auseinandersetzungen, was die angespannte Sicherheitslage für die Ölproduktion in Nigeria unterstrich. Außerdem sagte der venezolanische Ölminister Ramirez gestern in einem Interview, dass sein Land beim OPEC-Treffen Anfang September eine Fördermengenkürzung vorschlagen werde, wenn der Ölpreis weiter fällt.
Wir sind der Meinung, dass vor allem die falkenhafte Haltung vom Iran, Venezuela oder Lybien die Diskussion zur Produktionsreduktion anheizen und einem deutlichen Preisrückgang entgegenstehen wird. Heute werden die Lagerbestände für Rohöl und Ölprodukte in den USA veröffentlicht. Die Rohöllagerbestände sollen um 1 Mio. Barrel gestiegen sein. Dies erklärt sich vor allem mit einem Nachholeffekt, nachdem in der Woche zuvor die Ölimporte aufgrund des Tropensturms Edouard teilweise unterbrochen waren.
Bei den Benzinvorräten wird mit einem Rückgang um 3 Mio. Barrel gerechnet. Dies lässt sich mit saisonalen Faktoren erklären, da sich die Sommer-Fahrsaison ihrem Ende nähert und somit weniger Benzin produziert wird. Zudem waren einige Raffinerien aufgrund von technischen Störungen und Wartungsarbeiten geschlossen. Die Destillate, zu denen Heizöl und Diesel zählen, dürften um 1 Mio. Barrel gestiegen sein und damit ihren saisonüblichen Aufbau wieder aufnehmen. Ein starker Rückgang der Benzinlagerbestände könnte angesichts der nach wie vor sehr zurückhaltenden Stimmung am Ölmarkt die Fortsetzung der Zwischenerholung herbeirufen, wobei der übergeordnete mittelfristige Abwärtstrend weiterhin intakt bleiben sollte. Vor allem sollte aber die Entwicklung beim US-Dollar zunächst eine besonders wichtige Rolle spielen.
Chinas Regierung hat die Strompreise für die Kraftwerke ab heute um 6% angehoben, wobei die Verbraucherpreise beibehalten wurden. Auch dieser Anstieg wird u.E. nicht den Preisanstieg bei Kohle - im Juli lagen die Großhandelskohlepreise 54% höher als im Vorjahr - kompensieren können, was die Produktionsausweitung dämpfen und zu einer weiteren Energieverknappung im Lande führen sollte.
Edelmetalle
Die Erholung bei Gold fiel bedingt durch einen stärkeren US-Dollar und einen extremen Pessimismus der Marktteilnehmer vergleichbar stark aus, wobei der Goldpreis kurzfristig über 818 USD je Feinunze stieg. Auch Platin, Palladium und Silber konnten sich deutlich von den Tiefständen entfernen. Die Preise waren zuvor auf fundamental kaum mehr zu rechtfertigende Niveaus gefallen. Insbesondere bei Gold gibt es Anzeichen dafür, dass die physische Nachfrage bei den niedrigen Preisen massiv anzieht. So zahlen indische Schmuckhersteller den Gold-Importeuren deutlich höhere Aufpreise, um der steigenden Goldnachfrage nachzukommen. Indien ist der größte Goldverbraucher weltweit.
Laut World Gold Council hat sich die indischen Goldnachfrage im ersten Halbjahr auf 263,5 Tonnen nahezu halbiert. Im Juli betrugen die Importe 30 Tonnen, was einem Rückgang um 56% im Vergleich zum Vorjahr entspricht. In den kommenden Monaten ist mit einer deutlich höheren Goldnachfrage aus Indien zu rechnen, zumal die größten indischen Feier vor der Tür stehen, was die Nachfrage zusätzlich stimulieren dürfte. Vor diesem Hintergrund sollte der Goldpreis bei 800 USD einen Boden bilden und zum Jahresende wieder anziehen.
Industriemetalle
Die Industriemetalle konnten sich gestern massiv erholen. Spitzenreiter war Nickel, das 7,5% zulegen konnte. Hier beflügelte nicht nur das allgemeine Umfeld, sondern auch die Ankündigung des Schweizer Bergbaukonzerns Xstrata die Arbeiten in der Falcondo Nickelmine und -Verarbeitung in der Dominikanischen Republik für voraussichtlich vier Monate ruhen zu lassen. Hohe Energiepreise bei gleichzeitig niedrigen Nickelpreisen würden die Ertragslage stark belasten, so dass sich der jetzige Zeitpunkt für Instandthaltungsarbeiten anbiete. In Falcondo werden jährlich 29 Tsd. Tonnen Ferronickel produziert. Auch der CFO von BHP Billiton äußerte gestern Bedenken, dass das Vorzeigeprojekt des Unternehmens, die Ravensthrope-Mine in Australien, die ab 2010 mit voller Kapzatität arbeiten sollte, bei diesen Nickelpreisen wirtschaftlich arbeiten kann. Wir sehen uns angesichts dieser Nachrichten in unserer Haltung bestätigt, dass die niedrigen Preise zu Produktionskürzungen führen und damit eine Erholung der Preise begünstigen.
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
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